Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Holz, Arno; Schlaf, Johannes: Die Familie Selicke. Berlin, 1890.

Bild:
<< vorherige Seite
Toni: Sie ist ja so krank!
Selicke (ihr nachäffend): "Sie ist so krank!" ...
Ae! Hab' Dich doch, alte Suse! -- "Sie ist so
krank!" .. "Piep, piep, piep!" ... "Ach, Herr
Jemine!" ... Das arme Mädchen! Wie die sich
vor ihrem Vater ängstigen muss! -- Mach, dass
Du wegkommst! ... Mag Dich nich sehn!
(Die
letzten Worte zornig, bedrohend. Die Flurthür ist ein
wenig aufgegangen. Frau Selicke schreit auf).

Aah! ... Sieh mal! .. Da steckste, mein süsses
Lamm?
(Lacht, taumelt an Toni vorbei auf die
Flurthür zu. Draussen wird hastig die äussere Flur-
thür aufgerissen. Es poltert die Treppe hinunter. --
Selicke öffnet die Thür.)
Na, so 'ne Komödie! ...
Kuckt, wie die Alte rennen kann
(zeigt in das
Entree)
mit ihrem schlimmen Fusse! ... Ne! ...
Hähähä! ... Wie se humpeln kann! .. Hopp,
hopp, hopp! ... Wie der Wind! ... Haste
nich gesehn! ... Wie'n Schnelllöfer! ...
(Lacht,
schüttelt dann aber plötzlich die Faust nach dem Flur,
ruft unterdrückt)
Du, altes Th. .. Du willst 'ne
Mutter sein?! ... Ach, Du! -- Du! -- Du! ...
Unglücklich hast Du mich gemacht! Unglücklich!
...
(Kommt zurück; während er an Toni vobeikommt)
Na, Du? ... "Sie ist so krank!" ... Ae!
Weg! ... Lass mich vorbei!
(Tappt wieder zum
Bett und will sich drüber bücken.)
Toni (ihm nach): Vater! Lass jetzt das Kind! --
(Sie stösst ihm mit der Hand gegen die Schulter).
Selicke (richtet sich in die Höhe.): Waaas?!!
... Waaas?!! Du -- willst -- Dich -- an
Deinem Vater -- vergreifen?! Waaas?!! ...
I, nu seht doch mal!
(Kommt auf sie zu. Toni ist
zurückgetreten und lehnt an der Wand. Regungslos.
Hände zusammengekrampft. Sie sieht ihm starr in's
Gesicht. Ihre Lippen zucken. Die Thränen laufen
ihr über die Backen.)

5
Toni: Sie ist ja so krank!
Selicke (ihr nachäffend): „Sie ist so krank!“ …
Ae! Hab’ Dich doch, alte Suse! — „Sie ist so
krank!“ .. „Piep, piep, piep!“ … „Ach, Herr
Jemine!“ … Das arme Mädchen! Wie die sich
vor ihrem Vater ängstigen muss! — Mach, dass
Du wegkommst! … Mag Dich nich sehn!
(Die
letzten Worte zornig, bedrohend. Die Flurthür ist ein
wenig aufgegangen. Frau Selicke schreit auf).

Aah! … Sieh mal! .. Da steckste, mein süsses
Lamm?
(Lacht, taumelt an Toni vorbei auf die
Flurthür zu. Draussen wird hastig die äussere Flur-
thür aufgerissen. Es poltert die Treppe hinunter. —
Selicke öffnet die Thür.)
Na, so ’ne Komödie! …
Kuckt, wie die Alte rennen kann
(zeigt in das
Entrée)
mit ihrem schlimmen Fusse! … Ne! …
Hähähä! … Wie se humpeln kann! .. Hopp,
hopp, hopp! … Wie der Wind! … Haste
nich gesehn! … Wie’n Schnelllöfer! …
(Lacht,
schüttelt dann aber plötzlich die Faust nach dem Flur,
ruft unterdrückt)
Du, altes Th. .. Du willst ’ne
Mutter sein?! … Ach, Du! — Du! — Du! …
Unglücklich hast Du mich gemacht! Unglücklich!
(Kommt zurück; während er an Toni vobeikommt)
Na, Du? … „Sie ist so krank!“ … Ae!
Weg! … Lass mich vorbei!
(Tappt wieder zum
Bett und will sich drüber bücken.)
Toni (ihm nach): Vater! Lass jetzt das Kind! —
(Sie stösst ihm mit der Hand gegen die Schulter).
Selicke (richtet sich in die Höhe.): Waaas?!!
… Waaas?!! Du — willst — Dich — an
Deinem Vater — vergreifen?! Waaas?!! …
I, nu seht doch mal!
(Kommt auf sie zu. Toni ist
zurückgetreten und lehnt an der Wand. Regungslos.
Hände zusammengekrampft. Sie sieht ihm starr in’s
Gesicht. Ihre Lippen zucken. Die Thränen laufen
ihr über die Backen.)

5
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0087" n="65"/>
        <sp who="#TON">
          <speaker><hi rendition="#g">Toni</hi>:</speaker>
          <p>Sie ist ja so krank!</p>
        </sp><lb/>
        <sp who="#EDU">
          <speaker> <hi rendition="#g">Selicke</hi> </speaker>
          <stage>(ihr nachäffend):</stage>
          <p>&#x201E;Sie ist so krank!&#x201C; &#x2026;<lb/>
Ae! Hab&#x2019; Dich doch, alte Suse! &#x2014; &#x201E;Sie ist so<lb/>
krank!&#x201C; .. &#x201E;Piep, piep, piep!&#x201C; &#x2026; &#x201E;Ach, Herr<lb/>
Jemine!&#x201C; &#x2026; Das arme Mädchen! Wie die sich<lb/>
vor ihrem Vater ängstigen muss! &#x2014; Mach, dass<lb/>
Du wegkommst! &#x2026; Mag Dich nich sehn!</p>
          <stage>(Die<lb/>
letzten Worte zornig, bedrohend. Die Flurthür ist ein<lb/>
wenig aufgegangen. Frau Selicke schreit auf).</stage><lb/>
          <p>Aah! &#x2026; Sieh mal! .. Da steckste, mein süsses<lb/>
Lamm?</p>
          <stage>(Lacht, taumelt an Toni vorbei auf die<lb/>
Flurthür zu. Draussen wird hastig die äussere Flur-<lb/>
thür aufgerissen. Es poltert die Treppe hinunter. &#x2014;<lb/>
Selicke öffnet die Thür.)</stage>
          <p>Na, so &#x2019;ne Komödie! &#x2026;<lb/>
Kuckt, wie die Alte rennen kann</p>
          <stage>(zeigt in das<lb/>
Entrée)</stage>
          <p>mit ihrem schlimmen Fusse! &#x2026; Ne! &#x2026;<lb/>
Hähähä! &#x2026; Wie se humpeln kann! .. Hopp,<lb/>
hopp, hopp! &#x2026; Wie der Wind! &#x2026; Haste<lb/>
nich gesehn! &#x2026; Wie&#x2019;n Schnelllöfer! &#x2026;</p>
          <stage>(Lacht,<lb/>
schüttelt dann aber plötzlich die Faust nach dem Flur,<lb/>
ruft unterdrückt)</stage>
          <p>Du, altes Th. .. Du willst &#x2019;ne<lb/>
Mutter sein?! &#x2026; Ach, Du! &#x2014; Du! &#x2014; Du! &#x2026;<lb/>
Unglücklich hast Du mich gemacht! Unglücklich!<lb/>
&#x2026;</p>
          <stage>(Kommt zurück; während er an Toni vobeikommt)</stage><lb/>
          <p>Na, Du? &#x2026; &#x201E;Sie ist so krank!&#x201C; &#x2026; Ae!<lb/>
Weg! &#x2026; Lass mich vorbei!</p>
          <stage>(Tappt wieder zum<lb/>
Bett und will sich drüber bücken.)</stage>
        </sp><lb/>
        <sp who="#TON">
          <speaker> <hi rendition="#g">Toni</hi> </speaker>
          <stage>(ihm nach):</stage>
          <p>Vater! Lass jetzt das Kind! &#x2014;</p><lb/>
          <stage>(Sie stösst ihm mit der Hand gegen die Schulter).</stage>
        </sp><lb/>
        <sp who="#EDU">
          <speaker> <hi rendition="#g">Selicke</hi> </speaker>
          <stage>(richtet sich in die Höhe.):</stage>
          <p>Waaas?!!<lb/>
&#x2026; Waaas?!! Du &#x2014; willst &#x2014; Dich &#x2014; an<lb/>
Deinem <hi rendition="#g">Vater</hi> &#x2014; vergreifen?! Waaas?!! &#x2026;<lb/>
I, nu seht doch mal!</p>
          <stage>(Kommt auf sie zu. Toni ist<lb/>
zurückgetreten und lehnt an der Wand. Regungslos.<lb/>
Hände zusammengekrampft. Sie sieht ihm starr in&#x2019;s<lb/>
Gesicht. Ihre Lippen zucken. Die Thränen laufen<lb/>
ihr über die Backen.)</stage>
        </sp><lb/>
        <fw place="bottom" type="sig">5</fw><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[65/0087] Toni: Sie ist ja so krank! Selicke (ihr nachäffend): „Sie ist so krank!“ … Ae! Hab’ Dich doch, alte Suse! — „Sie ist so krank!“ .. „Piep, piep, piep!“ … „Ach, Herr Jemine!“ … Das arme Mädchen! Wie die sich vor ihrem Vater ängstigen muss! — Mach, dass Du wegkommst! … Mag Dich nich sehn! (Die letzten Worte zornig, bedrohend. Die Flurthür ist ein wenig aufgegangen. Frau Selicke schreit auf). Aah! … Sieh mal! .. Da steckste, mein süsses Lamm? (Lacht, taumelt an Toni vorbei auf die Flurthür zu. Draussen wird hastig die äussere Flur- thür aufgerissen. Es poltert die Treppe hinunter. — Selicke öffnet die Thür.) Na, so ’ne Komödie! … Kuckt, wie die Alte rennen kann (zeigt in das Entrée) mit ihrem schlimmen Fusse! … Ne! … Hähähä! … Wie se humpeln kann! .. Hopp, hopp, hopp! … Wie der Wind! … Haste nich gesehn! … Wie’n Schnelllöfer! … (Lacht, schüttelt dann aber plötzlich die Faust nach dem Flur, ruft unterdrückt) Du, altes Th. .. Du willst ’ne Mutter sein?! … Ach, Du! — Du! — Du! … Unglücklich hast Du mich gemacht! Unglücklich! … (Kommt zurück; während er an Toni vobeikommt) Na, Du? … „Sie ist so krank!“ … Ae! Weg! … Lass mich vorbei! (Tappt wieder zum Bett und will sich drüber bücken.) Toni (ihm nach): Vater! Lass jetzt das Kind! — (Sie stösst ihm mit der Hand gegen die Schulter). Selicke (richtet sich in die Höhe.): Waaas?!! … Waaas?!! Du — willst — Dich — an Deinem Vater — vergreifen?! Waaas?!! … I, nu seht doch mal! (Kommt auf sie zu. Toni ist zurückgetreten und lehnt an der Wand. Regungslos. Hände zusammengekrampft. Sie sieht ihm starr in’s Gesicht. Ihre Lippen zucken. Die Thränen laufen ihr über die Backen.) 5

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/holz_selicke_1890
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/holz_selicke_1890/87
Zitationshilfe: Holz, Arno; Schlaf, Johannes: Die Familie Selicke. Berlin, 1890, S. 65. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/holz_selicke_1890/87>, abgerufen am 24.11.2024.