Holtei, Karl von: 's Muhme-Leutnant-Saloppel. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 12. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 195–231. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.weiblichen Nachwüchse zu Zeiten gut angebracht sein dürften. Lene und Fritzel schossen an körperlicher Größe wie an Untugenden wild empor, dem Unkraute ähnlich. Vater Tiesel zeigte sich zu schwach, sie im Zaume zu halten; Mutter Grittel mit ihrer fortdauernden Kränklichkeit wurde bald zu schwach, die widerspenstigen Bälge zu bewältigen. Die Muhme-Lieutnanten hatte ihr Kreuz und Leid mit ihnen und nannte sie oft (natürlich leise) ihren in zwei Mädel umgewandelten Hanepich. Gustel, der brave Junge, ärgerte sich fast zu Schanden über diese Schwestern und bat Gott, er möchte ihn bald kräftig genug werden lassen, um es mit Beiden aufzunehmen. Alles, sprach er, will ich ihnen verzeihen, aber daß sie gegen unsere Wohlthäterin undankbar sind', daß sie sich schämen, mit ihr auszugehen, daß sie über 's Muhme-Lieutnant-Saloppel Schimpfreden ausstoßen und dabei doch immer zuerst nach der inwendigen Tasche greifen, ob was für sie darin steckt ... das verzeih' ich ihnen nicht. Je mehr sich Lene und Fritzel in ihrer albernen Eitelkeit, Putzsucht, vorzeitigen Koketterie von Muhme Wawerle abwendeten, desto inniger schloß Gustel sich an sie an, machte sich zu ihrem steten Führer und Begleiter, stellte die kleine Alte in seinem Herzen fast über die eigenen Eltern und verlangte für sich, indem er Jenen jeden Zuschuß, den Wawerle's Freigebigkeit weiblichen Nachwüchse zu Zeiten gut angebracht sein dürften. Lene und Fritzel schossen an körperlicher Größe wie an Untugenden wild empor, dem Unkraute ähnlich. Vater Tiesel zeigte sich zu schwach, sie im Zaume zu halten; Mutter Grittel mit ihrer fortdauernden Kränklichkeit wurde bald zu schwach, die widerspenstigen Bälge zu bewältigen. Die Muhme-Lieutnanten hatte ihr Kreuz und Leid mit ihnen und nannte sie oft (natürlich leise) ihren in zwei Mädel umgewandelten Hanepich. Gustel, der brave Junge, ärgerte sich fast zu Schanden über diese Schwestern und bat Gott, er möchte ihn bald kräftig genug werden lassen, um es mit Beiden aufzunehmen. Alles, sprach er, will ich ihnen verzeihen, aber daß sie gegen unsere Wohlthäterin undankbar sind', daß sie sich schämen, mit ihr auszugehen, daß sie über 's Muhme-Lieutnant-Saloppel Schimpfreden ausstoßen und dabei doch immer zuerst nach der inwendigen Tasche greifen, ob was für sie darin steckt ... das verzeih' ich ihnen nicht. Je mehr sich Lene und Fritzel in ihrer albernen Eitelkeit, Putzsucht, vorzeitigen Koketterie von Muhme Wawerle abwendeten, desto inniger schloß Gustel sich an sie an, machte sich zu ihrem steten Führer und Begleiter, stellte die kleine Alte in seinem Herzen fast über die eigenen Eltern und verlangte für sich, indem er Jenen jeden Zuschuß, den Wawerle's Freigebigkeit <TEI> <text> <body> <div type="chapter" n="2"> <p><pb facs="#f0018"/> weiblichen Nachwüchse zu Zeiten gut angebracht sein dürften.</p><lb/> <p>Lene und Fritzel schossen an körperlicher Größe wie an Untugenden wild empor, dem Unkraute ähnlich. Vater Tiesel zeigte sich zu schwach, sie im Zaume zu halten; Mutter Grittel mit ihrer fortdauernden Kränklichkeit wurde bald zu schwach, die widerspenstigen Bälge zu bewältigen. Die Muhme-Lieutnanten hatte ihr Kreuz und Leid mit ihnen und nannte sie oft (natürlich leise) ihren in zwei Mädel umgewandelten Hanepich.</p><lb/> <p>Gustel, der brave Junge, ärgerte sich fast zu Schanden über diese Schwestern und bat Gott, er möchte ihn bald kräftig genug werden lassen, um es mit Beiden aufzunehmen. Alles, sprach er, will ich ihnen verzeihen, aber daß sie gegen unsere Wohlthäterin undankbar sind', daß sie sich schämen, mit ihr auszugehen, daß sie über 's Muhme-Lieutnant-Saloppel Schimpfreden ausstoßen und dabei doch immer zuerst nach der inwendigen Tasche greifen, ob was für sie darin steckt ... das verzeih' ich ihnen nicht.</p><lb/> <p>Je mehr sich Lene und Fritzel in ihrer albernen Eitelkeit, Putzsucht, vorzeitigen Koketterie von Muhme Wawerle abwendeten, desto inniger schloß Gustel sich an sie an, machte sich zu ihrem steten Führer und Begleiter, stellte die kleine Alte in seinem Herzen fast über die eigenen Eltern und verlangte für sich, indem er Jenen jeden Zuschuß, den Wawerle's Freigebigkeit<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0018]
weiblichen Nachwüchse zu Zeiten gut angebracht sein dürften.
Lene und Fritzel schossen an körperlicher Größe wie an Untugenden wild empor, dem Unkraute ähnlich. Vater Tiesel zeigte sich zu schwach, sie im Zaume zu halten; Mutter Grittel mit ihrer fortdauernden Kränklichkeit wurde bald zu schwach, die widerspenstigen Bälge zu bewältigen. Die Muhme-Lieutnanten hatte ihr Kreuz und Leid mit ihnen und nannte sie oft (natürlich leise) ihren in zwei Mädel umgewandelten Hanepich.
Gustel, der brave Junge, ärgerte sich fast zu Schanden über diese Schwestern und bat Gott, er möchte ihn bald kräftig genug werden lassen, um es mit Beiden aufzunehmen. Alles, sprach er, will ich ihnen verzeihen, aber daß sie gegen unsere Wohlthäterin undankbar sind', daß sie sich schämen, mit ihr auszugehen, daß sie über 's Muhme-Lieutnant-Saloppel Schimpfreden ausstoßen und dabei doch immer zuerst nach der inwendigen Tasche greifen, ob was für sie darin steckt ... das verzeih' ich ihnen nicht.
Je mehr sich Lene und Fritzel in ihrer albernen Eitelkeit, Putzsucht, vorzeitigen Koketterie von Muhme Wawerle abwendeten, desto inniger schloß Gustel sich an sie an, machte sich zu ihrem steten Führer und Begleiter, stellte die kleine Alte in seinem Herzen fast über die eigenen Eltern und verlangte für sich, indem er Jenen jeden Zuschuß, den Wawerle's Freigebigkeit
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Zitationshilfe: | Holtei, Karl von: 's Muhme-Leutnant-Saloppel. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 12. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 195–231. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_saloppel_1910/18>, abgerufen am 05.07.2024. |