hineinzukommen. Den Shakespeare, den er wieder von der Erde aufgelesen hatte, hinten in seinen Wattenklunkern, die Finger krampf¬ haft um seinen rothen Saffianrücken, nickte er jetzt wieder schmerzlich auf das kleine, ver¬ wunderte Bündelchen hinab. Es hatte die ganze Zeit über kaum zu mucksen gewagt.
"Ich weiss . . . ich werde sterben, Freund! Ich werde sterben! -- Das starke Gift bewältigt meinen Geist. Ich kann von England nicht die Zeitung hören; doch prophezei' ich, die Erwählung fällt auf Fortinbras . . . Du lebst; erkläre mich und meine Sache den Unbefrie¬ digten!"
Der kleine Fortinbras war jetzt ganz ernst¬ haft geworden. Er hatte seinen grossen Papa noch nie so menschlich mit ihm reden hören.
"Den Unbefriedigten . . ."
Der Regen draussen, der die braunen Dächer drüben schon seit frühmorgens wie mit Glanz¬ lack überzogen hatte, plätscherte, aus dem Fensterblech, unter das die reizende Ophelia natürlich wieder den Wasserkasten zu hängen vergessen hatte, war er jetzt allmählich sogar die graue Tapete hinab bis mitten unter das
hineinzukommen. Den Shakespeare, den er wieder von der Erde aufgelesen hatte, hinten in seinen Wattenklunkern, die Finger krampf¬ haft um seinen rothen Saffianrücken, nickte er jetzt wieder schmerzlich auf das kleine, ver¬ wunderte Bündelchen hinab. Es hatte die ganze Zeit über kaum zu mucksen gewagt.
„Ich weiss . . . ich werde sterben, Freund! Ich werde sterben! — Das starke Gift bewältigt meinen Geist. Ich kann von England nicht die Zeitung hören; doch prophezei' ich, die Erwählung fällt auf Fortinbras . . . Du lebst; erkläre mich und meine Sache den Unbefrie¬ digten!“
Der kleine Fortinbras war jetzt ganz ernst¬ haft geworden. Er hatte seinen grossen Papa noch nie so menschlich mit ihm reden hören.
„Den Unbefriedigten . . .“
Der Regen draussen, der die braunen Dächer drüben schon seit frühmorgens wie mit Glanz¬ lack überzogen hatte, plätscherte, aus dem Fensterblech, unter das die reizende Ophelia natürlich wieder den Wasserkasten zu hängen vergessen hatte, war er jetzt allmählich sogar die graue Tapete hinab bis mitten unter das
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hineinzukommen. Den Shakespeare, den er
wieder von der Erde aufgelesen hatte, hinten
in seinen Wattenklunkern, die Finger krampf¬
haft um seinen rothen Saffianrücken, nickte er
jetzt wieder schmerzlich auf das kleine, ver¬
wunderte Bündelchen hinab. Es hatte die ganze
Zeit über kaum zu mucksen gewagt.
„Ich weiss . . . ich werde sterben, Freund!
Ich werde sterben! — Das starke Gift bewältigt
meinen Geist. Ich kann von England nicht
die Zeitung hören; doch prophezei' ich, die
Erwählung fällt auf Fortinbras . . . Du lebst;
erkläre mich und meine Sache den Unbefrie¬
digten!“
Der kleine Fortinbras war jetzt ganz ernst¬
haft geworden. Er hatte seinen grossen Papa
noch nie so menschlich mit ihm reden hören.
„Den Unbefriedigten . . .“
Der Regen draussen, der die braunen Dächer
drüben schon seit frühmorgens wie mit Glanz¬
lack überzogen hatte, plätscherte, aus dem
Fensterblech, unter das die reizende Ophelia
natürlich wieder den Wasserkasten zu hängen
vergessen hatte, war er jetzt allmählich sogar
die graue Tapete hinab bis mitten unter das
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Holz, Arno; Schlaf, Johannes: Papa Hamlet. Übers. v. Bruno Franzius. Leipzig, 1889, S. 36. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/holz_hamlet_1889/40>, abgerufen am 16.02.2025.
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