Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Huber, Franz C.: Die Geschichtliche Entwickelung des modernen Verkehrs. Tübingen, 1893.

Bild:
<< vorherige Seite

es vor, einen Kutschwagen zu kaufen und darin die Reise
zu unternehmen (s. z. B. Berner's Reise von Calais nach Paris
1767; Anordnung Kaiser Josephs dd. 1787 betreffend Ver-
bringung einiger französischer Nonnen von Lemberg nach
Paris u. s. w.).

Ende des vorigen Jahrhunderts ging England mit der
Einrichtung einer rascheren Expedition voran. Mit der
Verbesserung durch die Einstellung von Relaispferden galt die
Post unsern Grosseltern als das "Non plus ultra". Der
Postillion als der witzig-behagliche Odysseus, war die
Lieblingsfigur für Maler, Dichter und Musiker. Noch hat
die Eisenbahn keine solche Monumente in der Literatur 1).

In diese Idylle kam mit der Wende dieses Jahrhun-
derts eine grössere Intensivität des Betriebs und der Nach-
frage, im ersteren zunächst durch den Chausseebau, in
letzterem durch das Aufkommen der Börse und Presse.

Was zunächst die Strassen anbelangt, so waren die-
selben bis ins 16. Jahrhundert herein in einem so verwahr-
losten Zustand, dass schon wegen desselben die Reisen nur
zu Pferde gemacht werden konnten (s. unt. Anl. V). Eine
Besserung trat -- im Anschluss an die Steigerung des
Personen- und Güterverkehrs -- im 17./18. Jahrhundert ein,
zunächst für den Wasserweg 2).

Die im 17. und 18. Jahrhundert eingeführte Kammer-
schleuse ermöglicht es den Schiffen, in Kanälen und ka-
nalisierten Flüssen vermittelst der Wasserführung in der

1) Hogarths Griffel verewigt die "Flying coach of Salisbury", Byron
spricht im Don Juan von dieser wundervollen Beförderungsart, Dickens ver-
ewigt in seinen Pickwickiern die beiden Samuel Weller. Bekannt sind die
Posthornlieder von Eichendorff, Lenau, Wilhelm Müller, der Postillion von
Lonjumeau.
2) Alle Verkehrsmittel: Fahrbahn, Motor und Vehikel, die wir haupt-
sächlich heutzutage gebrauchen, sind, wenigstens in ihrer allgemeinen An-
wendung, neuesten Datums; Marksteine für den Entwickelungsgang sind:
1720 wird in Frankreich der Strassenbau, 1755 in England der Kanalbau,
1825 ebendort die Pferdeeisenbahn systematisch in Angriff genommen.

es vor, einen Kutschwagen zu kaufen und darin die Reise
zu unternehmen (s. z. B. Berner’s Reise von Calais nach Paris
1767; Anordnung Kaiser Josephs dd. 1787 betreffend Ver-
bringung einiger französischer Nonnen von Lemberg nach
Paris u. s. w.).

Ende des vorigen Jahrhunderts ging England mit der
Einrichtung einer rascheren Expedition voran. Mit der
Verbesserung durch die Einstellung von Relaispferden galt die
Post unsern Grosseltern als das »Non plus ultra«. Der
Postillion als der witzig-behagliche Odysseus, war die
Lieblingsfigur für Maler, Dichter und Musiker. Noch hat
die Eisenbahn keine solche Monumente in der Literatur 1).

In diese Idylle kam mit der Wende dieses Jahrhun-
derts eine grössere Intensivität des Betriebs und der Nach-
frage, im ersteren zunächst durch den Chausseebau, in
letzterem durch das Aufkommen der Börse und Presse.

Was zunächst die Strassen anbelangt, so waren die-
selben bis ins 16. Jahrhundert herein in einem so verwahr-
losten Zustand, dass schon wegen desselben die Reisen nur
zu Pferde gemacht werden konnten (s. unt. Anl. V). Eine
Besserung trat — im Anschluss an die Steigerung des
Personen- und Güterverkehrs — im 17./18. Jahrhundert ein,
zunächst für den Wasserweg 2).

Die im 17. und 18. Jahrhundert eingeführte Kammer-
schleuse ermöglicht es den Schiffen, in Kanälen und ka-
nalisierten Flüssen vermittelst der Wasserführung in der

1) Hogarths Griffel verewigt die »Flying coach of Salisbury«, Byron
spricht im Don Juan von dieser wundervollen Beförderungsart, Dickens ver-
ewigt in seinen Pickwickiern die beiden Samuel Weller. Bekannt sind die
Posthornlieder von Eichendorff, Lenau, Wilhelm Müller, der Postillion von
Lonjumeau.
2) Alle Verkehrsmittel: Fahrbahn, Motor und Vehikel, die wir haupt-
sächlich heutzutage gebrauchen, sind, wenigstens in ihrer allgemeinen An-
wendung, neuesten Datums; Marksteine für den Entwickelungsgang sind:
1720 wird in Frankreich der Strassenbau, 1755 in England der Kanalbau,
1825 ebendort die Pferdeeisenbahn systematisch in Angriff genommen.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0136" n="120"/>
es vor, einen Kutschwagen zu kaufen und darin die Reise<lb/>
zu unternehmen (s. z. B. <hi rendition="#g">Berner&#x2019;s</hi> Reise von Calais nach Paris<lb/>
1767; Anordnung Kaiser Josephs dd. 1787 betreffend Ver-<lb/>
bringung einiger französischer Nonnen von Lemberg nach<lb/>
Paris u. s. w.).</p><lb/>
        <p>Ende des vorigen Jahrhunderts ging England mit der<lb/>
Einrichtung einer <hi rendition="#g">rascheren Expedition</hi> voran. Mit der<lb/>
Verbesserung durch die Einstellung von Relaispferden galt die<lb/>
Post unsern Grosseltern als das »Non plus ultra«. Der<lb/>
Postillion als der witzig-behagliche Odysseus, war die<lb/>
Lieblingsfigur für Maler, Dichter und Musiker. Noch hat<lb/>
die Eisenbahn keine solche Monumente in der Literatur <note place="foot" n="1)">Hogarths Griffel verewigt die »Flying coach of Salisbury«, Byron<lb/>
spricht im Don Juan von dieser wundervollen Beförderungsart, Dickens ver-<lb/>
ewigt in seinen Pickwickiern die beiden Samuel Weller. Bekannt sind die<lb/>
Posthornlieder von Eichendorff, Lenau, Wilhelm Müller, der Postillion von<lb/>
Lonjumeau.</note>.</p><lb/>
        <p>In diese Idylle kam mit der Wende dieses Jahrhun-<lb/>
derts eine grössere Intensivität des Betriebs und der Nach-<lb/>
frage, im ersteren zunächst durch den <hi rendition="#g">Chausseebau</hi>, in<lb/>
letzterem durch das Aufkommen der <hi rendition="#g">Börse und Presse</hi>.</p><lb/>
        <p>Was zunächst die <hi rendition="#g">Strassen</hi> anbelangt, so waren die-<lb/>
selben bis ins 16. Jahrhundert herein in einem so verwahr-<lb/>
losten Zustand, dass schon wegen desselben die Reisen nur<lb/>
zu Pferde gemacht werden konnten (s. unt. Anl. V). Eine<lb/>
Besserung trat &#x2014; im Anschluss an die Steigerung des<lb/>
Personen- und Güterverkehrs &#x2014; im 17./18. Jahrhundert ein,<lb/>
zunächst für den <hi rendition="#g">Wasserweg</hi> <note place="foot" n="2)">Alle Verkehrsmittel: Fahrbahn, Motor und Vehikel, die wir haupt-<lb/>
sächlich heutzutage gebrauchen, sind, wenigstens in ihrer allgemeinen An-<lb/>
wendung, neuesten Datums; Marksteine für den Entwickelungsgang sind:<lb/>
1720 wird in Frankreich der Strassenbau, 1755 in England der Kanalbau,<lb/>
1825 ebendort die Pferdeeisenbahn systematisch in Angriff genommen.</note>.</p><lb/>
        <p>Die im 17. und 18. Jahrhundert eingeführte Kammer-<lb/>
schleuse ermöglicht es den Schiffen, in Kanälen und ka-<lb/>
nalisierten Flüssen vermittelst der Wasserführung in der<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[120/0136] es vor, einen Kutschwagen zu kaufen und darin die Reise zu unternehmen (s. z. B. Berner’s Reise von Calais nach Paris 1767; Anordnung Kaiser Josephs dd. 1787 betreffend Ver- bringung einiger französischer Nonnen von Lemberg nach Paris u. s. w.). Ende des vorigen Jahrhunderts ging England mit der Einrichtung einer rascheren Expedition voran. Mit der Verbesserung durch die Einstellung von Relaispferden galt die Post unsern Grosseltern als das »Non plus ultra«. Der Postillion als der witzig-behagliche Odysseus, war die Lieblingsfigur für Maler, Dichter und Musiker. Noch hat die Eisenbahn keine solche Monumente in der Literatur 1). In diese Idylle kam mit der Wende dieses Jahrhun- derts eine grössere Intensivität des Betriebs und der Nach- frage, im ersteren zunächst durch den Chausseebau, in letzterem durch das Aufkommen der Börse und Presse. Was zunächst die Strassen anbelangt, so waren die- selben bis ins 16. Jahrhundert herein in einem so verwahr- losten Zustand, dass schon wegen desselben die Reisen nur zu Pferde gemacht werden konnten (s. unt. Anl. V). Eine Besserung trat — im Anschluss an die Steigerung des Personen- und Güterverkehrs — im 17./18. Jahrhundert ein, zunächst für den Wasserweg 2). Die im 17. und 18. Jahrhundert eingeführte Kammer- schleuse ermöglicht es den Schiffen, in Kanälen und ka- nalisierten Flüssen vermittelst der Wasserführung in der 1) Hogarths Griffel verewigt die »Flying coach of Salisbury«, Byron spricht im Don Juan von dieser wundervollen Beförderungsart, Dickens ver- ewigt in seinen Pickwickiern die beiden Samuel Weller. Bekannt sind die Posthornlieder von Eichendorff, Lenau, Wilhelm Müller, der Postillion von Lonjumeau. 2) Alle Verkehrsmittel: Fahrbahn, Motor und Vehikel, die wir haupt- sächlich heutzutage gebrauchen, sind, wenigstens in ihrer allgemeinen An- wendung, neuesten Datums; Marksteine für den Entwickelungsgang sind: 1720 wird in Frankreich der Strassenbau, 1755 in England der Kanalbau, 1825 ebendort die Pferdeeisenbahn systematisch in Angriff genommen.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/huber_verkehr_1893
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/huber_verkehr_1893/136
Zitationshilfe: Huber, Franz C.: Die Geschichtliche Entwickelung des modernen Verkehrs. Tübingen, 1893, S. 120. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/huber_verkehr_1893/136>, abgerufen am 24.11.2024.