Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 2. Breslau, 1852.

Bild:
<< vorherige Seite

weil von bezahlen noch nicht die Rede war. Da rückt
der Reisende mit dem Bekenntniß hervor, daß er
schlecht bei Kasse sei. Der Wirth zeigt sich unan-
genehm, der Reisende stellt sich verlegen. Der Wirth
droht, der Schuldner, ohne deswegen dem Cham-
pagner zu entsagen, bietet seinem Gläubiger den alten
Reisewagen an, welcher natürlich mit gebührender
Geringschätzung als werthlos zurückgewiesen wird.
Da offerirt er seinen Kartenvorrath und zwar zu
einem Spottpreise, für den möglichen Fall, daß Herr
Schafskopf die nöthigen Einkäufe zur bevorstehenden
Saison noch nicht gemacht habe. Denn K. gehört zu
einer besuchten Bade-Anstalt, wo es von Russen und
Polen wimmelt, weshalb sehr stark daselbst gespielt
wird; und dieses in dem nämlichen Gasthaus, wo
meine Komödie vor sich geht. Der Wirth, der Stem-
pelpapier und Spielkarten debitirt, beißt an. Er
kauft für's halbe Geld, gleicht die mit doppelter
Kreide geschriebene Rechnung aus, freut sich, den
dummen Reisenden tüchtig geprellt und sich auf unzäh-
lige Sommer im Voraus versorgt zu haben. Der
arme Wanderer zieht wie ein Bettler von dannen und
der erste Akt ist aus.

Zweiter Akt. Schöner Sommer, brillante Saison,

weil von bezahlen noch nicht die Rede war. Da ruͤckt
der Reiſende mit dem Bekenntniß hervor, daß er
ſchlecht bei Kaſſe ſei. Der Wirth zeigt ſich unan-
genehm, der Reiſende ſtellt ſich verlegen. Der Wirth
droht, der Schuldner, ohne deswegen dem Cham-
pagner zu entſagen, bietet ſeinem Glaͤubiger den alten
Reiſewagen an, welcher natuͤrlich mit gebuͤhrender
Geringſchaͤtzung als werthlos zuruͤckgewieſen wird.
Da offerirt er ſeinen Kartenvorrath und zwar zu
einem Spottpreiſe, fuͤr den moͤglichen Fall, daß Herr
Schafskopf die noͤthigen Einkaͤufe zur bevorſtehenden
Saiſon noch nicht gemacht habe. Denn K. gehoͤrt zu
einer beſuchten Bade-Anſtalt, wo es von Ruſſen und
Polen wimmelt, weshalb ſehr ſtark daſelbſt geſpielt
wird; und dieſes in dem naͤmlichen Gaſthaus, wo
meine Komoͤdie vor ſich geht. Der Wirth, der Stem-
pelpapier und Spielkarten debitirt, beißt an. Er
kauft fuͤr’s halbe Geld, gleicht die mit doppelter
Kreide geſchriebene Rechnung aus, freut ſich, den
dummen Reiſenden tuͤchtig geprellt und ſich auf unzaͤh-
lige Sommer im Voraus verſorgt zu haben. Der
arme Wanderer zieht wie ein Bettler von dannen und
der erſte Akt iſt aus.

Zweiter Akt. Schoͤner Sommer, brillante Saiſon,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0311" n="309"/>
weil von bezahlen noch nicht die Rede war. Da ru&#x0364;ckt<lb/>
der Rei&#x017F;ende mit dem Bekenntniß hervor, daß er<lb/>
&#x017F;chlecht bei Ka&#x017F;&#x017F;e &#x017F;ei. Der Wirth zeigt &#x017F;ich unan-<lb/>
genehm, der Rei&#x017F;ende &#x017F;tellt &#x017F;ich verlegen. Der Wirth<lb/>
droht, der Schuldner, ohne deswegen dem Cham-<lb/>
pagner zu ent&#x017F;agen, bietet &#x017F;einem Gla&#x0364;ubiger den alten<lb/>
Rei&#x017F;ewagen an, welcher natu&#x0364;rlich mit gebu&#x0364;hrender<lb/>
Gering&#x017F;cha&#x0364;tzung als werthlos zuru&#x0364;ckgewie&#x017F;en wird.<lb/>
Da offerirt er &#x017F;einen Kartenvorrath und zwar zu<lb/>
einem Spottprei&#x017F;e, fu&#x0364;r den mo&#x0364;glichen Fall, daß Herr<lb/>
Schafskopf die no&#x0364;thigen Einka&#x0364;ufe zur bevor&#x017F;tehenden<lb/>
Sai&#x017F;on noch nicht gemacht habe. Denn K. geho&#x0364;rt zu<lb/>
einer be&#x017F;uchten Bade-An&#x017F;talt, wo es von Ru&#x017F;&#x017F;en und<lb/>
Polen wimmelt, weshalb &#x017F;ehr &#x017F;tark da&#x017F;elb&#x017F;t ge&#x017F;pielt<lb/>
wird; und die&#x017F;es in dem na&#x0364;mlichen Ga&#x017F;thaus, wo<lb/>
meine Komo&#x0364;die vor &#x017F;ich geht. Der Wirth, der Stem-<lb/>
pelpapier und Spielkarten debitirt, beißt an. Er<lb/>
kauft fu&#x0364;r&#x2019;s halbe Geld, gleicht die mit doppelter<lb/>
Kreide ge&#x017F;chriebene Rechnung aus, freut &#x017F;ich, den<lb/>
dummen Rei&#x017F;enden tu&#x0364;chtig geprellt und &#x017F;ich auf unza&#x0364;h-<lb/>
lige Sommer im Voraus ver&#x017F;orgt zu haben. Der<lb/>
arme Wanderer zieht wie ein Bettler von dannen und<lb/>
der er&#x017F;te Akt i&#x017F;t aus.</p><lb/>
        <p>Zweiter Akt. Scho&#x0364;ner Sommer, brillante Sai&#x017F;on,<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[309/0311] weil von bezahlen noch nicht die Rede war. Da ruͤckt der Reiſende mit dem Bekenntniß hervor, daß er ſchlecht bei Kaſſe ſei. Der Wirth zeigt ſich unan- genehm, der Reiſende ſtellt ſich verlegen. Der Wirth droht, der Schuldner, ohne deswegen dem Cham- pagner zu entſagen, bietet ſeinem Glaͤubiger den alten Reiſewagen an, welcher natuͤrlich mit gebuͤhrender Geringſchaͤtzung als werthlos zuruͤckgewieſen wird. Da offerirt er ſeinen Kartenvorrath und zwar zu einem Spottpreiſe, fuͤr den moͤglichen Fall, daß Herr Schafskopf die noͤthigen Einkaͤufe zur bevorſtehenden Saiſon noch nicht gemacht habe. Denn K. gehoͤrt zu einer beſuchten Bade-Anſtalt, wo es von Ruſſen und Polen wimmelt, weshalb ſehr ſtark daſelbſt geſpielt wird; und dieſes in dem naͤmlichen Gaſthaus, wo meine Komoͤdie vor ſich geht. Der Wirth, der Stem- pelpapier und Spielkarten debitirt, beißt an. Er kauft fuͤr’s halbe Geld, gleicht die mit doppelter Kreide geſchriebene Rechnung aus, freut ſich, den dummen Reiſenden tuͤchtig geprellt und ſich auf unzaͤh- lige Sommer im Voraus verſorgt zu haben. Der arme Wanderer zieht wie ein Bettler von dannen und der erſte Akt iſt aus. Zweiter Akt. Schoͤner Sommer, brillante Saiſon,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden02_1852
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden02_1852/311
Zitationshilfe: Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 2. Breslau, 1852, S. 309. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden02_1852/311>, abgerufen am 19.05.2024.