Holz, Arno: Das Buch der Zeit. Lieder eines Modernen. Zürich, 1886.Bläulichen Schatten des Himalaya, An den Ufern des heiligen Ganges, Vedenentziffernd, Unter den Palmen Indiens gewandelt; Ob ihr, die Herzen von Hymnen geschwellt, Auf die Nachtigallen von Hellas gelauscht Und sinnend Veilchen gepflückt am Ilyssos; Ob ihr, umweht von dem Odem des Weltgeists, Brütend durch euer Hirn gewälzt: Himmel und Hölle, Sein oder Nichtsein, Mahom und Faust -- Am italischen Arno, Am englischen Avon, Am deutschen Ilm; Stolz sprech ich's aus: Ich beneid euch nicht! Rauscht nicht noch immer das blaue Weltmeer,
Länderumrollend und inselgebärend, Seinen alten, heiligen Psalm? Träumt nicht noch immer der grüne Urwald, Föhndurchharft und sternübersät, Von den Wundern des ersten Schöpfungstags? Und schlägt denn das große Herz der Menschheit Heute nicht feuriger denn je? Ist der gewaltige Tempelbau, Zu dem einst der Schüler des Wiswamitra Bläulichen Schatten des Himalaya, An den Ufern des heiligen Ganges, Vedenentziffernd, Unter den Palmen Indiens gewandelt; Ob ihr, die Herzen von Hymnen geſchwellt, Auf die Nachtigallen von Hellas gelauſcht Und ſinnend Veilchen gepflückt am Ilyſſos; Ob ihr, umweht von dem Odem des Weltgeiſts, Brütend durch euer Hirn gewälzt: Himmel und Hölle, Sein oder Nichtſein, Mahom und Fauſt — Am italiſchen Arno, Am engliſchen Avon, Am deutſchen Ilm; Stolz ſprech ich's aus: Ich beneid euch nicht! Rauſcht nicht noch immer das blaue Weltmeer,
Länderumrollend und inſelgebärend, Seinen alten, heiligen Pſalm? Träumt nicht noch immer der grüne Urwald, Föhndurchharft und ſternüberſät, Von den Wundern des erſten Schöpfungstags? Und ſchlägt denn das große Herz der Menſchheit Heute nicht feuriger denn je? Iſt der gewaltige Tempelbau, Zu dem einſt der Schüler des Wiswamitra <TEI> <text> <body> <div> <lg type="poem"> <pb facs="#f0301" n="279"/> <lg n="39"> <l>Bläulichen Schatten des Himalaya,</l><lb/> <l>An den Ufern des heiligen Ganges,</l><lb/> <l>Vedenentziffernd,</l><lb/> <l>Unter den Palmen Indiens gewandelt;</l><lb/> <l>Ob ihr, die Herzen von Hymnen geſchwellt,</l><lb/> <l>Auf die Nachtigallen von Hellas gelauſcht</l><lb/> <l>Und ſinnend Veilchen gepflückt am Ilyſſos;</l><lb/> <l>Ob ihr, umweht von dem Odem des Weltgeiſts,</l><lb/> <l>Brütend durch euer Hirn gewälzt:</l><lb/> <l>Himmel und Hölle,</l><lb/> <l>Sein oder Nichtſein,</l><lb/> <l>Mahom und Fauſt —</l><lb/> <l>Am italiſchen Arno,</l><lb/> <l>Am engliſchen Avon,</l><lb/> <l>Am deutſchen Ilm;</l><lb/> <l>Stolz ſprech ich's aus: Ich beneid euch nicht!</l><lb/> </lg> <lg n="40"> <l>Rauſcht nicht noch immer das blaue Weltmeer,</l><lb/> <l>Länderumrollend und inſelgebärend,</l><lb/> <l>Seinen alten, heiligen Pſalm?</l><lb/> <l>Träumt nicht noch immer der grüne Urwald,</l><lb/> <l>Föhndurchharft und ſternüberſät,</l><lb/> <l>Von den Wundern des erſten Schöpfungstags?</l><lb/> <l>Und ſchlägt denn das große Herz der Menſchheit</l><lb/> <l>Heute nicht feuriger denn je?</l><lb/> <l>Iſt der gewaltige Tempelbau,</l><lb/> <l>Zu dem einſt der Schüler des Wiswamitra</l><lb/> </lg> </lg> </div> </body> </text> </TEI> [279/0301]
Bläulichen Schatten des Himalaya,
An den Ufern des heiligen Ganges,
Vedenentziffernd,
Unter den Palmen Indiens gewandelt;
Ob ihr, die Herzen von Hymnen geſchwellt,
Auf die Nachtigallen von Hellas gelauſcht
Und ſinnend Veilchen gepflückt am Ilyſſos;
Ob ihr, umweht von dem Odem des Weltgeiſts,
Brütend durch euer Hirn gewälzt:
Himmel und Hölle,
Sein oder Nichtſein,
Mahom und Fauſt —
Am italiſchen Arno,
Am engliſchen Avon,
Am deutſchen Ilm;
Stolz ſprech ich's aus: Ich beneid euch nicht!
Rauſcht nicht noch immer das blaue Weltmeer,
Länderumrollend und inſelgebärend,
Seinen alten, heiligen Pſalm?
Träumt nicht noch immer der grüne Urwald,
Föhndurchharft und ſternüberſät,
Von den Wundern des erſten Schöpfungstags?
Und ſchlägt denn das große Herz der Menſchheit
Heute nicht feuriger denn je?
Iſt der gewaltige Tempelbau,
Zu dem einſt der Schüler des Wiswamitra
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