Mann der ihn so hart -- und so liebevoll, beides, behandelt, werde in einer neuen Glorie vor ihm erscheinen. Es kann mir gar nicht schaden, meinte er, mir noch einmal zeigen zu lassen, wie tief die Kluft ist, die mich plumpen Handwerker vom großen Künst- ler trennt! Nur in flüchtigster Eil' waren seine Augen über die Anschlagezettel geglitten, welche eine heroische Dichtung verkündigten. Gewiß wird er, sagte Anton zu sich, den ich als kleinen armen Juden verkannte, sich heut als königlicher Herr, als Held hervorthun!
Das war ein Jrrthum. Man führte eine große Oper auf; eine Oper mit Ballet: eines jener zusam- men-gequälten erhabenen Werke, welchem sein Erzeu- ger, nachdem er in der "Vestalin" und im "Cortez" sich ausgegeben und erschöpft, durch Glanz, äußer- liche Pracht, betäubenden Lärm und alle möglichen wie unmöglichen Hülfsmittel zu verleihen suchte, was ihm doch fehlte.
Anton blieb kalt. Er konnte nicht einstimmen in die forcirte Bewunderung, die um ihn her laut wurde. Auch der Tanz langweilte ihn, weil die Tänzer und Tänzerinnen durch denselben nichts auszudrücken wußten; weil sie sich stets nur auf einem Beine drehten. Er verließ das Haus vor Beendigung des
Mann der ihn ſo hart — und ſo liebevoll, beides, behandelt, werde in einer neuen Glorie vor ihm erſcheinen. Es kann mir gar nicht ſchaden, meinte er, mir noch einmal zeigen zu laſſen, wie tief die Kluft iſt, die mich plumpen Handwerker vom großen Kuͤnſt- ler trennt! Nur in fluͤchtigſter Eil’ waren ſeine Augen uͤber die Anſchlagezettel geglitten, welche eine heroiſche Dichtung verkuͤndigten. Gewiß wird er, ſagte Anton zu ſich, den ich als kleinen armen Juden verkannte, ſich heut als koͤniglicher Herr, als Held hervorthun!
Das war ein Jrrthum. Man fuͤhrte eine große Oper auf; eine Oper mit Ballet: eines jener zuſam- men-gequaͤlten erhabenen Werke, welchem ſein Erzeu- ger, nachdem er in der „Veſtalin“ und im „Cortez“ ſich ausgegeben und erſchoͤpft, durch Glanz, aͤußer- liche Pracht, betaͤubenden Laͤrm und alle moͤglichen wie unmoͤglichen Huͤlfsmittel zu verleihen ſuchte, was ihm doch fehlte.
Anton blieb kalt. Er konnte nicht einſtimmen in die forcirte Bewunderung, die um ihn her laut wurde. Auch der Tanz langweilte ihn, weil die Taͤnzer und Taͤnzerinnen durch denſelben nichts auszudruͤcken wußten; weil ſie ſich ſtets nur auf einem Beine drehten. Er verließ das Haus vor Beendigung des
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Mann der ihn ſo hart — und ſo liebevoll, beides,
behandelt, werde in einer neuen Glorie vor ihm
erſcheinen. Es kann mir gar nicht ſchaden, meinte er,
mir noch einmal zeigen zu laſſen, wie tief die Kluft
iſt, die mich plumpen Handwerker vom großen Kuͤnſt-
ler trennt! Nur in fluͤchtigſter Eil’ waren ſeine Augen
uͤber die Anſchlagezettel geglitten, welche eine heroiſche
Dichtung verkuͤndigten. Gewiß wird er, ſagte Anton
zu ſich, den ich als kleinen armen Juden verkannte,
ſich heut als koͤniglicher Herr, als Held hervorthun!
Das war ein Jrrthum. Man fuͤhrte eine große
Oper auf; eine Oper mit Ballet: eines jener zuſam-
men-gequaͤlten erhabenen Werke, welchem ſein Erzeu-
ger, nachdem er in der „Veſtalin“ und im „Cortez“
ſich ausgegeben und erſchoͤpft, durch Glanz, aͤußer-
liche Pracht, betaͤubenden Laͤrm und alle moͤglichen
wie unmoͤglichen Huͤlfsmittel zu verleihen ſuchte,
was ihm doch fehlte.
Anton blieb kalt. Er konnte nicht einſtimmen in
die forcirte Bewunderung, die um ihn her laut wurde.
Auch der Tanz langweilte ihn, weil die Taͤnzer und
Taͤnzerinnen durch denſelben nichts auszudruͤcken
wußten; weil ſie ſich ſtets nur auf einem Beine
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Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 2. Breslau, 1852, S. 120. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden02_1852/122>, abgerufen am 25.11.2024.
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