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Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 1. Breslau, 1852.

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Deinen Besitz nicht ausgefüllt scheint? Ein Ziel müs-
sen wir uns doch setzen, einen Zweck muß ich doch
suchen, den ich erreichen will! Jch kann doch mein
Leben nicht vergeuden, indem ich von Deinem Gelde
zehre und -- wenn ich auch nicht müßig gehe, --
doch nichts fördere. Wie lange sollen wir noch hier
verweilen? Sage, Laura, meinst Du nicht auch, daß
ich ein Geschäft unternehmen, daß ich etwas beginnen
dürfte?

"Antoine, Du redest, als ob Du meiner schon
satt wärest!"

Du weißt am Besten, wie wenig das möglich ist.
Doch leugne wie Du willst, auch Du spürst das Be-
dürfniß, diesen traurigen Ort zu verlassen. Auch Du
ahnest, daß ein fauler Tagedieb Dich bald belästigen
könne.

"Uebe Dich nur auf Deiner Geige!"

Thu' ich's nicht? Alle Mäuse im ganzen Hotel
können mir's bezeugen. Aber was hilft mir das?
Ein großer Künstler zu werden, dazu gehört mehr.

"So mache wieder Körbe."

Spotte nicht. Jene glücklichen Tage sind vorüber,
wo ich mir daran genügen ließ. Nein, Laura, ich hätte

Deinen Beſitz nicht ausgefuͤllt ſcheint? Ein Ziel muͤſ-
ſen wir uns doch ſetzen, einen Zweck muß ich doch
ſuchen, den ich erreichen will! Jch kann doch mein
Leben nicht vergeuden, indem ich von Deinem Gelde
zehre und — wenn ich auch nicht muͤßig gehe, —
doch nichts foͤrdere. Wie lange ſollen wir noch hier
verweilen? Sage, Laura, meinſt Du nicht auch, daß
ich ein Geſchaͤft unternehmen, daß ich etwas beginnen
duͤrfte?

„Antoine, Du redeſt, als ob Du meiner ſchon
ſatt waͤreſt!“

Du weißt am Beſten, wie wenig das moͤglich iſt.
Doch leugne wie Du willſt, auch Du ſpuͤrſt das Be-
duͤrfniß, dieſen traurigen Ort zu verlaſſen. Auch Du
ahneſt, daß ein fauler Tagedieb Dich bald belaͤſtigen
koͤnne.

„Uebe Dich nur auf Deiner Geige!“

Thu’ ich’s nicht? Alle Maͤuſe im ganzen Hotel
koͤnnen mir’s bezeugen. Aber was hilft mir das?
Ein großer Kuͤnſtler zu werden, dazu gehoͤrt mehr.

„So mache wieder Koͤrbe.“

Spotte nicht. Jene gluͤcklichen Tage ſind voruͤber,
wo ich mir daran genuͤgen ließ. Nein, Laura, ich haͤtte

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[335/0351] Deinen Beſitz nicht ausgefuͤllt ſcheint? Ein Ziel muͤſ- ſen wir uns doch ſetzen, einen Zweck muß ich doch ſuchen, den ich erreichen will! Jch kann doch mein Leben nicht vergeuden, indem ich von Deinem Gelde zehre und — wenn ich auch nicht muͤßig gehe, — doch nichts foͤrdere. Wie lange ſollen wir noch hier verweilen? Sage, Laura, meinſt Du nicht auch, daß ich ein Geſchaͤft unternehmen, daß ich etwas beginnen duͤrfte? „Antoine, Du redeſt, als ob Du meiner ſchon ſatt waͤreſt!“ Du weißt am Beſten, wie wenig das moͤglich iſt. Doch leugne wie Du willſt, auch Du ſpuͤrſt das Be- duͤrfniß, dieſen traurigen Ort zu verlaſſen. Auch Du ahneſt, daß ein fauler Tagedieb Dich bald belaͤſtigen koͤnne. „Uebe Dich nur auf Deiner Geige!“ Thu’ ich’s nicht? Alle Maͤuſe im ganzen Hotel koͤnnen mir’s bezeugen. Aber was hilft mir das? Ein großer Kuͤnſtler zu werden, dazu gehoͤrt mehr. „So mache wieder Koͤrbe.“ Spotte nicht. Jene gluͤcklichen Tage ſind voruͤber, wo ich mir daran genuͤgen ließ. Nein, Laura, ich haͤtte

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Zitationshilfe: Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 1. Breslau, 1852, S. 335. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden01_1852/351>, abgerufen am 02.05.2024.