Frauenzimmer aus dem Schlosse ihm heimlich nach- folgen, denn man hätte in den Gebüschen lebhaft reden hören. Und dann gingen beide wieder in's Schloß zurück. Und dann hätte er, der Gärtner, in des Fremden Zimmer durch die Vorhänge hindurch noch lange Licht gesehen. Folglich ......
Der dumme Gärtner war nicht wenig erstaunt, statt des Donnerwetters, auf dessen Ausbruch er gerechnet, in des Herren blau-rothem Angesicht hei- tern Sonnenschein wahrzunehmen. Jetzt schien dem Vielerfahrenen Alles deutlich: "Sie wollen mich zum Besten haben! Sie lieben sich wie toll und rasend und ich soll's nicht merken? Das Geheimniß reizt sie? Gut! Desto besser! Macht, was euch gefällt! Je weiter ihr geht, desto sicherer gelang' ich an mein Ziel. Noch diese Nacht hring' ich die ganze Geschichte in Ordnung!"
Dem dummen Gärtner wurde der Befehl, sich ruhig zu verhalten, sich auf keine Weise bemerkbar zu machen, nichts zu stören, sondern nur aufzupassen, bis er glaube, daß die Vögel im Nest wären und dann den Baron zu holen. Auch dumme Menschen, die dümmsten oft am schlauesten, gehen gern und geschickt auf derlei schlechte Kniffe ein. Der Gärtner
Frauenzimmer aus dem Schloſſe ihm heimlich nach- folgen, denn man haͤtte in den Gebuͤſchen lebhaft reden hoͤren. Und dann gingen beide wieder in’s Schloß zuruͤck. Und dann haͤtte er, der Gaͤrtner, in des Fremden Zimmer durch die Vorhaͤnge hindurch noch lange Licht geſehen. Folglich ......
Der dumme Gaͤrtner war nicht wenig erſtaunt, ſtatt des Donnerwetters, auf deſſen Ausbruch er gerechnet, in des Herren blau-rothem Angeſicht hei- tern Sonnenſchein wahrzunehmen. Jetzt ſchien dem Vielerfahrenen Alles deutlich: „Sie wollen mich zum Beſten haben! Sie lieben ſich wie toll und raſend und ich ſoll’s nicht merken? Das Geheimniß reizt ſie? Gut! Deſto beſſer! Macht, was euch gefaͤllt! Je weiter ihr geht, deſto ſicherer gelang’ ich an mein Ziel. Noch dieſe Nacht hring’ ich die ganze Geſchichte in Ordnung!“
Dem dummen Gaͤrtner wurde der Befehl, ſich ruhig zu verhalten, ſich auf keine Weiſe bemerkbar zu machen, nichts zu ſtoͤren, ſondern nur aufzupaſſen, bis er glaube, daß die Voͤgel im Neſt waͤren und dann den Baron zu holen. Auch dumme Menſchen, die duͤmmſten oft am ſchlaueſten, gehen gern und geſchickt auf derlei ſchlechte Kniffe ein. Der Gaͤrtner
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Frauenzimmer aus dem Schloſſe ihm heimlich nach-
folgen, denn man haͤtte in den Gebuͤſchen lebhaft
reden hoͤren. Und dann gingen beide wieder in’s
Schloß zuruͤck. Und dann haͤtte er, der Gaͤrtner, in
des Fremden Zimmer durch die Vorhaͤnge hindurch
noch lange Licht geſehen. Folglich ......
Der dumme Gaͤrtner war nicht wenig erſtaunt,
ſtatt des Donnerwetters, auf deſſen Ausbruch er
gerechnet, in des Herren blau-rothem Angeſicht hei-
tern Sonnenſchein wahrzunehmen. Jetzt ſchien dem
Vielerfahrenen Alles deutlich: „Sie wollen mich zum
Beſten haben! Sie lieben ſich wie toll und raſend
und ich ſoll’s nicht merken? Das Geheimniß reizt ſie?
Gut! Deſto beſſer! Macht, was euch gefaͤllt! Je
weiter ihr geht, deſto ſicherer gelang’ ich an mein Ziel.
Noch dieſe Nacht hring’ ich die ganze Geſchichte in
Ordnung!“
Dem dummen Gaͤrtner wurde der Befehl, ſich
ruhig zu verhalten, ſich auf keine Weiſe bemerkbar zu
machen, nichts zu ſtoͤren, ſondern nur aufzupaſſen,
bis er glaube, daß die Voͤgel im Neſt waͤren und
dann den Baron zu holen. Auch dumme Menſchen,
die duͤmmſten oft am ſchlaueſten, gehen gern und
geſchickt auf derlei ſchlechte Kniffe ein. Der Gaͤrtner
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Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 1. Breslau, 1852, S. 170. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden01_1852/186>, abgerufen am 25.11.2024.
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