Holz, Arno: Das Buch der Zeit. Lieder eines Modernen. Zürich, 1886.Weltgeschichte. Heimlich durchwandert die Nacht den Tann, Duftend im Vollmond schwanken die Gräser; Alles schläft! Nur ein steinalter Mann Putzt sich geschäftig die Brillengläser. Nimmt sich ein Prieschen und sagt: Hätschi! Ich bin der achte der sieben Weisen! Ach, und er merkt es nicht einmal, wie Ueber ihm leuchtend die Sterne kreisen! Sehnsüchtig harft durch die Zweige der Wind,
Blüthen erschließen sich, Knospen schwellen; Alles still! Nur der Nachtthau rinnt Und von den Bergen her rauschen die Quellen. Raune nur traumhaft, du dunkle Natur, Raune das Räthsel der Elemente, Hat doch der alte Graukopf nur Sinn für Bücher und Pergamente! Weltgeſchichte. Heimlich durchwandert die Nacht den Tann, Duftend im Vollmond ſchwanken die Gräſer; Alles ſchläft! Nur ein ſteinalter Mann Putzt ſich geſchäftig die Brillengläſer. Nimmt ſich ein Prieſchen und ſagt: Hätſchi! Ich bin der achte der ſieben Weiſen! Ach, und er merkt es nicht einmal, wie Ueber ihm leuchtend die Sterne kreiſen! Sehnſüchtig harft durch die Zweige der Wind,
Blüthen erſchließen ſich, Knospen ſchwellen; Alles ſtill! Nur der Nachtthau rinnt Und von den Bergen her rauſchen die Quellen. Raune nur traumhaft, du dunkle Natur, Raune das Räthſel der Elemente, Hat doch der alte Graukopf nur Sinn für Bücher und Pergamente! <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0171" n="149"/> <p> <hi rendition="#b">Weltgeſchichte.</hi> </p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l><hi rendition="#in">H</hi>eimlich durchwandert die Nacht den Tann,</l><lb/> <l>Duftend im Vollmond ſchwanken die Gräſer;</l><lb/> <l>Alles ſchläft! Nur ein ſteinalter Mann</l><lb/> <l>Putzt ſich geſchäftig die Brillengläſer.</l><lb/> <l>Nimmt ſich ein Prieſchen und ſagt: Hätſchi!</l><lb/> <l>Ich bin der achte der ſieben Weiſen!</l><lb/> <l>Ach, und er merkt es nicht einmal, wie</l><lb/> <l>Ueber ihm leuchtend die Sterne kreiſen!</l><lb/> </lg> <lg n="2"> <l>Sehnſüchtig harft durch die Zweige der Wind,</l><lb/> <l>Blüthen erſchließen ſich, Knospen ſchwellen;</l><lb/> <l>Alles ſtill! Nur der Nachtthau rinnt</l><lb/> <l>Und von den Bergen her rauſchen die Quellen.</l><lb/> <l>Raune nur traumhaft, du dunkle Natur,</l><lb/> <l>Raune das Räthſel der Elemente,</l><lb/> <l>Hat doch der alte Graukopf nur</l><lb/> <l>Sinn für Bücher und Pergamente!</l><lb/> </lg> </lg> </div> </body> </text> </TEI> [149/0171]
Weltgeſchichte.
Heimlich durchwandert die Nacht den Tann,
Duftend im Vollmond ſchwanken die Gräſer;
Alles ſchläft! Nur ein ſteinalter Mann
Putzt ſich geſchäftig die Brillengläſer.
Nimmt ſich ein Prieſchen und ſagt: Hätſchi!
Ich bin der achte der ſieben Weiſen!
Ach, und er merkt es nicht einmal, wie
Ueber ihm leuchtend die Sterne kreiſen!
Sehnſüchtig harft durch die Zweige der Wind,
Blüthen erſchließen ſich, Knospen ſchwellen;
Alles ſtill! Nur der Nachtthau rinnt
Und von den Bergen her rauſchen die Quellen.
Raune nur traumhaft, du dunkle Natur,
Raune das Räthſel der Elemente,
Hat doch der alte Graukopf nur
Sinn für Bücher und Pergamente!
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Zitationshilfe: | Holz, Arno: Das Buch der Zeit. Lieder eines Modernen. Zürich, 1886, S. 149. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/holz_buch_1886/171>, abgerufen am 16.02.2025. |