denen man reden kann, wie mit Bäumen von Alter und Erfahrung.
Da liegt das Dorf!
Ein Dorf, damals für mich ohne große Bedeu- tung; ein Dorf, von welchem ich nichts wußte, als daß mein gütiger Herr Anton Hahn daselbst hause, mit einer nicht mehr jungen, aber allerliebsten, lie- benswürdigen Hedwig. Jch stieg am Schlosse aus; er kam mir entgegen.
Mein Biograph!? O vortrefflich: Sie kommen mir, wie gerufen. Jch bin ganz allein, was man Strohwittwer nennt. Meine Frau kehrt erst über- morgen mit den Kindern zurück. Sie ist im Lande umhergereiset. Erst war sie bei unserer ältesten Toch- ter, die seit einigen Monaten an einen Gutsbesitzer in Sachsen verheirathet ist; dann ist sie zu meiner Pflege- mutter nach Sophienthal, welche sie uns hoffentlich mitbringt. Da werden Sie eine herrliche alte Frau kennen lernen. Heute und morgen leben wir als Junggesellen.
Um Ein Uhr wurde die Suppe aufgetragen. Nach einem eben so schmackhaft-bereiteten, als länd- lich-einfachen Male, forderte Anton mich auf, mit ihm eine Spazierfahrt zu machen.
denen man reden kann, wie mit Baͤumen von Alter und Erfahrung.
Da liegt das Dorf!
Ein Dorf, damals fuͤr mich ohne große Bedeu- tung; ein Dorf, von welchem ich nichts wußte, als daß mein guͤtiger Herr Anton Hahn daſelbſt hauſe, mit einer nicht mehr jungen, aber allerliebſten, lie- benswuͤrdigen Hedwig. Jch ſtieg am Schloſſe aus; er kam mir entgegen.
Mein Biograph!? O vortrefflich: Sie kommen mir, wie gerufen. Jch bin ganz allein, was man Strohwittwer nennt. Meine Frau kehrt erſt uͤber- morgen mit den Kindern zuruͤck. Sie iſt im Lande umhergereiſet. Erſt war ſie bei unſerer aͤlteſten Toch- ter, die ſeit einigen Monaten an einen Gutsbeſitzer in Sachſen verheirathet iſt; dann iſt ſie zu meiner Pflege- mutter nach Sophienthal, welche ſie uns hoffentlich mitbringt. Da werden Sie eine herrliche alte Frau kennen lernen. Heute und morgen leben wir als Junggeſellen.
Um Ein Uhr wurde die Suppe aufgetragen. Nach einem eben ſo ſchmackhaft-bereiteten, als laͤnd- lich-einfachen Male, forderte Anton mich auf, mit ihm eine Spazierfahrt zu machen.
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denen man reden kann, wie mit Baͤumen von Alter
und Erfahrung.
Da liegt das Dorf!
Ein Dorf, damals fuͤr mich ohne große Bedeu-
tung; ein Dorf, von welchem ich nichts wußte, als
daß mein guͤtiger Herr Anton Hahn daſelbſt hauſe,
mit einer nicht mehr jungen, aber allerliebſten, lie-
benswuͤrdigen Hedwig. Jch ſtieg am Schloſſe aus;
er kam mir entgegen.
Mein Biograph!? O vortrefflich: Sie kommen
mir, wie gerufen. Jch bin ganz allein, was man
Strohwittwer nennt. Meine Frau kehrt erſt uͤber-
morgen mit den Kindern zuruͤck. Sie iſt im Lande
umhergereiſet. Erſt war ſie bei unſerer aͤlteſten Toch-
ter, die ſeit einigen Monaten an einen Gutsbeſitzer in
Sachſen verheirathet iſt; dann iſt ſie zu meiner Pflege-
mutter nach Sophienthal, welche ſie uns hoffentlich
mitbringt. Da werden Sie eine herrliche alte Frau
kennen lernen. Heute und morgen leben wir als
Junggeſellen.
Um Ein Uhr wurde die Suppe aufgetragen.
Nach einem eben ſo ſchmackhaft-bereiteten, als laͤnd-
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Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 4. Breslau, 1852, S. 210. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden04_1852/214>, abgerufen am 05.07.2024.
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