Horner, Heinrich [d. i. Heinrich Homberger]: Der Säugling. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 23. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 211–295. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.sein ehrfurchtsvolles Grüßen freundlich zu. Sie weiß, wohin ich gehe, -- so sagte Maso zu sich selbst --, und sie hat mir einen Wink gegeben, meine Sache gut zu machen: das werd' ich, Signoria, das werd' ich! Da, wo der durch die Weinberge des Signor Baldo ansteigende Feldweg in die Landstraße mündete, war eine Anzahl Burschen beim Bocciaschieben versammelt, darunter Agenore und Bistino. Ohne auf sie zu achten, ging Maso an ihnen vorüber, kreuzte die Landstraße und schritt, indem er kletternd die Windungen des jenseits in die Höhe führenden Pfades abschnitt, geradewegs auf das Haus der Landi zu. Die Burschen unterbrachen ihr Spiel und sahen dem dreisten Jungen stumm nach, bis er oben zwischen den Hecken verschwand. Dann aber warf Agenore heftig seine Kugel zur Erde und rief: Habt ihr's gesehen? Als Frage waren Agenore's Worte überflüssig, aber sie wurden auch so nicht aufgefaßt, vielmehr als eine Aufforderung, gleich ihm das Spiel zu lassen und unter seiner Führung dem frechen Valtellaner nachzueilen. Inzwischen schwelgte Maso im Anblick der Geliebten; sie saß mit der Mutter und der Schwägerin auf der Schwelle des Hauses, und da Marietta den beiden Andern einen Strang Korallen zeigte, welchen sie heute früh von einem herumziehenden neapolitanischen Krämer zum Spottpreise von einem halben Francescone erfeilscht hatte, so stand Maso ein Weilchen da und wurde nicht bemerkt. Wie er nun aber seinen Gruß erst an die sein ehrfurchtsvolles Grüßen freundlich zu. Sie weiß, wohin ich gehe, — so sagte Maso zu sich selbst —, und sie hat mir einen Wink gegeben, meine Sache gut zu machen: das werd' ich, Signoria, das werd' ich! Da, wo der durch die Weinberge des Signor Baldo ansteigende Feldweg in die Landstraße mündete, war eine Anzahl Burschen beim Bocciaschieben versammelt, darunter Agenore und Bistino. Ohne auf sie zu achten, ging Maso an ihnen vorüber, kreuzte die Landstraße und schritt, indem er kletternd die Windungen des jenseits in die Höhe führenden Pfades abschnitt, geradewegs auf das Haus der Landi zu. Die Burschen unterbrachen ihr Spiel und sahen dem dreisten Jungen stumm nach, bis er oben zwischen den Hecken verschwand. Dann aber warf Agenore heftig seine Kugel zur Erde und rief: Habt ihr's gesehen? Als Frage waren Agenore's Worte überflüssig, aber sie wurden auch so nicht aufgefaßt, vielmehr als eine Aufforderung, gleich ihm das Spiel zu lassen und unter seiner Führung dem frechen Valtellaner nachzueilen. Inzwischen schwelgte Maso im Anblick der Geliebten; sie saß mit der Mutter und der Schwägerin auf der Schwelle des Hauses, und da Marietta den beiden Andern einen Strang Korallen zeigte, welchen sie heute früh von einem herumziehenden neapolitanischen Krämer zum Spottpreise von einem halben Francescone erfeilscht hatte, so stand Maso ein Weilchen da und wurde nicht bemerkt. Wie er nun aber seinen Gruß erst an die <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0041"/> sein ehrfurchtsvolles Grüßen freundlich zu. Sie weiß, wohin ich gehe, — so sagte Maso zu sich selbst —, und sie hat mir einen Wink gegeben, meine Sache gut zu machen: das werd' ich, Signoria, das werd' ich!</p><lb/> <p>Da, wo der durch die Weinberge des Signor Baldo ansteigende Feldweg in die Landstraße mündete, war eine Anzahl Burschen beim Bocciaschieben versammelt, darunter Agenore und Bistino. Ohne auf sie zu achten, ging Maso an ihnen vorüber, kreuzte die Landstraße und schritt, indem er kletternd die Windungen des jenseits in die Höhe führenden Pfades abschnitt, geradewegs auf das Haus der Landi zu. Die Burschen unterbrachen ihr Spiel und sahen dem dreisten Jungen stumm nach, bis er oben zwischen den Hecken verschwand. Dann aber warf Agenore heftig seine Kugel zur Erde und rief: Habt ihr's gesehen? Als Frage waren Agenore's Worte überflüssig, aber sie wurden auch so nicht aufgefaßt, vielmehr als eine Aufforderung, gleich ihm das Spiel zu lassen und unter seiner Führung dem frechen Valtellaner nachzueilen.</p><lb/> <p>Inzwischen schwelgte Maso im Anblick der Geliebten; sie saß mit der Mutter und der Schwägerin auf der Schwelle des Hauses, und da Marietta den beiden Andern einen Strang Korallen zeigte, welchen sie heute früh von einem herumziehenden neapolitanischen Krämer zum Spottpreise von einem halben Francescone erfeilscht hatte, so stand Maso ein Weilchen da und wurde nicht bemerkt. Wie er nun aber seinen Gruß erst an die<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0041]
sein ehrfurchtsvolles Grüßen freundlich zu. Sie weiß, wohin ich gehe, — so sagte Maso zu sich selbst —, und sie hat mir einen Wink gegeben, meine Sache gut zu machen: das werd' ich, Signoria, das werd' ich!
Da, wo der durch die Weinberge des Signor Baldo ansteigende Feldweg in die Landstraße mündete, war eine Anzahl Burschen beim Bocciaschieben versammelt, darunter Agenore und Bistino. Ohne auf sie zu achten, ging Maso an ihnen vorüber, kreuzte die Landstraße und schritt, indem er kletternd die Windungen des jenseits in die Höhe führenden Pfades abschnitt, geradewegs auf das Haus der Landi zu. Die Burschen unterbrachen ihr Spiel und sahen dem dreisten Jungen stumm nach, bis er oben zwischen den Hecken verschwand. Dann aber warf Agenore heftig seine Kugel zur Erde und rief: Habt ihr's gesehen? Als Frage waren Agenore's Worte überflüssig, aber sie wurden auch so nicht aufgefaßt, vielmehr als eine Aufforderung, gleich ihm das Spiel zu lassen und unter seiner Führung dem frechen Valtellaner nachzueilen.
Inzwischen schwelgte Maso im Anblick der Geliebten; sie saß mit der Mutter und der Schwägerin auf der Schwelle des Hauses, und da Marietta den beiden Andern einen Strang Korallen zeigte, welchen sie heute früh von einem herumziehenden neapolitanischen Krämer zum Spottpreise von einem halben Francescone erfeilscht hatte, so stand Maso ein Weilchen da und wurde nicht bemerkt. Wie er nun aber seinen Gruß erst an die
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Zitationshilfe: | Horner, Heinrich [d. i. Heinrich Homberger]: Der Säugling. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 23. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 211–295. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/horner_saeugling_1910/41>, abgerufen am 16.02.2025. |