Holtei, Karl von: 's Muhme-Leutnant-Saloppel. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 12. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 195–231. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.Das Gespräch wurde unterbrochen durch Babet's Verlobten, der die Nachricht brachte, daß der Sequester nicht länger Rücksicht auf ihn nehmen und anderweitigen Abschluß des Apotheken-Verkaufes nickt mehr länger hinausschieben dürfe. Die letzte Frist sei bis übermorgen gestellt. Alle versanken in trübes Schweigen. Aus diesem klopfte sie der Briefträger auf, der eine Zuschrift aus Breslau überbrachte. Ein Universitätsfreund Gustav's, jetzt als Advocat in der Vaterstadt ansässig, schrieb mit juristischer Gedrungenheit Nachstehendes: "Freund Tiesel! Der Proceß, den die vor und während unserer Belagerung Eingeäscherten gegen die Versicherungs-Anstalten geführt, ist auch in letzter Instanz gewonnen, dadurch die Hypothek der als Wittwe verstorbenen von Hanepich flüssig geworden und nun (rückständige Zinsen beigerechnet) ihre achttausend Thaler unter Brüdern werth. Nach deines Vaters und der Deinigen Ableben bleibst du alleiniger Erbe. Ich werde dir die Sache bestens abwickeln und ohne Verzug, wenn du mir umgehend das Document einsendest, ohne welches Nichts anzufangen. Ich gratulire dir, -- wofern dein Alter in seinen Nöthen besagte Hypothek als hoffnungsloses Papier nicht etwa für einen Pappenstiel an den ersten besten feinnasigen Wucherer verkauft und cediret hat. Dann müßten wir uns den Mund wischen. Schicktest du gleich, so Das Gespräch wurde unterbrochen durch Babet's Verlobten, der die Nachricht brachte, daß der Sequester nicht länger Rücksicht auf ihn nehmen und anderweitigen Abschluß des Apotheken-Verkaufes nickt mehr länger hinausschieben dürfe. Die letzte Frist sei bis übermorgen gestellt. Alle versanken in trübes Schweigen. Aus diesem klopfte sie der Briefträger auf, der eine Zuschrift aus Breslau überbrachte. Ein Universitätsfreund Gustav's, jetzt als Advocat in der Vaterstadt ansässig, schrieb mit juristischer Gedrungenheit Nachstehendes: „Freund Tiesel! Der Proceß, den die vor und während unserer Belagerung Eingeäscherten gegen die Versicherungs-Anstalten geführt, ist auch in letzter Instanz gewonnen, dadurch die Hypothek der als Wittwe verstorbenen von Hanepich flüssig geworden und nun (rückständige Zinsen beigerechnet) ihre achttausend Thaler unter Brüdern werth. Nach deines Vaters und der Deinigen Ableben bleibst du alleiniger Erbe. Ich werde dir die Sache bestens abwickeln und ohne Verzug, wenn du mir umgehend das Document einsendest, ohne welches Nichts anzufangen. Ich gratulire dir, — wofern dein Alter in seinen Nöthen besagte Hypothek als hoffnungsloses Papier nicht etwa für einen Pappenstiel an den ersten besten feinnasigen Wucherer verkauft und cediret hat. Dann müßten wir uns den Mund wischen. Schicktest du gleich, so <TEI> <text> <body> <div type="chapter" n="5"> <pb facs="#f0038"/> <p>Das Gespräch wurde unterbrochen durch Babet's Verlobten, der die Nachricht brachte, daß der Sequester nicht länger Rücksicht auf ihn nehmen und anderweitigen Abschluß des Apotheken-Verkaufes nickt mehr länger hinausschieben dürfe. Die letzte Frist sei bis übermorgen gestellt.</p><lb/> <p>Alle versanken in trübes Schweigen.</p><lb/> <p>Aus diesem klopfte sie der Briefträger auf, der eine Zuschrift aus Breslau überbrachte. Ein Universitätsfreund Gustav's, jetzt als Advocat in der Vaterstadt ansässig, schrieb mit juristischer Gedrungenheit Nachstehendes:</p><lb/> <floatingText> <body> <div type="letter"> <p>„Freund Tiesel! Der Proceß, den die vor und während unserer Belagerung Eingeäscherten gegen die Versicherungs-Anstalten geführt, ist auch in letzter Instanz gewonnen, dadurch die Hypothek der als Wittwe verstorbenen von Hanepich flüssig geworden und nun (rückständige Zinsen beigerechnet) ihre achttausend Thaler unter Brüdern werth. Nach deines Vaters und der Deinigen Ableben bleibst du alleiniger Erbe. Ich werde dir die Sache bestens abwickeln und ohne Verzug, wenn du mir umgehend das Document einsendest, ohne welches Nichts anzufangen. Ich gratulire dir, — wofern dein Alter in seinen Nöthen besagte Hypothek als hoffnungsloses Papier nicht etwa für einen Pappenstiel an den ersten besten feinnasigen Wucherer verkauft und cediret hat. Dann müßten wir uns den Mund wischen. Schicktest du gleich, so<lb/></p> </div> </body> </floatingText> </div> </body> </text> </TEI> [0038]
Das Gespräch wurde unterbrochen durch Babet's Verlobten, der die Nachricht brachte, daß der Sequester nicht länger Rücksicht auf ihn nehmen und anderweitigen Abschluß des Apotheken-Verkaufes nickt mehr länger hinausschieben dürfe. Die letzte Frist sei bis übermorgen gestellt.
Alle versanken in trübes Schweigen.
Aus diesem klopfte sie der Briefträger auf, der eine Zuschrift aus Breslau überbrachte. Ein Universitätsfreund Gustav's, jetzt als Advocat in der Vaterstadt ansässig, schrieb mit juristischer Gedrungenheit Nachstehendes:
„Freund Tiesel! Der Proceß, den die vor und während unserer Belagerung Eingeäscherten gegen die Versicherungs-Anstalten geführt, ist auch in letzter Instanz gewonnen, dadurch die Hypothek der als Wittwe verstorbenen von Hanepich flüssig geworden und nun (rückständige Zinsen beigerechnet) ihre achttausend Thaler unter Brüdern werth. Nach deines Vaters und der Deinigen Ableben bleibst du alleiniger Erbe. Ich werde dir die Sache bestens abwickeln und ohne Verzug, wenn du mir umgehend das Document einsendest, ohne welches Nichts anzufangen. Ich gratulire dir, — wofern dein Alter in seinen Nöthen besagte Hypothek als hoffnungsloses Papier nicht etwa für einen Pappenstiel an den ersten besten feinnasigen Wucherer verkauft und cediret hat. Dann müßten wir uns den Mund wischen. Schicktest du gleich, so
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Zitationshilfe: | Holtei, Karl von: 's Muhme-Leutnant-Saloppel. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 12. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 195–231. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_saloppel_1910/38>, abgerufen am 05.07.2024. |