Huber, Franz C.: Die Geschichtliche Entwickelung des modernen Verkehrs. Tübingen, 1893.16. Jahrhunderts Konzessionen zur Unterhaltung geregelter Ein Spiegelbild für die unklare Rechtsauffassung jener 16. Jahrhunderts Konzessionen zur Unterhaltung geregelter Ein Spiegelbild für die unklare Rechtsauffassung jener <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0120" n="104"/> 16. Jahrhunderts Konzessionen zur Unterhaltung geregelter<lb/> Postverbindungen in Italien, namentlich zwischen Rom und<lb/> Venedig (<hi rendition="#g">Delmati</hi>, Legislazione, 1890). Ein analoger<lb/> Rückschluss auf die Taxis’sche Post war aus dutzenden<lb/> Gründen falsch und unzulässig, aber er lag nahe, nament-<lb/> lich für die nächstbeteiligte internationale Taxis’sche Familie<lb/> (welche auch die Leitung der Postroute Brüssel-Madrid in<lb/> ihrer Hand hatte).</p><lb/> <p>Ein Spiegelbild für die unklare Rechtsauffassung jener<lb/> Zeit giebt ein Staat, in dem sich wie in einem Mikrokos-<lb/> mus alle kontinentalen Interessenkämpfe abspielen, nämlich<lb/> die <hi rendition="#g">Schweiz</hi>. In <hi rendition="#g">einzelnen</hi> Kantonen der Schweiz wurde<lb/> das Postwesen als Regal aufgefasst und als solches verpachtet;<lb/> so steht in Bern die Post für den ganzen Kanton in dem<lb/> Pacht der Familie Fischer (1693 richtete diese Familie einen<lb/> Postzug nach Oberitalien ein; 1793 betrug der jährliche<lb/> Pachtschilling 75,000 Francs). In anderen Kantonen über-<lb/> lässt die Regierung den Postbetrieb auf eine bestimmte<lb/> Zeit an <hi rendition="#g">bevorzugte</hi> Geschlechter; in Schaffhausen z. B.<lb/> war er das ausschliessliche Privilegium von drei Familien.<lb/> Wieder in anderen Kantonen erhielt sich der Charakter<lb/> einer einfachen Privatunternehmung und verblieb die Post<lb/> in der Hand des Handelsstandes. Beispielsweise gründeten<lb/> die Kaufleute in <hi rendition="#g">St. Gallen</hi> im 15. Jahrhundert eine Reit-<lb/> post nach Nürnberg und Lyon. Die Verwaltung wurde dann<lb/> aus Mitgliedern der Korporation zusammengesetzt, welche in<lb/> Bezug auf ihre Geschäftsführung nur dem <hi rendition="#g">Handelsstande</hi><lb/> gegenüber verantwortlich waren; die Einkünfte dienten —<lb/> wie in Basel — einem Fonds, von welchem von Zeit zu<lb/> Zeit Geschenke an den Staat und an gemeinnützige Gesell-<lb/> schaften abgegeben wurden; Ueberschüsse wurden auch —<lb/> wie in Zürich — zum Teil unter die <hi rendition="#g">einzelnen Mit-<lb/> glieder des Handelsstandes verteilt</hi>. Fast<lb/> überall aber war die Einrichtung lediglich auf die Bedie-<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [104/0120]
16. Jahrhunderts Konzessionen zur Unterhaltung geregelter
Postverbindungen in Italien, namentlich zwischen Rom und
Venedig (Delmati, Legislazione, 1890). Ein analoger
Rückschluss auf die Taxis’sche Post war aus dutzenden
Gründen falsch und unzulässig, aber er lag nahe, nament-
lich für die nächstbeteiligte internationale Taxis’sche Familie
(welche auch die Leitung der Postroute Brüssel-Madrid in
ihrer Hand hatte).
Ein Spiegelbild für die unklare Rechtsauffassung jener
Zeit giebt ein Staat, in dem sich wie in einem Mikrokos-
mus alle kontinentalen Interessenkämpfe abspielen, nämlich
die Schweiz. In einzelnen Kantonen der Schweiz wurde
das Postwesen als Regal aufgefasst und als solches verpachtet;
so steht in Bern die Post für den ganzen Kanton in dem
Pacht der Familie Fischer (1693 richtete diese Familie einen
Postzug nach Oberitalien ein; 1793 betrug der jährliche
Pachtschilling 75,000 Francs). In anderen Kantonen über-
lässt die Regierung den Postbetrieb auf eine bestimmte
Zeit an bevorzugte Geschlechter; in Schaffhausen z. B.
war er das ausschliessliche Privilegium von drei Familien.
Wieder in anderen Kantonen erhielt sich der Charakter
einer einfachen Privatunternehmung und verblieb die Post
in der Hand des Handelsstandes. Beispielsweise gründeten
die Kaufleute in St. Gallen im 15. Jahrhundert eine Reit-
post nach Nürnberg und Lyon. Die Verwaltung wurde dann
aus Mitgliedern der Korporation zusammengesetzt, welche in
Bezug auf ihre Geschäftsführung nur dem Handelsstande
gegenüber verantwortlich waren; die Einkünfte dienten —
wie in Basel — einem Fonds, von welchem von Zeit zu
Zeit Geschenke an den Staat und an gemeinnützige Gesell-
schaften abgegeben wurden; Ueberschüsse wurden auch —
wie in Zürich — zum Teil unter die einzelnen Mit-
glieder des Handelsstandes verteilt. Fast
überall aber war die Einrichtung lediglich auf die Bedie-
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