Holz, Arno: Das Buch der Zeit. Lieder eines Modernen. Zürich, 1886.Das Militär wirft sich in Drillichhosen Und übt sich schwitzend im Paradeschritt, Als ging's kopfüber gegen die Franzosen, Und krampfhaft schleppt es die Tornister mit. Und blitzt der Exercirplatz dann exotisch Wie ein gemaltes Farbenmosaik, Dann wird die Schusterjugend patriotisch Und lautauf spielt die Regimentsmusik. Schon dampft der Kaffee hie und da im Garten, Der Schooßhund bellt, es kreischt der Papagei, Papa studirt die kolorirten Karten Von Zoppot, Häringsdorf und Norderney. In den geschlossenen Theatern trauern Die weichen Polstersitze des Parquetts Und rothe Zettel predgen an den Mauern Die goldne Aera der Retourbilletts. An eine Spritztour denkt manch armer Schlucker,
Doch dreht sie leider sich ums Wörtchen "wenn"; Am gelben Gurt den schwarzen Operngucker, Stelzt durchs Museum nun der Englishman. Die Provinzialen aber schneiden Fratzen, Dank ihrer anerzognen Prüderie, Und unbemerkt nur schleichen sie wie Katzen Um unsre liebe Frau von Medici. 3
Das Militär wirft ſich in Drillichhoſen Und übt ſich ſchwitzend im Paradeſchritt, Als ging's kopfüber gegen die Franzoſen, Und krampfhaft ſchleppt es die Torniſter mit. Und blitzt der Exercirplatz dann exotiſch Wie ein gemaltes Farbenmoſaik, Dann wird die Schuſterjugend patriotiſch Und lautauf ſpielt die Regimentsmuſik. Schon dampft der Kaffee hie und da im Garten, Der Schooßhund bellt, es kreiſcht der Papagei, Papa ſtudirt die kolorirten Karten Von Zoppot, Häringsdorf und Norderney. In den geſchloſſenen Theatern trauern Die weichen Polſterſitze des Parquetts Und rothe Zettel predgen an den Mauern Die goldne Aera der Retourbilletts. An eine Spritztour denkt manch armer Schlucker,
Doch dreht ſie leider ſich ums Wörtchen „wenn“; Am gelben Gurt den ſchwarzen Operngucker, Stelzt durchs Muſeum nun der Engliſhman. Die Provinzialen aber ſchneiden Fratzen, Dank ihrer anerzognen Prüderie, Und unbemerkt nur ſchleichen ſie wie Katzen Um unſre liebe Frau von Medici. 3
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Das Militär wirft ſich in Drillichhoſen
Und übt ſich ſchwitzend im Paradeſchritt,
Als ging's kopfüber gegen die Franzoſen,
Und krampfhaft ſchleppt es die Torniſter mit.
Und blitzt der Exercirplatz dann exotiſch
Wie ein gemaltes Farbenmoſaik,
Dann wird die Schuſterjugend patriotiſch
Und lautauf ſpielt die Regimentsmuſik.
Schon dampft der Kaffee hie und da im Garten,
Der Schooßhund bellt, es kreiſcht der Papagei,
Papa ſtudirt die kolorirten Karten
Von Zoppot, Häringsdorf und Norderney.
In den geſchloſſenen Theatern trauern
Die weichen Polſterſitze des Parquetts
Und rothe Zettel predgen an den Mauern
Die goldne Aera der Retourbilletts.
An eine Spritztour denkt manch armer Schlucker,
Doch dreht ſie leider ſich ums Wörtchen „wenn“;
Am gelben Gurt den ſchwarzen Operngucker,
Stelzt durchs Muſeum nun der Engliſhman.
Die Provinzialen aber ſchneiden Fratzen,
Dank ihrer anerzognen Prüderie,
Und unbemerkt nur ſchleichen ſie wie Katzen
Um unſre liebe Frau von Medici.
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Zitationshilfe: | Holz, Arno: Das Buch der Zeit. Lieder eines Modernen. Zürich, 1886, S. 33. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/holz_buch_1886/55>, abgerufen am 28.07.2024. |