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Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 2. Breslau, 1852.

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gewohnt, in P., in D., in K. -- keine jedoch war der
Art gewesen, großen Eindruck auf ihn hervorzubringen.

Sei es nun, daß ihn damals die Veränderung
seiner Lage, die auf ihn eindringenden Umgebungen,
die steigende Leidenschaft für Laura minder empfäng-
lich machten? Sei es, daß er bedeutungslose Stücke
unwirksam dargestellt sah? Er hatte nicht erfüllt
gefunden, was die erbärmliche Dorfkomödie ihm
ahnungsvoll verheißen. Jetzt hoffte er etwas zu
genießen, was ihn neu beleben, erfrischen, was die
Leere ausfüllen werde, die seit Laura's Verrath in
seiner Seele herrschte.

Das Schauspiel "der Jude" aus dem Englischen
des Cumberland stand angekündiget. Anton hatte,
so lang' er in Liebenau heranwuchs nur einmal einen
Juden gesehen, einen alten Mann, der auf dem
Schlosse ein ihm gehöriges Wunderthier, eine Ente
mit drei Beinen produzirte. Die Gespielen der
Schloßfräuleins durften einige schüchterne Gratis-
Blicke in jenen Kasten werfen, worin die bedauerns-
werthe Mißgeburt schmachtete; einige der kühnsten
wagten sogar, das Suplement-Bein zu ergreifen,
um der Schmachtenden verstohlen die dritte Pfote zu

gewohnt, in P., in D., in K. — keine jedoch war der
Art geweſen, großen Eindruck auf ihn hervorzubringen.

Sei es nun, daß ihn damals die Veraͤnderung
ſeiner Lage, die auf ihn eindringenden Umgebungen,
die ſteigende Leidenſchaft fuͤr Laura minder empfaͤng-
lich machten? Sei es, daß er bedeutungsloſe Stuͤcke
unwirkſam dargeſtellt ſah? Er hatte nicht erfuͤllt
gefunden, was die erbaͤrmliche Dorfkomoͤdie ihm
ahnungsvoll verheißen. Jetzt hoffte er etwas zu
genießen, was ihn neu beleben, erfriſchen, was die
Leere ausfuͤllen werde, die ſeit Laura’s Verrath in
ſeiner Seele herrſchte.

Das Schauſpiel „der Jude“ aus dem Engliſchen
des Cumberland ſtand angekuͤndiget. Anton hatte,
ſo lang’ er in Liebenau heranwuchs nur einmal einen
Juden geſehen, einen alten Mann, der auf dem
Schloſſe ein ihm gehoͤriges Wunderthier, eine Ente
mit drei Beinen produzirte. Die Geſpielen der
Schloßfraͤuleins durften einige ſchuͤchterne Gratis-
Blicke in jenen Kaſten werfen, worin die bedauerns-
werthe Mißgeburt ſchmachtete; einige der kuͤhnſten
wagten ſogar, das Suplement-Bein zu ergreifen,
um der Schmachtenden verſtohlen die dritte Pfote zu

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[66/0068] gewohnt, in P., in D., in K. — keine jedoch war der Art geweſen, großen Eindruck auf ihn hervorzubringen. Sei es nun, daß ihn damals die Veraͤnderung ſeiner Lage, die auf ihn eindringenden Umgebungen, die ſteigende Leidenſchaft fuͤr Laura minder empfaͤng- lich machten? Sei es, daß er bedeutungsloſe Stuͤcke unwirkſam dargeſtellt ſah? Er hatte nicht erfuͤllt gefunden, was die erbaͤrmliche Dorfkomoͤdie ihm ahnungsvoll verheißen. Jetzt hoffte er etwas zu genießen, was ihn neu beleben, erfriſchen, was die Leere ausfuͤllen werde, die ſeit Laura’s Verrath in ſeiner Seele herrſchte. Das Schauſpiel „der Jude“ aus dem Engliſchen des Cumberland ſtand angekuͤndiget. Anton hatte, ſo lang’ er in Liebenau heranwuchs nur einmal einen Juden geſehen, einen alten Mann, der auf dem Schloſſe ein ihm gehoͤriges Wunderthier, eine Ente mit drei Beinen produzirte. Die Geſpielen der Schloßfraͤuleins durften einige ſchuͤchterne Gratis- Blicke in jenen Kaſten werfen, worin die bedauerns- werthe Mißgeburt ſchmachtete; einige der kuͤhnſten wagten ſogar, das Suplement-Bein zu ergreifen, um der Schmachtenden verſtohlen die dritte Pfote zu

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Zitationshilfe: Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 2. Breslau, 1852, S. 66. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden02_1852/68>, abgerufen am 26.11.2024.