Welche Motive Sie dafür hatten, will ich nicht untersuchen; eben so wenig, als ich den verzogenen Schlingel rechtfertigen mag. Jch will Jhnen sogar zugestehen, daß ich an Jhrer Stelle vielleicht noch heftiger gehandelt hätte! -- mehr können Sie von mir nicht verlangen. Aber wie die Sachen nun ein- mal liegen bleibt dem Beleidigten keine Wahl, als sich mit Jhnen zu schießen auf Leben und Tod, -- (für den Fall, daß Sie Satisfaktion geben können!) -- oder Sie bei nächster bester Gelegenheit über den Haufen zu stechen, wie einen tollen Hund. Es ist übel, doch läßt sich's nicht ändern. Der Junge sollte in unser Regiment eintreten. Jch bin seinem Vater Verpflichtungen schuldig. Nach der gestrigen Ge- schichte ist nichts weiter zu thun, als so -- oder so!"
Jch bin Jhnen sehr dankbar, Herr Lieutenant, muß aber gleichwohl bekennen, das Gerücht war diesmal wieder zu voreilig. Ein Schleier liegt auf meiner Vergangenheit, das ist richtig. Auch möchte wohl von Jhrem sogenannten edlen Blute in meinen Adern wallen; doch ist es auf nichts weniger als legitimen Wege dahin gelangt und da wir keinen Monarchen zu unserer Disposition haben, der meine Geburt sanktioniren und meine Mutter sammt dazu
Welche Motive Sie dafuͤr hatten, will ich nicht unterſuchen; eben ſo wenig, als ich den verzogenen Schlingel rechtfertigen mag. Jch will Jhnen ſogar zugeſtehen, daß ich an Jhrer Stelle vielleicht noch heftiger gehandelt haͤtte! — mehr koͤnnen Sie von mir nicht verlangen. Aber wie die Sachen nun ein- mal liegen bleibt dem Beleidigten keine Wahl, als ſich mit Jhnen zu ſchießen auf Leben und Tod, — (fuͤr den Fall, daß Sie Satisfaktion geben koͤnnen!) — oder Sie bei naͤchſter beſter Gelegenheit uͤber den Haufen zu ſtechen, wie einen tollen Hund. Es iſt uͤbel, doch laͤßt ſich’s nicht aͤndern. Der Junge ſollte in unſer Regiment eintreten. Jch bin ſeinem Vater Verpflichtungen ſchuldig. Nach der geſtrigen Ge- ſchichte iſt nichts weiter zu thun, als ſo — oder ſo!“
Jch bin Jhnen ſehr dankbar, Herr Lieutenant, muß aber gleichwohl bekennen, das Geruͤcht war diesmal wieder zu voreilig. Ein Schleier liegt auf meiner Vergangenheit, das iſt richtig. Auch moͤchte wohl von Jhrem ſogenannten edlen Blute in meinen Adern wallen; doch iſt es auf nichts weniger als legitimen Wege dahin gelangt und da wir keinen Monarchen zu unſerer Dispoſition haben, der meine Geburt ſanktioniren und meine Mutter ſammt dazu
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0036"n="34"/>
Welche Motive Sie dafuͤr hatten, will ich nicht<lb/>
unterſuchen; eben ſo wenig, als ich den verzogenen<lb/>
Schlingel rechtfertigen mag. Jch will Jhnen ſogar<lb/>
zugeſtehen, daß ich an Jhrer Stelle vielleicht noch<lb/>
heftiger gehandelt haͤtte! — mehr koͤnnen Sie von<lb/>
mir nicht verlangen. Aber wie die Sachen nun ein-<lb/>
mal liegen bleibt dem Beleidigten keine Wahl, als<lb/>ſich mit Jhnen zu ſchießen auf Leben und Tod, —<lb/>
(fuͤr den Fall, daß Sie Satisfaktion geben koͤnnen!)<lb/>— oder Sie bei naͤchſter beſter Gelegenheit uͤber den<lb/>
Haufen zu ſtechen, wie einen tollen Hund. Es iſt<lb/>
uͤbel, doch laͤßt ſich’s nicht aͤndern. Der Junge ſollte<lb/>
in unſer Regiment eintreten. Jch bin ſeinem Vater<lb/>
Verpflichtungen ſchuldig. Nach der geſtrigen Ge-<lb/>ſchichte iſt nichts weiter zu thun, als ſo — oder ſo!“</p><lb/><p>Jch bin Jhnen ſehr dankbar, Herr Lieutenant,<lb/>
muß aber gleichwohl bekennen, das Geruͤcht war<lb/>
diesmal wieder zu voreilig. Ein Schleier liegt auf<lb/>
meiner Vergangenheit, das iſt richtig. Auch moͤchte<lb/>
wohl von Jhrem ſogenannten edlen Blute in meinen<lb/>
Adern wallen; doch iſt es auf nichts weniger als<lb/>
legitimen Wege dahin gelangt und da wir keinen<lb/>
Monarchen zu unſerer Dispoſition haben, der meine<lb/>
Geburt ſanktioniren und meine Mutter ſammt dazu<lb/></p></div></body></text></TEI>
[34/0036]
Welche Motive Sie dafuͤr hatten, will ich nicht
unterſuchen; eben ſo wenig, als ich den verzogenen
Schlingel rechtfertigen mag. Jch will Jhnen ſogar
zugeſtehen, daß ich an Jhrer Stelle vielleicht noch
heftiger gehandelt haͤtte! — mehr koͤnnen Sie von
mir nicht verlangen. Aber wie die Sachen nun ein-
mal liegen bleibt dem Beleidigten keine Wahl, als
ſich mit Jhnen zu ſchießen auf Leben und Tod, —
(fuͤr den Fall, daß Sie Satisfaktion geben koͤnnen!)
— oder Sie bei naͤchſter beſter Gelegenheit uͤber den
Haufen zu ſtechen, wie einen tollen Hund. Es iſt
uͤbel, doch laͤßt ſich’s nicht aͤndern. Der Junge ſollte
in unſer Regiment eintreten. Jch bin ſeinem Vater
Verpflichtungen ſchuldig. Nach der geſtrigen Ge-
ſchichte iſt nichts weiter zu thun, als ſo — oder ſo!“
Jch bin Jhnen ſehr dankbar, Herr Lieutenant,
muß aber gleichwohl bekennen, das Geruͤcht war
diesmal wieder zu voreilig. Ein Schleier liegt auf
meiner Vergangenheit, das iſt richtig. Auch moͤchte
wohl von Jhrem ſogenannten edlen Blute in meinen
Adern wallen; doch iſt es auf nichts weniger als
legitimen Wege dahin gelangt und da wir keinen
Monarchen zu unſerer Dispoſition haben, der meine
Geburt ſanktioniren und meine Mutter ſammt dazu
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 2. Breslau, 1852, S. 34. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden02_1852/36>, abgerufen am 08.10.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.