Holz, Arno; Schlaf, Johannes: Die Familie Selicke. Berlin, 1890.Erster Aufzug. Das Wohnzimmer der Familie Selicke. (Es ist mässig gross und sehr bescheiden eingerichtet. Im Vordergrunde rechts führt eine Thür in den Corridor, im Vordergrunde links eine in das Zimmer Wendt's. Etwas weiter hinter dieser eine Küchenthür mit Glasfenstern und Zwirn- gardinen. Die Rückwand nimmt ein altes, schwerfälliges, gross- geblumtes Sopha ein, über welchem zwischen zwei kleinen, vergilbten Gypsstatuetten "Schiller und Goethe" der bekannte Kaulbach'sche Stahlstich "Lotte, Brod schneidend" hängt. Darunter im Halbkranze, symmetrisch angeordnet, eine Anzahl photographischer Familienportraits. Vor dem Sopha ein ovaler Tisch, auf welchem zwischen allerhand Kaffeegeschirr eine brennende weisse Glaslampe mit grünem Schirm steht. Rechts von ihm ein Fenster, links von ihm eine kleine Tapetenthür, die in eine Kammer führt. Ausserdem noch, zwischen den beiden Thüren an der linken Seitenwand, ein Tischchen mit einem Kanarienvogel, über welchem ein Regulator tickt, und, hinten an der rechten Seitenwand, ein Bett, dessen Kopfende, dem Zuschauerraum zunächst, durch einen Wandschirm ver- deckt wird. Am Fussende des Bettes, neben dem Fenster, schliesslich noch ein kleines Nachttischchen mit Medizin- flaschen. Zwischen Kammer- und Küchenthür ein Ofen, Stühle. Frau Selicke, etwas ältlich, vergrämt, sitzt vor dem Bett und strickt. Abgetragene Kleidung, lila Seelenwärmer, Horn- brille auf der Nase, ab und zu ein wenig fröstelnd. Pause.) Frau Selicke (seufzend): Ach Gott ja! Walter (noch hinter der Scene, in der Kammer): Mamchen?! Frau Selicke (hat in Gedanken ihren Strickstrumpf fallen lassen, zieht ihr Taschentuch halb aus der Tasche, bückt sich drüber und schneuzt sich). Erster Aufzug. Das Wohnzimmer der Familie Selicke. (Es ist mässig gross und sehr bescheiden eingerichtet. Im Vordergrunde rechts führt eine Thür in den Corridor, im Vordergrunde links eine in das Zimmer Wendt’s. Etwas weiter hinter dieser eine Küchenthür mit Glasfenstern und Zwirn- gardinen. Die Rückwand nimmt ein altes, schwerfälliges, gross- geblumtes Sopha ein, über welchem zwischen zwei kleinen, vergilbten Gypsstatuetten „Schiller und Goethe“ der bekannte Kaulbach’sche Stahlstich „Lotte, Brod schneidend“ hängt. Darunter im Halbkranze, symmetrisch angeordnet, eine Anzahl photographischer Familienportraits. Vor dem Sopha ein ovaler Tisch, auf welchem zwischen allerhand Kaffeegeschirr eine brennende weisse Glaslampe mit grünem Schirm steht. Rechts von ihm ein Fenster, links von ihm eine kleine Tapetenthür, die in eine Kammer führt. Ausserdem noch, zwischen den beiden Thüren an der linken Seitenwand, ein Tischchen mit einem Kanarienvogel, über welchem ein Regulator tickt, und, hinten an der rechten Seitenwand, ein Bett, dessen Kopfende, dem Zuschauerraum zunächst, durch einen Wandschirm ver- deckt wird. Am Fussende des Bettes, neben dem Fenster, schliesslich noch ein kleines Nachttischchen mit Medizin- flaschen. Zwischen Kammer- und Küchenthür ein Ofen, Stühle. Frau Selicke, etwas ältlich, vergrämt, sitzt vor dem Bett und strickt. Abgetragene Kleidung, lila Seelenwärmer, Horn- brille auf der Nase, ab und zu ein wenig fröstelnd. Pause.) Frau Selicke (seufzend): Ach Gott ja! Walter (noch hinter der Scene, in der Kammer): Mamchen?! 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Erster Aufzug.
Das Wohnzimmer der Familie Selicke.
(Es ist mässig gross und sehr bescheiden eingerichtet. Im
Vordergrunde rechts führt eine Thür in den Corridor, im
Vordergrunde links eine in das Zimmer Wendt’s. Etwas weiter
hinter dieser eine Küchenthür mit Glasfenstern und Zwirn-
gardinen. Die Rückwand nimmt ein altes, schwerfälliges, gross-
geblumtes Sopha ein, über welchem zwischen zwei kleinen,
vergilbten Gypsstatuetten „Schiller und Goethe“ der bekannte
Kaulbach’sche Stahlstich „Lotte, Brod schneidend“ hängt.
Darunter im Halbkranze, symmetrisch angeordnet, eine Anzahl
photographischer Familienportraits. Vor dem Sopha ein ovaler
Tisch, auf welchem zwischen allerhand Kaffeegeschirr eine
brennende weisse Glaslampe mit grünem Schirm steht. Rechts
von ihm ein Fenster, links von ihm eine kleine Tapetenthür,
die in eine Kammer führt. Ausserdem noch, zwischen den
beiden Thüren an der linken Seitenwand, ein Tischchen mit
einem Kanarienvogel, über welchem ein Regulator tickt, und,
hinten an der rechten Seitenwand, ein Bett, dessen Kopfende,
dem Zuschauerraum zunächst, durch einen Wandschirm ver-
deckt wird. Am Fussende des Bettes, neben dem Fenster,
schliesslich noch ein kleines Nachttischchen mit Medizin-
flaschen. Zwischen Kammer- und Küchenthür ein Ofen, Stühle.
Frau Selicke, etwas ältlich, vergrämt, sitzt vor dem Bett
und strickt. Abgetragene Kleidung, lila Seelenwärmer, Horn-
brille auf der Nase, ab und zu ein wenig fröstelnd. Pause.)
Frau Selicke (seufzend): Ach Gott ja!
Walter (noch hinter der Scene, in der Kammer):
Mamchen?!
Frau Selicke (hat in Gedanken ihren Strickstrumpf
fallen lassen, zieht ihr Taschentuch halb aus der
Tasche, bückt sich drüber und schneuzt sich).
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Zitationshilfe: | Holz, Arno; Schlaf, Johannes: Die Familie Selicke. Berlin, 1890, S. 5. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/holz_selicke_1890/27>, abgerufen am 22.07.2024. |