dem Försterhause erbetene Beistand anlangte. Der Förster und dessen Bruder, der Bataillonsarzt, begleiteten die Träger. Unter ihrer Aufsicht wurden die besten Anstalten getroffen, die Wunde jedoch vor- her sorgsam besichtigt, ehe man den Leidenden in eine andere Lage brachte. Der Bataillonsarzt, mit jenem scharfen Blick, den eine auf Schlachtfeldern angeübte Sicherheit gewährt, rief lustig aus: das nenn' ich mir doch eine Kugel, die Lebensart versteht; dringt in der Nähe des Herzens ein (wo sie allerdings einen tüch- tigen Preller gegeben und zurück empfangen haben mag), schleicht sich dann zwischen Rippen und Haut bescheiden durch, und als ob sie wüßte, daß sie inwendig nichts zu suchen hat, macht sie sich gleich wieder einen Ausweg ins Freie.
Also keine Lebensgefahr, Bruder? fragte der För- ster. Keine, war die Antwort. Sechs Wochen, oder so etwas, unter guter Pflege, das ist Alles.
Und Anton's Wunden wurde nach allen Regeln der Kunst verbunden. Dann setzte sich der Zug lang- sam in Bewegung.
Schkramprl drang mit flehentlichen Bitten in den Förster, er möge ihm gestatten, als Krankenpfleger so lange im Forsthause zu weilen, bis Herr Antoine
dem Foͤrſterhauſe erbetene Beiſtand anlangte. Der Foͤrſter und deſſen Bruder, der Bataillonsarzt, begleiteten die Traͤger. Unter ihrer Aufſicht wurden die beſten Anſtalten getroffen, die Wunde jedoch vor- her ſorgſam beſichtigt, ehe man den Leidenden in eine andere Lage brachte. Der Bataillonsarzt, mit jenem ſcharfen Blick, den eine auf Schlachtfeldern angeuͤbte Sicherheit gewaͤhrt, rief luſtig aus: das nenn’ ich mir doch eine Kugel, die Lebensart verſteht; dringt in der Naͤhe des Herzens ein (wo ſie allerdings einen tuͤch- tigen Preller gegeben und zuruͤck empfangen haben mag), ſchleicht ſich dann zwiſchen Rippen und Haut beſcheiden durch, und als ob ſie wuͤßte, daß ſie inwendig nichts zu ſuchen hat, macht ſie ſich gleich wieder einen Ausweg ins Freie.
Alſo keine Lebensgefahr, Bruder? fragte der Foͤr- ſter. Keine, war die Antwort. Sechs Wochen, oder ſo etwas, unter guter Pflege, das iſt Alles.
Und Anton’s Wunden wurde nach allen Regeln der Kunſt verbunden. Dann ſetzte ſich der Zug lang- ſam in Bewegung.
Schkramprl drang mit flehentlichen Bitten in den Foͤrſter, er moͤge ihm geſtatten, als Krankenpfleger ſo lange im Forſthauſe zu weilen, bis Herr Antoine
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dem Foͤrſterhauſe erbetene Beiſtand anlangte. Der
Foͤrſter und deſſen Bruder, der Bataillonsarzt,
begleiteten die Traͤger. Unter ihrer Aufſicht wurden
die beſten Anſtalten getroffen, die Wunde jedoch vor-
her ſorgſam beſichtigt, ehe man den Leidenden in eine
andere Lage brachte. Der Bataillonsarzt, mit jenem
ſcharfen Blick, den eine auf Schlachtfeldern angeuͤbte
Sicherheit gewaͤhrt, rief luſtig aus: das nenn’ ich
mir doch eine Kugel, die Lebensart verſteht; dringt in der
Naͤhe des Herzens ein (wo ſie allerdings einen tuͤch-
tigen Preller gegeben und zuruͤck empfangen haben
mag), ſchleicht ſich dann zwiſchen Rippen und Haut
beſcheiden durch, und als ob ſie wuͤßte, daß ſie
inwendig nichts zu ſuchen hat, macht ſie ſich gleich
wieder einen Ausweg ins Freie.
Alſo keine Lebensgefahr, Bruder? fragte der Foͤr-
ſter. Keine, war die Antwort. Sechs Wochen, oder
ſo etwas, unter guter Pflege, das iſt Alles.
Und Anton’s Wunden wurde nach allen Regeln
der Kunſt verbunden. Dann ſetzte ſich der Zug lang-
ſam in Bewegung.
Schkramprl drang mit flehentlichen Bitten in den
Foͤrſter, er moͤge ihm geſtatten, als Krankenpfleger
ſo lange im Forſthauſe zu weilen, bis Herr Antoine
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Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 4. Breslau, 1852, S. 45. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden04_1852/49>, abgerufen am 26.07.2024.
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