Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 2. Breslau, 1852.

Bild:
<< vorherige Seite

buchstabirend, nachzuhelfen. Charles sagte nur: ein
niedlicher Name, aber ein Bischen Deutsch.

Anton maß forschenden Blickes den geringen
Zwischenraum, der Schkramprl's hochgethürmten
grauen Lockenbau von der Zimmerdecke abtrennte, --
eine Mücke würde Mühe gehabt haben, sich nur eini-
germaßen in demselben umherzuschwenken, -- und
sagte sodann zu sich selbst: mein Kutscher muß ein
Loch in das Verdeck seines Wagens schneiden; unfehl-
bar muß er das, wenn Schkramprl darin sitzen soll,
oder Schkramprl muß etwas von der Einschlags-
fähigkeit eines Taschenmessers in seinen Hüftgelenken
haben. Sonst seh' ich nicht ab, wie die Dinge gehen
werden.

Anfänglich stockte die Unterhaltung: so lange man
versuchte, eine Sprache zu erfinden, die von allen
fünf Theilnehmern der Gesellschaft zugleich verstanden
würde. Nachdem aber erst Anton sich als Kunstreiter
zu erkennen gegeben, und dadurch vor Charles sowohl,
als vor Schkramprl sich jenem freimaurerartig-ver-
bundenem Vagabundenthume angehörig erklärt hatte,
wendeten sich beide, nur noch französisch redend, zu
ihm und ließen den scharfen Kritikus mit dem Manne

buchſtabirend, nachzuhelfen. Charles ſagte nur: ein
niedlicher Name, aber ein Bischen Deutſch.

Anton maß forſchenden Blickes den geringen
Zwiſchenraum, der Schkramprl’s hochgethuͤrmten
grauen Lockenbau von der Zimmerdecke abtrennte, —
eine Muͤcke wuͤrde Muͤhe gehabt haben, ſich nur eini-
germaßen in demſelben umherzuſchwenken, — und
ſagte ſodann zu ſich ſelbſt: mein Kutſcher muß ein
Loch in das Verdeck ſeines Wagens ſchneiden; unfehl-
bar muß er das, wenn Schkramprl darin ſitzen ſoll,
oder Schkramprl muß etwas von der Einſchlags-
faͤhigkeit eines Taſchenmeſſers in ſeinen Huͤftgelenken
haben. Sonſt ſeh’ ich nicht ab, wie die Dinge gehen
werden.

Anfaͤnglich ſtockte die Unterhaltung: ſo lange man
verſuchte, eine Sprache zu erfinden, die von allen
fuͤnf Theilnehmern der Geſellſchaft zugleich verſtanden
wuͤrde. Nachdem aber erſt Anton ſich als Kunſtreiter
zu erkennen gegeben, und dadurch vor Charles ſowohl,
als vor Schkramprl ſich jenem freimaurerartig-ver-
bundenem Vagabundenthume angehoͤrig erklaͤrt hatte,
wendeten ſich beide, nur noch franzoͤſiſch redend, zu
ihm und ließen den ſcharfen Kritikus mit dem Manne

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0138" n="136"/>
buch&#x017F;tabirend, nachzuhelfen. Charles &#x017F;agte nur: ein<lb/>
niedlicher Name, aber ein Bischen Deut&#x017F;ch.</p><lb/>
        <p>Anton maß for&#x017F;chenden Blickes den geringen<lb/>
Zwi&#x017F;chenraum, der Schkramprl&#x2019;s hochgethu&#x0364;rmten<lb/>
grauen Lockenbau von der Zimmerdecke abtrennte, &#x2014;<lb/>
eine Mu&#x0364;cke wu&#x0364;rde Mu&#x0364;he gehabt haben, &#x017F;ich nur eini-<lb/>
germaßen in dem&#x017F;elben umherzu&#x017F;chwenken, &#x2014; und<lb/>
&#x017F;agte &#x017F;odann zu &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t: mein Kut&#x017F;cher muß ein<lb/>
Loch in das Verdeck &#x017F;eines Wagens &#x017F;chneiden; unfehl-<lb/>
bar muß er das, wenn Schkramprl darin &#x017F;itzen &#x017F;oll,<lb/>
oder Schkramprl muß etwas von der Ein&#x017F;chlags-<lb/>
fa&#x0364;higkeit eines Ta&#x017F;chenme&#x017F;&#x017F;ers in &#x017F;einen Hu&#x0364;ftgelenken<lb/>
haben. Son&#x017F;t &#x017F;eh&#x2019; ich nicht ab, wie die Dinge gehen<lb/>
werden.</p><lb/>
        <p>Anfa&#x0364;nglich &#x017F;tockte die Unterhaltung: &#x017F;o lange man<lb/>
ver&#x017F;uchte, eine Sprache zu erfinden, die von allen<lb/>
fu&#x0364;nf Theilnehmern der Ge&#x017F;ell&#x017F;chaft zugleich ver&#x017F;tanden<lb/>
wu&#x0364;rde. Nachdem aber er&#x017F;t Anton &#x017F;ich als Kun&#x017F;treiter<lb/>
zu erkennen gegeben, und dadurch vor Charles &#x017F;owohl,<lb/>
als vor Schkramprl &#x017F;ich jenem freimaurerartig-ver-<lb/>
bundenem Vagabundenthume angeho&#x0364;rig erkla&#x0364;rt hatte,<lb/>
wendeten &#x017F;ich beide, nur noch franzo&#x0364;&#x017F;i&#x017F;ch redend, zu<lb/>
ihm und ließen den &#x017F;charfen Kritikus mit dem Manne<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[136/0138] buchſtabirend, nachzuhelfen. Charles ſagte nur: ein niedlicher Name, aber ein Bischen Deutſch. Anton maß forſchenden Blickes den geringen Zwiſchenraum, der Schkramprl’s hochgethuͤrmten grauen Lockenbau von der Zimmerdecke abtrennte, — eine Muͤcke wuͤrde Muͤhe gehabt haben, ſich nur eini- germaßen in demſelben umherzuſchwenken, — und ſagte ſodann zu ſich ſelbſt: mein Kutſcher muß ein Loch in das Verdeck ſeines Wagens ſchneiden; unfehl- bar muß er das, wenn Schkramprl darin ſitzen ſoll, oder Schkramprl muß etwas von der Einſchlags- faͤhigkeit eines Taſchenmeſſers in ſeinen Huͤftgelenken haben. Sonſt ſeh’ ich nicht ab, wie die Dinge gehen werden. Anfaͤnglich ſtockte die Unterhaltung: ſo lange man verſuchte, eine Sprache zu erfinden, die von allen fuͤnf Theilnehmern der Geſellſchaft zugleich verſtanden wuͤrde. Nachdem aber erſt Anton ſich als Kunſtreiter zu erkennen gegeben, und dadurch vor Charles ſowohl, als vor Schkramprl ſich jenem freimaurerartig-ver- bundenem Vagabundenthume angehoͤrig erklaͤrt hatte, wendeten ſich beide, nur noch franzoͤſiſch redend, zu ihm und ließen den ſcharfen Kritikus mit dem Manne

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden02_1852
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden02_1852/138
Zitationshilfe: Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 2. Breslau, 1852, S. 136. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden02_1852/138>, abgerufen am 20.05.2024.