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Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 1. Breslau, 1852.

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Herrn Guillaume nachreiseten? Wenn ich bei ihm
lernte? An Muth, Gewandheit, Kraft fürcht' ich kei-
nen Mangel. Ehe vier Wochen vergehen steh' ich auf
meinem Rosse, so sicher wie der kleine Kerl mit der
Lyra dort oben auf dem blau-grünen Ofen steht.
Jhre Sättel sind ja breit ausgepolstert und bequemer,
als manches Kanapee hier im Gasthause. Eine erträg-
liche Figur will ich schon machen, und daß ich nicht
schlecht gekleidet sei, ist Laura's Sorge, die ihren
kleinen Herrn Amelot so aufzuputzen verstand, daß
er einem Apollo glich, nicht wahr? Eh bien, ich bin
schlank. Wenn ich nun mein Solo reitend spiele,
nachdem ich es vorher mit Guillaume's sicherem
Orchester tüchtig eingegeigt, so macht das Aufsehn.
Guillaume engagirt mich. Auf diese Art erwerb' ich
etwas, bringe auch etwas in unsere Menage, (aus
der Manege) gewinne außerdem Zeit, über fleißig,
setze täglich drei Stunden daran, und ehe ein Jahr
um ist, jag' ich mit dem wilden Furioso um die Wette,
-- oder ich habe den Hals gebrochen. Jm ersteren
Falle ist Dein Freund ein tüchtiger Mann, den man
rasend applaudirt, auf den Du stolz wirst! -- Jm
letzteren Falle bist Du zum Zweitenmal Wittwe und
für diesen Fall ertheile ich Dir heute, noch sehr, sehr

Herrn Guillaume nachreiſeten? Wenn ich bei ihm
lernte? An Muth, Gewandheit, Kraft fuͤrcht’ ich kei-
nen Mangel. Ehe vier Wochen vergehen ſteh’ ich auf
meinem Roſſe, ſo ſicher wie der kleine Kerl mit der
Lyra dort oben auf dem blau-gruͤnen Ofen ſteht.
Jhre Saͤttel ſind ja breit ausgepolſtert und bequemer,
als manches Kanapee hier im Gaſthauſe. Eine ertraͤg-
liche Figur will ich ſchon machen, und daß ich nicht
ſchlecht gekleidet ſei, iſt Laura’s Sorge, die ihren
kleinen Herrn Amelot ſo aufzuputzen verſtand, daß
er einem Apollo glich, nicht wahr? Eh bien, ich bin
ſchlank. Wenn ich nun mein Solo reitend ſpiele,
nachdem ich es vorher mit Guillaume’s ſicherem
Orcheſter tuͤchtig eingegeigt, ſo macht das Aufſehn.
Guillaume engagirt mich. Auf dieſe Art erwerb’ ich
etwas, bringe auch etwas in unſere Ménage, (aus
der Manège) gewinne außerdem Zeit, uͤber fleißig,
ſetze taͤglich drei Stunden daran, und ehe ein Jahr
um iſt, jag’ ich mit dem wilden Furioſo um die Wette,
— oder ich habe den Hals gebrochen. Jm erſteren
Falle iſt Dein Freund ein tuͤchtiger Mann, den man
raſend applaudirt, auf den Du ſtolz wirſt! — Jm
letzteren Falle biſt Du zum Zweitenmal Wittwe und
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[338/0354] Herrn Guillaume nachreiſeten? Wenn ich bei ihm lernte? An Muth, Gewandheit, Kraft fuͤrcht’ ich kei- nen Mangel. Ehe vier Wochen vergehen ſteh’ ich auf meinem Roſſe, ſo ſicher wie der kleine Kerl mit der Lyra dort oben auf dem blau-gruͤnen Ofen ſteht. Jhre Saͤttel ſind ja breit ausgepolſtert und bequemer, als manches Kanapee hier im Gaſthauſe. Eine ertraͤg- liche Figur will ich ſchon machen, und daß ich nicht ſchlecht gekleidet ſei, iſt Laura’s Sorge, die ihren kleinen Herrn Amelot ſo aufzuputzen verſtand, daß er einem Apollo glich, nicht wahr? Eh bien, ich bin ſchlank. Wenn ich nun mein Solo reitend ſpiele, nachdem ich es vorher mit Guillaume’s ſicherem Orcheſter tuͤchtig eingegeigt, ſo macht das Aufſehn. Guillaume engagirt mich. Auf dieſe Art erwerb’ ich etwas, bringe auch etwas in unſere Ménage, (aus der Manège) gewinne außerdem Zeit, uͤber fleißig, ſetze taͤglich drei Stunden daran, und ehe ein Jahr um iſt, jag’ ich mit dem wilden Furioſo um die Wette, — oder ich habe den Hals gebrochen. Jm erſteren Falle iſt Dein Freund ein tuͤchtiger Mann, den man raſend applaudirt, auf den Du ſtolz wirſt! — Jm letzteren Falle biſt Du zum Zweitenmal Wittwe und fuͤr dieſen Fall ertheile ich Dir heute, noch ſehr, ſehr

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Zitationshilfe: Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 1. Breslau, 1852, S. 338. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden01_1852/354>, abgerufen am 23.11.2024.