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Hohberg, Wolf Helmhard von: Georgica Curiosa. Bd. 2. Nürnberg, 1682.

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Des Adelichen Land- und Feld-Lebens
[Spaltenumbruch] Lobwürdiger und Tugendsamer Fürst/ der in seinem Land
die Maulbeerbäume pflantzen und Seidenwürm-Häuser
und Werckstätte aufrichten lassen/ welches so guten
Fortgang gewonnen/ daß es die jenigen selbst für eine
nutzbare Anstalt halten müssen/ die es anfänglich/ aus
Meynung/ unser Teutschland wäre zu kalt/ starck wider-
[Spaltenumbruch] rahten haben. Jn unsern Oesterreichischen Erbländern
ist es (so viel ich weiß) anfangs von denen Hochlöbli-
chen Liechtensteinischen Fürsten angefangen/ und endlich
vor wenig Jahren auch die Seiden-Compagnia auf-
gerichtet worden; darzu GOtt ferner seinen Segen ge-
ben wolle.

Cap. III.
Wie das Land zu den Seidenwürmern müsse beschaffen seyn.
[Spaltenumbruch]

JCh hätte wol allhier schöne Gelegenheit/ meines
lieben Vatterlands Oesterreich Lob heraus zu
streichen/ wenn ich mich nicht erinnerte/ daß man
mir einstreuen möchte/ hat es doch Niemand jemals ge-
schändet/ also solches auch meines Encomii unbedürff-
tig sey/ welches dann die Warheit/ jedoch halte ich da-
für/ daß an denen Orten unsers Vatterlands/ wo es so
schöne und köstliche Weingebürge/ fruchtbaren Boden/
und schön temperirtes Gewitter giebt/ nicht allein die
weissen Maulbeerbäume (welches schon der Augenschein
durch die Erfahrung bestättiget) sondern auch die Sei-
den-Arbeit so wol und glücklich solte gut thun/ daß nicht
allein das Land reichlich damit versehen seyn/ sondern
auch ein guter Uberschuß und nicht geringer Gewinn dem
Land zuwachsen solte.

Herr de Serres ist der Meynung/ daß wo nur die
weissen Maulbeerbäum aufzubringen/ man die Seiden-
würme wol halten könne; diese Arbeit ist auch darum
desto erwünschter/ weil dardurch keine grosse Feld-Arbeit
verhindert wird/ indem diese Seidengeschäffte auf das
meiste im Majo, Junio und Julio verrichtet sind/ da die
Leute ohnediß nicht viel zu thun/ daher auch viel leichter
zu bekommen und zu besolden seyen. Zudem bedarf/ die-
se Arbeit mehr Sauberkeit und Geschicklichkeit/ als
grosse Stärcke/ also daß auch alte erlebte Leute/ junge
[Spaltenumbruch] Knaben und Mägdlein/ und sonst Dürfftige/ die wenig
zu leben haben/ wol können darzu gebraucht/ und also
neben dem grossen Nutzen/ auch ein treffliches Allmosen
kan abgelegt werden; also daß man überall/ wo nur
weisse Maulbeerbäume wachsen/ das Seidenwesen an-
stellen kan/ und hat wenig auf sich/ daß es an einem Ort
später oder früher geschihet/ wann man nur seinen
Zweck damit erreichen/ und den Nutzen davon erheben
kan.

Wer hätte zu Cornelii Taciti Zeiten sagen dörffen/
Teutschland werde einmal mit so grossen und nutzbaren
Weingebürgen beseeliget werden? Wer hätte vor etlich
hundert Jahren geglaubt/ daß so viel ausländische Thier/
seltzame fremde Gewächse und Blumen/ aus den ferne-
sten Jndianischen Provinzen nicht allein überbracht wer-
den/ sondern auch einheimisch/ also unserer Lufft und
Grundes gewohnen solten/ daß sie jetzo fast in allen
Mayerhöfen und Gärten häuffig zu finden sind; und
weil diese Monat über/ darinnen man mit den Seiden-
würmern beschäfftiget ist/ fast die gelindesten und tempe-
rirtesten im Jahr sind/ auch die Hitz diesen Thierlein
nicht zuwider/ wann sie nur vor den Sonnenstrahlen be-
decket/ und sie von der Lufft angewähet und erfrischet
werden/ als kan man auch diese Arbeit desto getroster
angreiffen und ausführen.

Cap. IV.
Von den Maulbeerbäumen ins gemein.
[Spaltenumbruch]

EHe wir gar zur Natur/ Art und Wartung der
Seidenwürme schreiten/ und so wol alle Umstän-
de dabey/ als auch derselbigen Nutzung betrach-
ten/ wollen wir vorhero um deren Unterhaltung und
Magazin uns bekümmern/ denn ungereimt scheinet/ ei-
nen Gast in ein ödes Hause beherbergen wollen/ und die-
se kleine Spinnerinnen und Pallas-Kinder vorher eine
gute Kuchen und vollen Kropff haben müssen/ ehe sie den
Lust zur Arbeit bekommen; und die Soldaten sind viel
muthiger/ ihren Feldzug anzutretten/ und dem Feind un-
ter Augen zu ziehen/ wann sie vorher wol armirt/ mit
aller Nothdurfft versehen/ und mit einem guten behäg-
lichen Winter-Quartier/ sonderlich aber mit einem er-
klecklichen Magazin, den Feldzug über/ versorgt werden.
Von den schwartzen/ und in unsern Gärten gemeinen
Maulbeerbäumen/ ist allbereit in unsern Gartenbüchern
gedacht worden/ daher unvonnöthen/ verdrießliche Wie-
derhohlungen zu machen. Was die Frucht anlangt/ kan
niemand laugnen/ daß sie die weissen/ so wol an der Grös-
se/ als auch an der Lieblichkeit und Gebrauch in der Artz-
ney weit übertreffen; was aber die Zärtigkeit der Blät-
ter und Nutzen des Seidenhandels betrifft/ auch daß sie
[Spaltenumbruch] in der Artzney in gewissen Fällen dienlich sind/ mögen sie
dißfalls den schwartzen wol mit guten Recht/ wo nicht
vorgezogen/ doch gleich geschätzet seyn; sie treiben alle
spat/ und erst wann keine Kälte mehr zu gewarten ist; die
schwartzen haben grosse harte dunckelgrüne/ die weissen
aber linde liechtgrüne Blätter/ auch eine weissere Rin-
den.

Diese weissen Maulbeer/ theilet Herr de Serres
wieder in dreyerley Arten/ die theils weisse/ theils rothe
und schwartze Früchte bringen/ doch weil sie alle einerley
Sorten Blätter haben/ werden sie auch weiß genennet/
die Frucht ist klein und ungeschmack. Die schwartzen
grossen Maulbeerblätter machen grobe/ starcke und schwe-
re Seiden/ die weissen aber zarte und subtile/ daher die
Seidenwürme an vielen Orten von des schwartzen
Maulbeerbaums-Blättern allein unterhalten werden;
wo man aber neue Bäume ziegeln muß/ ist zu diesen
Werck allweg besser und rathsamer/ weisse Maulbeer zu
pflantzen/ denn sie wachsen leichter und in zwey Jahren
mehr/ als die schwartzen in fünffen oder sechsen; so schla-
gen auch die weissen um ein paar Wochen eher aus/ als
die schwartzen/ welches auch einen Vortheil bringt/ diese

Arbeit

Des Adelichen Land- und Feld-Lebens
[Spaltenumbruch] Lobwuͤrdiger und Tugendſamer Fuͤrſt/ der in ſeinem Land
die Maulbeerbaͤume pflantzen und Seidenwuͤrm-Haͤuſer
und Werckſtaͤtte aufrichten laſſen/ welches ſo guten
Fortgang gewonnen/ daß es die jenigen ſelbſt fuͤr eine
nutzbare Anſtalt halten muͤſſen/ die es anfaͤnglich/ aus
Meynung/ unſer Teutſchland waͤre zu kalt/ ſtarck wider-
[Spaltenumbruch] rahten haben. Jn unſern Oeſterreichiſchen Erblaͤndern
iſt es (ſo viel ich weiß) anfangs von denen Hochloͤbli-
chen Liechtenſteiniſchen Fuͤrſten angefangen/ und endlich
vor wenig Jahren auch die Seiden-Compagnia auf-
gerichtet worden; darzu GOtt ferner ſeinen Segen ge-
ben wolle.

Cap. III.
Wie das Land zu den Seidenwuͤrmern muͤſſe beſchaffen ſeyn.
[Spaltenumbruch]

JCh haͤtte wol allhier ſchoͤne Gelegenheit/ meines
lieben Vatterlands Oeſterreich Lob heraus zu
ſtreichen/ wenn ich mich nicht erinnerte/ daß man
mir einſtreuen moͤchte/ hat es doch Niemand jemals ge-
ſchaͤndet/ alſo ſolches auch meines Encomii unbeduͤrff-
tig ſey/ welches dann die Warheit/ jedoch halte ich da-
fuͤr/ daß an denen Orten unſers Vatterlands/ wo es ſo
ſchoͤne und koͤſtliche Weingebuͤrge/ fruchtbaren Boden/
und ſchoͤn temperirtes Gewitter giebt/ nicht allein die
weiſſen Maulbeerbaͤume (welches ſchon der Augenſchein
durch die Erfahrung beſtaͤttiget) ſondern auch die Sei-
den-Arbeit ſo wol und gluͤcklich ſolte gut thun/ daß nicht
allein das Land reichlich damit verſehen ſeyn/ ſondern
auch ein guter Uberſchuß und nicht geringer Gewinn dem
Land zuwachſen ſolte.

Herꝛ de Serres iſt der Meynung/ daß wo nur die
weiſſen Maulbeerbaͤum aufzubringen/ man die Seiden-
wuͤrme wol halten koͤnne; dieſe Arbeit iſt auch darum
deſto erwuͤnſchter/ weil dardurch keine groſſe Feld-Arbeit
verhindert wird/ indem dieſe Seidengeſchaͤffte auf das
meiſte im Majo, Junio und Julio verrichtet ſind/ da die
Leute ohnediß nicht viel zu thun/ daher auch viel leichter
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ſe Arbeit mehr Sauberkeit und Geſchicklichkeit/ als
groſſe Staͤrcke/ alſo daß auch alte erlebte Leute/ junge
[Spaltenumbruch] Knaben und Maͤgdlein/ und ſonſt Duͤrfftige/ die wenig
zu leben haben/ wol koͤnnen darzu gebraucht/ und alſo
neben dem groſſen Nutzen/ auch ein treffliches Allmoſen
kan abgelegt werden; alſo daß man uͤberall/ wo nur
weiſſe Maulbeerbaͤume wachſen/ das Seidenweſen an-
ſtellen kan/ und hat wenig auf ſich/ daß es an einem Ort
ſpaͤter oder fruͤher geſchihet/ wann man nur ſeinen
Zweck damit erreichen/ und den Nutzen davon erheben
kan.

Wer haͤtte zu Cornelii Taciti Zeiten ſagen doͤrffen/
Teutſchland werde einmal mit ſo groſſen und nutzbaren
Weingebuͤrgen beſeeliget werden? Wer haͤtte vor etlich
hundert Jahren geglaubt/ daß ſo viel auslaͤndiſche Thier/
ſeltzame fremde Gewaͤchſe und Blumen/ aus den ferne-
ſten Jndianiſchen Provinzen nicht allein uͤberbracht wer-
den/ ſondern auch einheimiſch/ alſo unſerer Lufft und
Grundes gewohnen ſolten/ daß ſie jetzo faſt in allen
Mayerhoͤfen und Gaͤrten haͤuffig zu finden ſind; und
weil dieſe Monat uͤber/ darinnen man mit den Seiden-
wuͤrmern beſchaͤfftiget iſt/ faſt die gelindeſten und tempe-
rirteſten im Jahr ſind/ auch die Hitz dieſen Thierlein
nicht zuwider/ wann ſie nur vor den Sonnenſtrahlen be-
decket/ und ſie von der Lufft angewaͤhet und erfriſchet
werden/ als kan man auch dieſe Arbeit deſto getroſter
angreiffen und ausfuͤhren.

Cap. IV.
Von den Maulbeerbaͤumen ins gemein.
[Spaltenumbruch]

EHe wir gar zur Natur/ Art und Wartung der
Seidenwuͤrme ſchreiten/ und ſo wol alle Umſtaͤn-
de dabey/ als auch derſelbigen Nutzung betrach-
ten/ wollen wir vorhero um deren Unterhaltung und
Magazin uns bekuͤmmern/ denn ungereimt ſcheinet/ ei-
nen Gaſt in ein oͤdes Hauſe beherbergen wollen/ und die-
ſe kleine Spinnerinnen und Pallas-Kinder vorher eine
gute Kuchen und vollen Kropff haben muͤſſen/ ehe ſie den
Luſt zur Arbeit bekommen; und die Soldaten ſind viel
muthiger/ ihren Feldzug anzutretten/ und dem Feind un-
ter Augen zu ziehen/ wann ſie vorher wol armirt/ mit
aller Nothdurfft verſehen/ und mit einem guten behaͤg-
lichen Winter-Quartier/ ſonderlich aber mit einem er-
klecklichen Magazin, den Feldzug uͤber/ verſorgt werden.
Von den ſchwartzen/ und in unſern Gaͤrten gemeinen
Maulbeerbaͤumen/ iſt allbereit in unſern Gartenbuͤchern
gedacht worden/ daher unvonnoͤthen/ verdrießliche Wie-
derhohlungen zu machen. Was die Frucht anlangt/ kan
niemand laugnen/ daß ſie die weiſſen/ ſo wol an der Groͤſ-
ſe/ als auch an der Lieblichkeit und Gebrauch in der Artz-
ney weit uͤbertreffen; was aber die Zaͤrtigkeit der Blaͤt-
ter und Nutzen des Seidenhandels betrifft/ auch daß ſie
[Spaltenumbruch] in der Artzney in gewiſſen Faͤllen dienlich ſind/ moͤgen ſie
dißfalls den ſchwartzen wol mit guten Recht/ wo nicht
vorgezogen/ doch gleich geſchaͤtzet ſeyn; ſie treiben alle
ſpat/ und erſt wann keine Kaͤlte mehr zu gewarten iſt; die
ſchwartzen haben groſſe harte dunckelgruͤne/ die weiſſen
aber linde liechtgruͤne Blaͤtter/ auch eine weiſſere Rin-
den.

Dieſe weiſſen Maulbeer/ theilet Herꝛ de Serres
wieder in dreyerley Arten/ die theils weiſſe/ theils rothe
und ſchwartze Fruͤchte bringen/ doch weil ſie alle einerley
Sorten Blaͤtter haben/ werden ſie auch weiß genennet/
die Frucht iſt klein und ungeſchmack. Die ſchwartzen
groſſen Maulbeerblaͤtter machen grobe/ ſtarcke und ſchwe-
re Seiden/ die weiſſen aber zarte und ſubtile/ daher die
Seidenwuͤrme an vielen Orten von des ſchwartzen
Maulbeerbaums-Blaͤttern allein unterhalten werden;
wo man aber neue Baͤume ziegeln muß/ iſt zu dieſen
Werck allweg beſſer und rathſamer/ weiſſe Maulbeer zu
pflantzen/ denn ſie wachſen leichter und in zwey Jahren
mehr/ als die ſchwartzen in fuͤnffen oder ſechſen; ſo ſchla-
gen auch die weiſſen um ein paar Wochen eher aus/ als
die ſchwartzen/ welches auch einen Vortheil bringt/ dieſe

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[408/0426] Des Adelichen Land- und Feld-Lebens Lobwuͤrdiger und Tugendſamer Fuͤrſt/ der in ſeinem Land die Maulbeerbaͤume pflantzen und Seidenwuͤrm-Haͤuſer und Werckſtaͤtte aufrichten laſſen/ welches ſo guten Fortgang gewonnen/ daß es die jenigen ſelbſt fuͤr eine nutzbare Anſtalt halten muͤſſen/ die es anfaͤnglich/ aus Meynung/ unſer Teutſchland waͤre zu kalt/ ſtarck wider- rahten haben. Jn unſern Oeſterreichiſchen Erblaͤndern iſt es (ſo viel ich weiß) anfangs von denen Hochloͤbli- chen Liechtenſteiniſchen Fuͤrſten angefangen/ und endlich vor wenig Jahren auch die Seiden-Compagnia auf- gerichtet worden; darzu GOtt ferner ſeinen Segen ge- ben wolle. Cap. III. Wie das Land zu den Seidenwuͤrmern muͤſſe beſchaffen ſeyn. JCh haͤtte wol allhier ſchoͤne Gelegenheit/ meines lieben Vatterlands Oeſterreich Lob heraus zu ſtreichen/ wenn ich mich nicht erinnerte/ daß man mir einſtreuen moͤchte/ hat es doch Niemand jemals ge- ſchaͤndet/ alſo ſolches auch meines Encomii unbeduͤrff- tig ſey/ welches dann die Warheit/ jedoch halte ich da- fuͤr/ daß an denen Orten unſers Vatterlands/ wo es ſo ſchoͤne und koͤſtliche Weingebuͤrge/ fruchtbaren Boden/ und ſchoͤn temperirtes Gewitter giebt/ nicht allein die weiſſen Maulbeerbaͤume (welches ſchon der Augenſchein durch die Erfahrung beſtaͤttiget) ſondern auch die Sei- den-Arbeit ſo wol und gluͤcklich ſolte gut thun/ daß nicht allein das Land reichlich damit verſehen ſeyn/ ſondern auch ein guter Uberſchuß und nicht geringer Gewinn dem Land zuwachſen ſolte. Herꝛ de Serres iſt der Meynung/ daß wo nur die weiſſen Maulbeerbaͤum aufzubringen/ man die Seiden- wuͤrme wol halten koͤnne; dieſe Arbeit iſt auch darum deſto erwuͤnſchter/ weil dardurch keine groſſe Feld-Arbeit verhindert wird/ indem dieſe Seidengeſchaͤffte auf das meiſte im Majo, Junio und Julio verrichtet ſind/ da die Leute ohnediß nicht viel zu thun/ daher auch viel leichter zu bekommen und zu beſolden ſeyen. Zudem bedarf/ die- ſe Arbeit mehr Sauberkeit und Geſchicklichkeit/ als groſſe Staͤrcke/ alſo daß auch alte erlebte Leute/ junge Knaben und Maͤgdlein/ und ſonſt Duͤrfftige/ die wenig zu leben haben/ wol koͤnnen darzu gebraucht/ und alſo neben dem groſſen Nutzen/ auch ein treffliches Allmoſen kan abgelegt werden; alſo daß man uͤberall/ wo nur weiſſe Maulbeerbaͤume wachſen/ das Seidenweſen an- ſtellen kan/ und hat wenig auf ſich/ daß es an einem Ort ſpaͤter oder fruͤher geſchihet/ wann man nur ſeinen Zweck damit erreichen/ und den Nutzen davon erheben kan. Wer haͤtte zu Cornelii Taciti Zeiten ſagen doͤrffen/ Teutſchland werde einmal mit ſo groſſen und nutzbaren Weingebuͤrgen beſeeliget werden? Wer haͤtte vor etlich hundert Jahren geglaubt/ daß ſo viel auslaͤndiſche Thier/ ſeltzame fremde Gewaͤchſe und Blumen/ aus den ferne- ſten Jndianiſchen Provinzen nicht allein uͤberbracht wer- den/ ſondern auch einheimiſch/ alſo unſerer Lufft und Grundes gewohnen ſolten/ daß ſie jetzo faſt in allen Mayerhoͤfen und Gaͤrten haͤuffig zu finden ſind; und weil dieſe Monat uͤber/ darinnen man mit den Seiden- wuͤrmern beſchaͤfftiget iſt/ faſt die gelindeſten und tempe- rirteſten im Jahr ſind/ auch die Hitz dieſen Thierlein nicht zuwider/ wann ſie nur vor den Sonnenſtrahlen be- decket/ und ſie von der Lufft angewaͤhet und erfriſchet werden/ als kan man auch dieſe Arbeit deſto getroſter angreiffen und ausfuͤhren. Cap. IV. Von den Maulbeerbaͤumen ins gemein. EHe wir gar zur Natur/ Art und Wartung der Seidenwuͤrme ſchreiten/ und ſo wol alle Umſtaͤn- de dabey/ als auch derſelbigen Nutzung betrach- ten/ wollen wir vorhero um deren Unterhaltung und Magazin uns bekuͤmmern/ denn ungereimt ſcheinet/ ei- nen Gaſt in ein oͤdes Hauſe beherbergen wollen/ und die- ſe kleine Spinnerinnen und Pallas-Kinder vorher eine gute Kuchen und vollen Kropff haben muͤſſen/ ehe ſie den Luſt zur Arbeit bekommen; und die Soldaten ſind viel muthiger/ ihren Feldzug anzutretten/ und dem Feind un- ter Augen zu ziehen/ wann ſie vorher wol armirt/ mit aller Nothdurfft verſehen/ und mit einem guten behaͤg- lichen Winter-Quartier/ ſonderlich aber mit einem er- klecklichen Magazin, den Feldzug uͤber/ verſorgt werden. Von den ſchwartzen/ und in unſern Gaͤrten gemeinen Maulbeerbaͤumen/ iſt allbereit in unſern Gartenbuͤchern gedacht worden/ daher unvonnoͤthen/ verdrießliche Wie- derhohlungen zu machen. Was die Frucht anlangt/ kan niemand laugnen/ daß ſie die weiſſen/ ſo wol an der Groͤſ- ſe/ als auch an der Lieblichkeit und Gebrauch in der Artz- ney weit uͤbertreffen; was aber die Zaͤrtigkeit der Blaͤt- ter und Nutzen des Seidenhandels betrifft/ auch daß ſie in der Artzney in gewiſſen Faͤllen dienlich ſind/ moͤgen ſie dißfalls den ſchwartzen wol mit guten Recht/ wo nicht vorgezogen/ doch gleich geſchaͤtzet ſeyn; ſie treiben alle ſpat/ und erſt wann keine Kaͤlte mehr zu gewarten iſt; die ſchwartzen haben groſſe harte dunckelgruͤne/ die weiſſen aber linde liechtgruͤne Blaͤtter/ auch eine weiſſere Rin- den. Dieſe weiſſen Maulbeer/ theilet Herꝛ de Serres wieder in dreyerley Arten/ die theils weiſſe/ theils rothe und ſchwartze Fruͤchte bringen/ doch weil ſie alle einerley Sorten Blaͤtter haben/ werden ſie auch weiß genennet/ die Frucht iſt klein und ungeſchmack. Die ſchwartzen groſſen Maulbeerblaͤtter machen grobe/ ſtarcke und ſchwe- re Seiden/ die weiſſen aber zarte und ſubtile/ daher die Seidenwuͤrme an vielen Orten von des ſchwartzen Maulbeerbaums-Blaͤttern allein unterhalten werden; wo man aber neue Baͤume ziegeln muß/ iſt zu dieſen Werck allweg beſſer und rathſamer/ weiſſe Maulbeer zu pflantzen/ denn ſie wachſen leichter und in zwey Jahren mehr/ als die ſchwartzen in fuͤnffen oder ſechſen; ſo ſchla- gen auch die weiſſen um ein paar Wochen eher aus/ als die ſchwartzen/ welches auch einen Vortheil bringt/ dieſe Arbeit

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Zitationshilfe: Hohberg, Wolf Helmhard von: Georgica Curiosa. Bd. 2. Nürnberg, 1682, S. 408. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hohberg_georgica02_1682/426>, abgerufen am 26.11.2024.