Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 4. Breslau, 1852.

Bild:
<< vorherige Seite

Unter ihrer Leitung, und indem sie thätig half,
wurde der Luftball bei Sternenschein völlig entleert,
zusammengepackt, aufgeladen; die ganze Gesellschaft
nahm auf Strohbündeln Platz; dann ging es guter
Dinge dem Dorfwirthshause entgegen, wo eine Schaar
müssiger Sonntagsgaffer des ungewöhnlichen Besu-
ches harrte.

Sie warf das Geld mit vollen Händen aus, han-
delte nicht mit den Leuten, entließ Alle, die ihr Bei-
stand geleistet, zufrieden und dankbar.

Wie steht es aber jetzt mit meinem Landstreicher?
fragte sie; in welcher Münze soll ich diesen befrie-
digen?

"Jch habe Euch," erwiederte Anton, "eine Probe
des Münzfußes, der in meinen Staaten gilt, auf die
Lippen geprägt; in dieser Gattung mögt Jhr weiter
zahlen."

Nicht doch, mein Lieber; das wäre Falschmünzerei
und mein Gemal --

"O der -- der ist nicht hier!"

Freilich nicht. Und Euch die Wahrheit zu geste-
hen, er ist überhaupt nicht mehr vorhanden.

"Jhr seid Wittwe?"

Seit einem Jahre. Mein armer Mann hat den

Unter ihrer Leitung, und indem ſie thaͤtig half,
wurde der Luftball bei Sternenſchein voͤllig entleert,
zuſammengepackt, aufgeladen; die ganze Geſellſchaft
nahm auf Strohbuͤndeln Platz; dann ging es guter
Dinge dem Dorfwirthshauſe entgegen, wo eine Schaar
muͤſſiger Sonntagsgaffer des ungewoͤhnlichen Beſu-
ches harrte.

Sie warf das Geld mit vollen Haͤnden aus, han-
delte nicht mit den Leuten, entließ Alle, die ihr Bei-
ſtand geleiſtet, zufrieden und dankbar.

Wie ſteht es aber jetzt mit meinem Landſtreicher?
fragte ſie; in welcher Muͤnze ſoll ich dieſen befrie-
digen?

„Jch habe Euch,“ erwiederte Anton, „eine Probe
des Muͤnzfußes, der in meinen Staaten gilt, auf die
Lippen gepraͤgt; in dieſer Gattung moͤgt Jhr weiter
zahlen.“

Nicht doch, mein Lieber; das waͤre Falſchmuͤnzerei
und mein Gemal —

„O der — der iſt nicht hier!“

Freilich nicht. Und Euch die Wahrheit zu geſte-
hen, er iſt uͤberhaupt nicht mehr vorhanden.

„Jhr ſeid Wittwe?“

Seit einem Jahre. Mein armer Mann hat den

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0015" n="11"/>
        <p>Unter ihrer Leitung, und indem &#x017F;ie tha&#x0364;tig half,<lb/>
wurde der Luftball bei Sternen&#x017F;chein vo&#x0364;llig entleert,<lb/>
zu&#x017F;ammengepackt, aufgeladen; die ganze Ge&#x017F;ell&#x017F;chaft<lb/>
nahm auf Strohbu&#x0364;ndeln Platz; dann ging es guter<lb/>
Dinge dem Dorfwirthshau&#x017F;e entgegen, wo eine Schaar<lb/>
mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;iger Sonntagsgaffer des ungewo&#x0364;hnlichen Be&#x017F;u-<lb/>
ches harrte.</p><lb/>
        <p>Sie warf das Geld mit vollen Ha&#x0364;nden aus, han-<lb/>
delte nicht mit den Leuten, entließ Alle, die ihr Bei-<lb/>
&#x017F;tand gelei&#x017F;tet, zufrieden und dankbar.</p><lb/>
        <p>Wie &#x017F;teht es aber jetzt mit meinem Land&#x017F;treicher?<lb/>
fragte &#x017F;ie; in welcher Mu&#x0364;nze &#x017F;oll ich die&#x017F;en befrie-<lb/>
digen?</p><lb/>
        <p>&#x201E;Jch habe Euch,&#x201C; erwiederte Anton, &#x201E;eine Probe<lb/>
des Mu&#x0364;nzfußes, der in meinen Staaten gilt, auf die<lb/>
Lippen gepra&#x0364;gt; in die&#x017F;er Gattung mo&#x0364;gt Jhr weiter<lb/>
zahlen.&#x201C;</p><lb/>
        <p>Nicht doch, mein Lieber; das wa&#x0364;re Fal&#x017F;chmu&#x0364;nzerei<lb/>
und mein Gemal &#x2014;</p><lb/>
        <p>&#x201E;O der &#x2014; der i&#x017F;t nicht hier!&#x201C;</p><lb/>
        <p>Freilich nicht. Und Euch die Wahrheit zu ge&#x017F;te-<lb/>
hen, er i&#x017F;t u&#x0364;berhaupt nicht mehr vorhanden.</p><lb/>
        <p>&#x201E;Jhr &#x017F;eid Wittwe?&#x201C;</p><lb/>
        <p>Seit einem Jahre. Mein armer Mann hat den<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[11/0015] Unter ihrer Leitung, und indem ſie thaͤtig half, wurde der Luftball bei Sternenſchein voͤllig entleert, zuſammengepackt, aufgeladen; die ganze Geſellſchaft nahm auf Strohbuͤndeln Platz; dann ging es guter Dinge dem Dorfwirthshauſe entgegen, wo eine Schaar muͤſſiger Sonntagsgaffer des ungewoͤhnlichen Beſu- ches harrte. Sie warf das Geld mit vollen Haͤnden aus, han- delte nicht mit den Leuten, entließ Alle, die ihr Bei- ſtand geleiſtet, zufrieden und dankbar. Wie ſteht es aber jetzt mit meinem Landſtreicher? fragte ſie; in welcher Muͤnze ſoll ich dieſen befrie- digen? „Jch habe Euch,“ erwiederte Anton, „eine Probe des Muͤnzfußes, der in meinen Staaten gilt, auf die Lippen gepraͤgt; in dieſer Gattung moͤgt Jhr weiter zahlen.“ Nicht doch, mein Lieber; das waͤre Falſchmuͤnzerei und mein Gemal — „O der — der iſt nicht hier!“ Freilich nicht. Und Euch die Wahrheit zu geſte- hen, er iſt uͤberhaupt nicht mehr vorhanden. „Jhr ſeid Wittwe?“ Seit einem Jahre. Mein armer Mann hat den

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden04_1852
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden04_1852/15
Zitationshilfe: Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 4. Breslau, 1852, S. 11. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden04_1852/15>, abgerufen am 27.11.2024.