Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Holz, Arno: Das Buch der Zeit. Lieder eines Modernen. Zürich, 1886.

Bild:
<< vorherige Seite
Schlag da der Teufel drein!
Gut, daß mein Schwager, der alte Weltgeist,
Dich nicht zum Hausarzt hat!
Hättest ihm längst schon mit deinen verfluchten
Lyrischen Universaltinkturen
Homöopathisch den Magen verdorben!
Kenne die Verse!
Habe dir oft, wenn du Nachts bei der Lampe
Brütend am Federhalter gekaut,
Ueber die Schulter geguckt.
Zwar Recht muß Recht bleiben,
Die allerfadesten, die ich gelesen,
Sind's grade nicht --
Elise Polko gibt schlechtre heraus!
Zum mindesten scheinen sie
Fein ciselirt und bunt wie Perlmutter!
Und doch, Ben Akiba hat wieder mal Recht:
"Alles schon dagewesen!"
Du aber dünkst dich das Urgenie selbst,
Wirfst lukullisch
Mit neuen Reimen und alten Gedanken
Wie mit Aepfelschalen umher,
"Dichtest und denkst",
Schreibst dann dein Machwerk
In ein kleines, schwindsüchtiges Heftlein
Säuberlich ein
Und nennst es pomphaft:
Das Buch deiner Zeit! --
Schlag da der Teufel drein!
Gut, daß mein Schwager, der alte Weltgeiſt,
Dich nicht zum Hausarzt hat!
Hätteſt ihm längſt ſchon mit deinen verfluchten
Lyriſchen Univerſaltinkturen
Homöopathiſch den Magen verdorben!
Kenne die Verſe!
Habe dir oft, wenn du Nachts bei der Lampe
Brütend am Federhalter gekaut,
Ueber die Schulter geguckt.
Zwar Recht muß Recht bleiben,
Die allerfadeſten, die ich geleſen,
Sind's grade nicht —
Eliſe Polko gibt ſchlechtre heraus!
Zum mindeſten ſcheinen ſie
Fein ciſelirt und bunt wie Perlmutter!
Und doch, Ben Akiba hat wieder mal Recht:
Alles ſchon dageweſen!“
Du aber dünkſt dich das Urgenie ſelbſt,
Wirfſt lukulliſch
Mit neuen Reimen und alten Gedanken
Wie mit Aepfelſchalen umher,
„Dichteſt und denkſt“,
Schreibſt dann dein Machwerk
In ein kleines, ſchwindſüchtiges Heftlein
Säuberlich ein
Und nennſt es pomphaft:
Das Buch deiner Zeit! —
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <lg type="poem">
          <pb facs="#f0319" n="297"/>
          <lg n="79">
            <l>Schlag da der Teufel drein!</l><lb/>
            <l>Gut, daß mein Schwager, der alte Weltgei&#x017F;t,</l><lb/>
            <l>Dich nicht zum Hausarzt hat!</l><lb/>
            <l>Hätte&#x017F;t ihm läng&#x017F;t &#x017F;chon mit deinen verfluchten</l><lb/>
            <l>Lyri&#x017F;chen Univer&#x017F;altinkturen</l><lb/>
            <l>Homöopathi&#x017F;ch den Magen verdorben!</l><lb/>
            <l>Kenne die Ver&#x017F;e!</l><lb/>
            <l>Habe dir oft, wenn du Nachts bei der Lampe</l><lb/>
            <l>Brütend am Federhalter gekaut,</l><lb/>
            <l>Ueber die Schulter geguckt.</l><lb/>
            <l>Zwar Recht muß Recht bleiben,</l><lb/>
            <l>Die allerfade&#x017F;ten, die ich gele&#x017F;en,</l><lb/>
            <l>Sind's grade nicht &#x2014;</l><lb/>
            <l>Eli&#x017F;e Polko gibt &#x017F;chlechtre heraus!</l><lb/>
            <l>Zum minde&#x017F;ten &#x017F;cheinen &#x017F;ie</l><lb/>
            <l>Fein ci&#x017F;elirt und bunt wie Perlmutter!</l><lb/>
            <l>Und doch, Ben Akiba hat wieder mal Recht:</l><lb/>
            <l>&#x201E;<hi rendition="#g">Alles</hi> &#x017F;chon dagewe&#x017F;en!&#x201C;</l><lb/>
            <l>Du aber dünk&#x017F;t dich das Urgenie &#x017F;elb&#x017F;t,</l><lb/>
            <l>Wirf&#x017F;t lukulli&#x017F;ch</l><lb/>
            <l>Mit neuen Reimen und alten Gedanken</l><lb/>
            <l>Wie mit Aepfel&#x017F;chalen umher,</l><lb/>
            <l>&#x201E;Dichte&#x017F;t und denk&#x017F;t&#x201C;,</l><lb/>
            <l>Schreib&#x017F;t dann dein Machwerk</l><lb/>
            <l>In ein kleines, &#x017F;chwind&#x017F;üchtiges Heftlein</l><lb/>
            <l>Säuberlich ein</l><lb/>
            <l>Und nenn&#x017F;t es pomphaft:</l><lb/>
            <l>Das Buch deiner Zeit! &#x2014;</l><lb/>
          </lg>
        </lg>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[297/0319] Schlag da der Teufel drein! Gut, daß mein Schwager, der alte Weltgeiſt, Dich nicht zum Hausarzt hat! Hätteſt ihm längſt ſchon mit deinen verfluchten Lyriſchen Univerſaltinkturen Homöopathiſch den Magen verdorben! Kenne die Verſe! Habe dir oft, wenn du Nachts bei der Lampe Brütend am Federhalter gekaut, Ueber die Schulter geguckt. Zwar Recht muß Recht bleiben, Die allerfadeſten, die ich geleſen, Sind's grade nicht — Eliſe Polko gibt ſchlechtre heraus! Zum mindeſten ſcheinen ſie Fein ciſelirt und bunt wie Perlmutter! Und doch, Ben Akiba hat wieder mal Recht: „Alles ſchon dageweſen!“ Du aber dünkſt dich das Urgenie ſelbſt, Wirfſt lukulliſch Mit neuen Reimen und alten Gedanken Wie mit Aepfelſchalen umher, „Dichteſt und denkſt“, Schreibſt dann dein Machwerk In ein kleines, ſchwindſüchtiges Heftlein Säuberlich ein Und nennſt es pomphaft: Das Buch deiner Zeit! —

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/holz_buch_1886
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/holz_buch_1886/319
Zitationshilfe: Holz, Arno: Das Buch der Zeit. Lieder eines Modernen. Zürich, 1886, S. 297. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/holz_buch_1886/319>, abgerufen am 12.05.2024.