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Holz, Arno: Das Buch der Zeit. Lieder eines Modernen. Zürich, 1886.

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knirschend und staubbesät nicht schmählich am Boden? Knir¬
schend und staubbesät, wie gefesselte Titanen?

Doch verzagen laßt uns nicht inmitten dieser blöden
Bestien und falschen Schlangen! Wenn der Gebetriemen reißt,
thut der Fluch seine Pflicht. Löwen weinen nicht, Löwen
brüllen! Und der Weg zur Wahrheit führt durch den Kerker!

Drum schaart euch zusammen, ihr Söhne des Ormuzd,
laßt eure Banner sich mit Herzblut bespritzen und taucht sie
golden ins Licht der Zukunft!

Tod der Lüge!

Mich aber laßt euer Winkelried sein, denn der Tod ist
mein Freund und ich habe mehr zu rechten und zu richten,
als ihr!

Seht ihr sie dort heranschleichen, die Enkel des Ahri¬
man, die Priester des Moloch -- vipernzüngig und katzen¬
äugig? Wacht auf, ihr Götter in goldener Hochburg, denn
euer Mord ist ihre Parole und ihr Feldgeschrei der Verrath!
Ihre Waffen sind nicht assyrische Sichelwagen und indische
Elephanten. Ihre Waffen sind vergiftete Pfeile und nur
Wenige beseelt der Muth des Nahkampfs.

Erst, wenn ihr Speerwald die Brust mir durchbohrt, wird
mir wohl sein!

Und so brech ich denn los: Tod der Lüge!

Den Stahl in der Faust und im Herzen -- eine Thräne!

Armer Freund!


knirſchend und ſtaubbeſät nicht ſchmählich am Boden? Knir¬
ſchend und ſtaubbeſät, wie gefeſſelte Titanen?

Doch verzagen laßt uns nicht inmitten dieſer blöden
Beſtien und falſchen Schlangen! Wenn der Gebetriemen reißt,
thut der Fluch ſeine Pflicht. Löwen weinen nicht, Löwen
brüllen! Und der Weg zur Wahrheit führt durch den Kerker!

Drum ſchaart euch zuſammen, ihr Söhne des Ormuzd,
laßt eure Banner ſich mit Herzblut beſpritzen und taucht ſie
golden ins Licht der Zukunft!

Tod der Lüge!

Mich aber laßt euer Winkelried ſein, denn der Tod iſt
mein Freund und ich habe mehr zu rechten und zu richten,
als ihr!

Seht ihr ſie dort heranſchleichen, die Enkel des Ahri¬
man, die Prieſter des Moloch — vipernzüngig und katzen¬
äugig? Wacht auf, ihr Götter in goldener Hochburg, denn
euer Mord iſt ihre Parole und ihr Feldgeſchrei der Verrath!
Ihre Waffen ſind nicht aſſyriſche Sichelwagen und indiſche
Elephanten. Ihre Waffen ſind vergiftete Pfeile und nur
Wenige beſeelt der Muth des Nahkampfs.

Erſt, wenn ihr Speerwald die Bruſt mir durchbohrt, wird
mir wohl ſein!

Und ſo brech ich denn los: Tod der Lüge!

Den Stahl in der Fauſt und im Herzen — eine Thräne!

Armer Freund!


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[393/0415] knirſchend und ſtaubbeſät nicht ſchmählich am Boden? Knir¬ ſchend und ſtaubbeſät, wie gefeſſelte Titanen? Doch verzagen laßt uns nicht inmitten dieſer blöden Beſtien und falſchen Schlangen! Wenn der Gebetriemen reißt, thut der Fluch ſeine Pflicht. Löwen weinen nicht, Löwen brüllen! Und der Weg zur Wahrheit führt durch den Kerker! Drum ſchaart euch zuſammen, ihr Söhne des Ormuzd, laßt eure Banner ſich mit Herzblut beſpritzen und taucht ſie golden ins Licht der Zukunft! Tod der Lüge! Mich aber laßt euer Winkelried ſein, denn der Tod iſt mein Freund und ich habe mehr zu rechten und zu richten, als ihr! Seht ihr ſie dort heranſchleichen, die Enkel des Ahri¬ man, die Prieſter des Moloch — vipernzüngig und katzen¬ äugig? Wacht auf, ihr Götter in goldener Hochburg, denn euer Mord iſt ihre Parole und ihr Feldgeſchrei der Verrath! Ihre Waffen ſind nicht aſſyriſche Sichelwagen und indiſche Elephanten. Ihre Waffen ſind vergiftete Pfeile und nur Wenige beſeelt der Muth des Nahkampfs. Erſt, wenn ihr Speerwald die Bruſt mir durchbohrt, wird mir wohl ſein! Und ſo brech ich denn los: Tod der Lüge! Den Stahl in der Fauſt und im Herzen — eine Thräne! Armer Freund!

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Zitationshilfe: Holz, Arno: Das Buch der Zeit. Lieder eines Modernen. Zürich, 1886, S. 393. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/holz_buch_1886/415>, abgerufen am 22.11.2024.