Holz, Arno: Das Buch der Zeit. Lieder eines Modernen. Zürich, 1886.Mein Hirn war der Aetna
Und seine Gedanken die Cyclopen! An den weißen Kalk der Decke Malte noch immer die grüne Lampe Kreisrund ihr zitterndes Goldlicht, Und die alte Schwarzwälder Wanduhr Nickte ihr Tiktak, wie vordem. Draußen in der dunklen, stillen Straße Warf der Regen Seine letzten, schweren Tropfen Plätschernd aufs Trottoir, Um die ausgedrehten Laternen Hatte der Nebel sich dichter gelagert Und durch den feinen, weißen Schleier Glotzte das stiller gewordne Cafe Mit seinen großen Fensteraugen Phantastisch herüber, Ein Rembrandtsches Halbdunkel. Ich aber achtet' es nicht Und sprang auf vom Schreibtisch Und durchmaß, verschränkten Arms, Mit großen, schweren Schritten Hastig das Zimmer. Der blonde Kopf der sixtinischen Göttin Schaute aus seinem wurmstichigen Rahmen Verwundert auf mich herab Und lächelnd schüttelte Auf seinem gelblichen Postament Mein Hirn war der Aetna
Und ſeine Gedanken die Cyclopen! An den weißen Kalk der Decke Malte noch immer die grüne Lampe Kreisrund ihr zitterndes Goldlicht, Und die alte Schwarzwälder Wanduhr Nickte ihr Tiktak, wie vordem. Draußen in der dunklen, ſtillen Straße Warf der Regen Seine letzten, ſchweren Tropfen Plätſchernd aufs Trottoir, Um die ausgedrehten Laternen Hatte der Nebel ſich dichter gelagert Und durch den feinen, weißen Schleier Glotzte das ſtiller gewordne Café Mit ſeinen großen Fenſteraugen Phantaſtiſch herüber, Ein Rembrandtſches Halbdunkel. Ich aber achtet' es nicht Und ſprang auf vom Schreibtiſch Und durchmaß, verſchränkten Arms, Mit großen, ſchweren Schritten Haſtig das Zimmer. Der blonde Kopf der ſixtiniſchen Göttin Schaute aus ſeinem wurmſtichigen Rahmen Verwundert auf mich herab Und lächelnd ſchüttelte Auf ſeinem gelblichen Poſtament <TEI> <text> <body> <div> <lg type="poem"> <pb facs="#f0299" n="277"/> <lg n="35"> <l>Mein Hirn war der Aetna</l><lb/> <l>Und ſeine Gedanken die Cyclopen!</l><lb/> <l>An den weißen Kalk der Decke</l><lb/> <l>Malte noch immer die grüne Lampe</l><lb/> <l>Kreisrund ihr zitterndes Goldlicht,</l><lb/> <l>Und die alte Schwarzwälder Wanduhr</l><lb/> <l>Nickte ihr Tiktak, wie vordem.</l><lb/> <l>Draußen in der dunklen, ſtillen Straße</l><lb/> <l>Warf der Regen</l><lb/> <l>Seine letzten, ſchweren Tropfen</l><lb/> <l>Plätſchernd aufs Trottoir,</l><lb/> <l>Um die ausgedrehten Laternen</l><lb/> <l>Hatte der Nebel ſich dichter gelagert</l><lb/> <l>Und durch den feinen, weißen Schleier</l><lb/> <l>Glotzte das ſtiller gewordne Caf<hi rendition="#aq">é</hi></l><lb/> <l>Mit ſeinen großen Fenſteraugen</l><lb/> <l>Phantaſtiſch herüber,</l><lb/> <l>Ein Rembrandtſches Halbdunkel.</l><lb/> <l>Ich aber achtet' es nicht</l><lb/> <l>Und ſprang auf vom Schreibtiſch</l><lb/> <l>Und durchmaß, verſchränkten Arms,</l><lb/> <l>Mit großen, ſchweren Schritten</l><lb/> <l>Haſtig das Zimmer.</l><lb/> <l>Der blonde Kopf der ſixtiniſchen Göttin</l><lb/> <l>Schaute aus ſeinem wurmſtichigen Rahmen</l><lb/> <l>Verwundert auf mich herab</l><lb/> <l>Und lächelnd ſchüttelte</l><lb/> <l>Auf ſeinem gelblichen Poſtament</l><lb/> </lg> </lg> </div> </body> </text> </TEI> [277/0299]
Mein Hirn war der Aetna
Und ſeine Gedanken die Cyclopen!
An den weißen Kalk der Decke
Malte noch immer die grüne Lampe
Kreisrund ihr zitterndes Goldlicht,
Und die alte Schwarzwälder Wanduhr
Nickte ihr Tiktak, wie vordem.
Draußen in der dunklen, ſtillen Straße
Warf der Regen
Seine letzten, ſchweren Tropfen
Plätſchernd aufs Trottoir,
Um die ausgedrehten Laternen
Hatte der Nebel ſich dichter gelagert
Und durch den feinen, weißen Schleier
Glotzte das ſtiller gewordne Café
Mit ſeinen großen Fenſteraugen
Phantaſtiſch herüber,
Ein Rembrandtſches Halbdunkel.
Ich aber achtet' es nicht
Und ſprang auf vom Schreibtiſch
Und durchmaß, verſchränkten Arms,
Mit großen, ſchweren Schritten
Haſtig das Zimmer.
Der blonde Kopf der ſixtiniſchen Göttin
Schaute aus ſeinem wurmſtichigen Rahmen
Verwundert auf mich herab
Und lächelnd ſchüttelte
Auf ſeinem gelblichen Poſtament
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