Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 2. Breslau, 1852.Keuchend, zum Tode matt, traf er nach einer Sie empfingen ihn sehr freundlich. Er sagte, daß er von einer weiten Reise zurück- "Und wie er krank aussieht!" meinte die alte Ja, erwiederte Anton, es war ein weiter Weg Er legte sich nieder, nicht ohne schüchterne Hoff- Die ehrliche Hausfrau fragte ihn, ob er unter- Keuchend, zum Tode matt, traf er nach einer Sie empfingen ihn ſehr freundlich. Er ſagte, daß er von einer weiten Reiſe zuruͤck- „Und wie er krank ausſieht!“ meinte die alte Ja, erwiederte Anton, es war ein weiter Weg Er legte ſich nieder, nicht ohne ſchuͤchterne Hoff- Die ehrliche Hausfrau fragte ihn, ob er unter- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0332" n="330"/> <p>Keuchend, zum Tode matt, traf er nach einer<lb/> martervollen Stunde bei den ehrlichen armen Leuten<lb/> ein, die ihn fruͤher ſchon beherbergt. Sein Kaͤm-<lb/> merchen ſtand leer, wie er es damals verlaſſen.</p><lb/> <p>Sie empfingen ihn ſehr freundlich.</p><lb/> <p>Er ſagte, daß er von einer weiten Reiſe zuruͤck-<lb/> kehre.</p><lb/> <p>„Und wie er krank ausſieht!“ meinte die alte<lb/> Frau; „Gott, was muß er unterweges gelitten<lb/> haben!“</p><lb/> <p>Ja, erwiederte Anton, es war ein weiter Weg<lb/> und ich habe viel gelitten. Goͤnnt mir ein wenig<lb/> Ruhe.</p><lb/> <p>Er legte ſich nieder, nicht ohne ſchuͤchterne Hoff-<lb/> nung, daß dieſe Nacht vielleicht ſeine letzte werden<lb/> ſolle! Doch abermals ſenkte ſich der Schlaf uͤber den<lb/> entmuthigten Juͤngling, ihn ſtaͤrkend und neubelebend,<lb/> daß er zu ſtaͤrkeren neuen Pruͤfungen erwache.</p><lb/> <p>Die ehrliche Hausfrau fragte ihn, ob er unter-<lb/> deſſen vielleicht gaͤnzlich verarmt ſei, wenn gleich ſein<lb/> Zuſtand darauf hinwies. Sie brachte ihm Nahrung,<lb/> ſo kraͤftig, wie ihre eigene Armuth ihnen geſtattete.<lb/> Das gab ihm einige Lebensfaͤhigkeit; er vermochte<lb/> wieder zu denken.</p><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [330/0332]
Keuchend, zum Tode matt, traf er nach einer
martervollen Stunde bei den ehrlichen armen Leuten
ein, die ihn fruͤher ſchon beherbergt. Sein Kaͤm-
merchen ſtand leer, wie er es damals verlaſſen.
Sie empfingen ihn ſehr freundlich.
Er ſagte, daß er von einer weiten Reiſe zuruͤck-
kehre.
„Und wie er krank ausſieht!“ meinte die alte
Frau; „Gott, was muß er unterweges gelitten
haben!“
Ja, erwiederte Anton, es war ein weiter Weg
und ich habe viel gelitten. Goͤnnt mir ein wenig
Ruhe.
Er legte ſich nieder, nicht ohne ſchuͤchterne Hoff-
nung, daß dieſe Nacht vielleicht ſeine letzte werden
ſolle! Doch abermals ſenkte ſich der Schlaf uͤber den
entmuthigten Juͤngling, ihn ſtaͤrkend und neubelebend,
daß er zu ſtaͤrkeren neuen Pruͤfungen erwache.
Die ehrliche Hausfrau fragte ihn, ob er unter-
deſſen vielleicht gaͤnzlich verarmt ſei, wenn gleich ſein
Zuſtand darauf hinwies. Sie brachte ihm Nahrung,
ſo kraͤftig, wie ihre eigene Armuth ihnen geſtattete.
Das gab ihm einige Lebensfaͤhigkeit; er vermochte
wieder zu denken.
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