Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 2. Breslau, 1852.

Bild:
<< vorherige Seite

lich mit Jhnen allein .... sie ist ein feines Mädchen;
macht sittsamer Weise einen Unterschied zwischen
Kranken und Gesunden. Na, ihr werdet schon in's
Klare kommen. Das sei Jhre Sorge."

Der Arzt nahm Abschied und wollte gehen.

Anton entriß sich dem düstern Nachsinnen worein
die eben vernommene Aeußerung ihn versetzt und
hielt seinen alten Gönner zurück, indem er ihm,
dankend mit herzlichen Ausdrücken, das bereits
zurecht gelegte Honorar in die Hand schob.

"Wie ist das gemeint?" fragte dieser. "Denken
Sie, weil ich Jhnen entdeckt habe, daß ich zum
Stamme Juda gehöre, Sie dürften mich wie einen
Juden behandeln? Sie, der Sie nichts erwerben, der
Sie noch Eleve heißen, -- denn Adele hat mir ver-
traut, wie es um Sie steht, -- Sie wollen mir Gold
zustecken? Herr, Jhnen soll ja das Donnerwetter ....
Fort mit der Hand! Fort mit Jhren Füchsen in die
eigene Tasche hinein! Werden das Zeug besser
gebrauchen können! Jch bin ein alter Junggesell, bin
wohlhabend, praktizire mehr aus Lust und weil ich
den Müssiggang hasse. Nehme nichts von Armen;
nichts von Künstlern, die gewöhnlich arm sind; nichts
von Landstreichern und solchem Vagabunden-Gesin-

lich mit Jhnen allein .... ſie iſt ein feines Maͤdchen;
macht ſittſamer Weiſe einen Unterſchied zwiſchen
Kranken und Geſunden. Na, ihr werdet ſchon in’s
Klare kommen. Das ſei Jhre Sorge.“

Der Arzt nahm Abſchied und wollte gehen.

Anton entriß ſich dem duͤſtern Nachſinnen worein
die eben vernommene Aeußerung ihn verſetzt und
hielt ſeinen alten Goͤnner zuruͤck, indem er ihm,
dankend mit herzlichen Ausdruͤcken, das bereits
zurecht gelegte Honorar in die Hand ſchob.

„Wie iſt das gemeint?“ fragte dieſer. „Denken
Sie, weil ich Jhnen entdeckt habe, daß ich zum
Stamme Juda gehoͤre, Sie duͤrften mich wie einen
Juden behandeln? Sie, der Sie nichts erwerben, der
Sie noch Eleve heißen, — denn Adele hat mir ver-
traut, wie es um Sie ſteht, — Sie wollen mir Gold
zuſtecken? Herr, Jhnen ſoll ja das Donnerwetter ....
Fort mit der Hand! Fort mit Jhren Fuͤchſen in die
eigene Taſche hinein! Werden das Zeug beſſer
gebrauchen koͤnnen! Jch bin ein alter Junggeſell, bin
wohlhabend, praktizire mehr aus Luſt und weil ich
den Muͤſſiggang haſſe. Nehme nichts von Armen;
nichts von Kuͤnſtlern, die gewoͤhnlich arm ſind; nichts
von Landſtreichern und ſolchem Vagabunden-Geſin-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0125" n="123"/>
lich mit Jhnen allein .... &#x017F;ie i&#x017F;t ein feines Ma&#x0364;dchen;<lb/>
macht &#x017F;itt&#x017F;amer Wei&#x017F;e einen Unter&#x017F;chied zwi&#x017F;chen<lb/>
Kranken und Ge&#x017F;unden. Na, ihr werdet &#x017F;chon in&#x2019;s<lb/>
Klare kommen. Das &#x017F;ei Jhre Sorge.&#x201C;</p><lb/>
        <p>Der Arzt nahm Ab&#x017F;chied und wollte gehen.</p><lb/>
        <p>Anton entriß &#x017F;ich dem du&#x0364;&#x017F;tern Nach&#x017F;innen worein<lb/>
die eben vernommene Aeußerung ihn ver&#x017F;etzt und<lb/>
hielt &#x017F;einen alten Go&#x0364;nner zuru&#x0364;ck, indem er ihm,<lb/>
dankend mit herzlichen Ausdru&#x0364;cken, das bereits<lb/>
zurecht gelegte Honorar in die Hand &#x017F;chob.</p><lb/>
        <p>&#x201E;Wie i&#x017F;t das gemeint?&#x201C; fragte die&#x017F;er. &#x201E;Denken<lb/>
Sie, weil ich Jhnen entdeckt habe, daß ich zum<lb/>
Stamme Juda geho&#x0364;re, Sie du&#x0364;rften mich wie einen<lb/>
Juden behandeln? Sie, der Sie nichts erwerben, der<lb/>
Sie noch Eleve heißen, &#x2014; denn Adele hat mir ver-<lb/>
traut, wie es um Sie &#x017F;teht, &#x2014; Sie wollen <hi rendition="#g">mir</hi> Gold<lb/>
zu&#x017F;tecken? Herr, Jhnen &#x017F;oll ja das Donnerwetter ....<lb/>
Fort mit der Hand! Fort mit Jhren Fu&#x0364;ch&#x017F;en in die<lb/>
eigene Ta&#x017F;che hinein! Werden das Zeug be&#x017F;&#x017F;er<lb/>
gebrauchen ko&#x0364;nnen! Jch bin ein alter Jungge&#x017F;ell, bin<lb/>
wohlhabend, praktizire mehr aus Lu&#x017F;t und weil ich<lb/>
den Mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;iggang ha&#x017F;&#x017F;e. Nehme nichts von Armen;<lb/>
nichts von Ku&#x0364;n&#x017F;tlern, die gewo&#x0364;hnlich arm &#x017F;ind; nichts<lb/>
von Land&#x017F;treichern und &#x017F;olchem Vagabunden-Ge&#x017F;in-<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[123/0125] lich mit Jhnen allein .... ſie iſt ein feines Maͤdchen; macht ſittſamer Weiſe einen Unterſchied zwiſchen Kranken und Geſunden. Na, ihr werdet ſchon in’s Klare kommen. Das ſei Jhre Sorge.“ Der Arzt nahm Abſchied und wollte gehen. Anton entriß ſich dem duͤſtern Nachſinnen worein die eben vernommene Aeußerung ihn verſetzt und hielt ſeinen alten Goͤnner zuruͤck, indem er ihm, dankend mit herzlichen Ausdruͤcken, das bereits zurecht gelegte Honorar in die Hand ſchob. „Wie iſt das gemeint?“ fragte dieſer. „Denken Sie, weil ich Jhnen entdeckt habe, daß ich zum Stamme Juda gehoͤre, Sie duͤrften mich wie einen Juden behandeln? Sie, der Sie nichts erwerben, der Sie noch Eleve heißen, — denn Adele hat mir ver- traut, wie es um Sie ſteht, — Sie wollen mir Gold zuſtecken? Herr, Jhnen ſoll ja das Donnerwetter .... Fort mit der Hand! Fort mit Jhren Fuͤchſen in die eigene Taſche hinein! Werden das Zeug beſſer gebrauchen koͤnnen! Jch bin ein alter Junggeſell, bin wohlhabend, praktizire mehr aus Luſt und weil ich den Muͤſſiggang haſſe. Nehme nichts von Armen; nichts von Kuͤnſtlern, die gewoͤhnlich arm ſind; nichts von Landſtreichern und ſolchem Vagabunden-Geſin-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden02_1852
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden02_1852/125
Zitationshilfe: Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 2. Breslau, 1852, S. 123. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden02_1852/125>, abgerufen am 22.11.2024.