Holz, Arno: Das Buch der Zeit. Lieder eines Modernen. Zürich, 1886.Doch pfiff auch dreist die feile Dirne, Die Welt, ihn aus: "Er ist verrückt!" Ihm hatte leuchtend auf die Stirne Der Genius seinen Kuß gedrückt. Und wenn vom holden Wahnsinn trunken, Er zitternd Vers an Vers gereiht, Dann schien auf ewig ihm versunken Die Welt und ihre Nüchternheit. In Fetzen hing ihm seine Blouse, Sein Nachbar lieh ihm trocknes Brod, Er aber stammelte: "O Muse!" Und wußte nichts von seiner Noth. Er saß nur still vor seinem Lichte Allnächtlich, wenn der Tag entflohn, Und fieberte und schrieb Gedichte, Ein Träumer, ein verlorner Sohn! Doch pfiff auch dreiſt die feile Dirne, Die Welt, ihn aus: „Er iſt verrückt!“ Ihm hatte leuchtend auf die Stirne Der Genius ſeinen Kuß gedrückt. Und wenn vom holden Wahnſinn trunken, Er zitternd Vers an Vers gereiht, Dann ſchien auf ewig ihm verſunken Die Welt und ihre Nüchternheit. In Fetzen hing ihm ſeine Blouſe, Sein Nachbar lieh ihm trocknes Brod, Er aber ſtammelte: „O Muſe!“ Und wußte nichts von ſeiner Noth. Er ſaß nur ſtill vor ſeinem Lichte Allnächtlich, wenn der Tag entflohn, Und fieberte und ſchrieb Gedichte, Ein Träumer, ein verlorner Sohn! <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0417" n="395"/> <lg n="3"> <l>Doch pfiff auch dreiſt die feile Dirne,</l><lb/> <l>Die Welt, ihn aus: „Er iſt verrückt!“</l><lb/> <l>Ihm hatte leuchtend auf die Stirne</l><lb/> <l>Der Genius ſeinen Kuß gedrückt.</l><lb/> <l>Und wenn vom holden Wahnſinn trunken,</l><lb/> <l>Er zitternd Vers an Vers gereiht,</l><lb/> <l>Dann ſchien auf ewig ihm verſunken</l><lb/> <l>Die Welt und ihre Nüchternheit.</l><lb/> </lg> <lg n="4"> <l>In Fetzen hing ihm ſeine Blouſe,</l><lb/> <l>Sein Nachbar lieh ihm trocknes Brod,</l><lb/> <l>Er aber ſtammelte: „O Muſe!“</l><lb/> <l>Und wußte nichts von ſeiner Noth.</l><lb/> <l>Er ſaß nur ſtill vor ſeinem Lichte</l><lb/> <l>Allnächtlich, wenn der Tag entflohn,</l><lb/> <l>Und fieberte und ſchrieb Gedichte,</l><lb/> <l>Ein Träumer, ein verlorner Sohn!</l><lb/> </lg> </lg> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [395/0417]
Doch pfiff auch dreiſt die feile Dirne,
Die Welt, ihn aus: „Er iſt verrückt!“
Ihm hatte leuchtend auf die Stirne
Der Genius ſeinen Kuß gedrückt.
Und wenn vom holden Wahnſinn trunken,
Er zitternd Vers an Vers gereiht,
Dann ſchien auf ewig ihm verſunken
Die Welt und ihre Nüchternheit.
In Fetzen hing ihm ſeine Blouſe,
Sein Nachbar lieh ihm trocknes Brod,
Er aber ſtammelte: „O Muſe!“
Und wußte nichts von ſeiner Noth.
Er ſaß nur ſtill vor ſeinem Lichte
Allnächtlich, wenn der Tag entflohn,
Und fieberte und ſchrieb Gedichte,
Ein Träumer, ein verlorner Sohn!
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Zitationshilfe: | Holz, Arno: Das Buch der Zeit. Lieder eines Modernen. Zürich, 1886, S. 395. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/holz_buch_1886/417>, abgerufen am 16.02.2025. |