Cap. LXXIII. Vom Reiben und Streichen der Gliedmassen.
[Spaltenumbruch]
UNter andern zur Gesundheit dienenden Mitteln/ ist auch das Reiben und Streichen der Gliedmassen/ nicht allein von den Alten/ sondern auch von den jetzigen Gelehrten und Medicis für eine nicht kleine Bey- hülffe gehalten worden. Die jenigen/ so die Orientalischen Reisen beschrieben haben/ melden sonderlich von den Tür- ckischen Bädern/ daß sie den ankommenden Badgästen die Glieder/ Arm/ Hände/ Schenckel und Ruckgrad mit Streichen und gelinden Tretten also einrichten/ daß sie sich darauf wol disponirt befinden; haben auch die alten Römer/ wie bey Hieronymo Mercuriali in sei- nen Büchern de Arte gymnastica zu sehen/ ihre Itri- giles, aber nicht mit scharffen Zähnen/ wie man die Pfer- de strigelt/ sondern gantz glatt/ etwas krumm/ so wol die Armen Hals und Schenckel/ als auch umgekehrt den Ruckgrad zu reiben gehabt/ die/ wie Hieronymus Mercurialis meldet/ aus Gold/ Silber/ Eysen/ Horn/ Helffenbein/ oder Ertzt (deren Abbildung daselbst lib. 1. c. 8. zu sehen) gemacht worden/ und hat jeder/ was vornehm war/ seine eigne solche Strigel gehabt/ damit sie nach dem Bad von ihren Sclaven oder den Bad- Jungen sind bedienet worden. Es haben auch die Athletae sich/ nach vollbrachter Arbeit/ damit streichen lassen/ nicht allein das Oel/ Sand und Schweiß da- mit abzubringen/ sondern auch die ermüdeten Glied- massen wieder zu erfrischen/ und einzurichten. Die Al- ten/ nach dem sie sich wol abreiben lassen/ haben sich hernach mit lauen Baum-Oel oder süssen Mandel-Oel salben/ und solches wol einreiben lassen; diß erwärmet/ erweichet/ befeuchtet/ stärcket und ziehet die Müdigkeit aus den Gliedmassen/ machet sie gängig und frisch/ ist sonderlich alten und dörrsüchtigen Leuten gesund; der Leib muß vorher wol abgerieben/ hernach mit warmen Tü- chern umbhüllt/ und ein wenig im Bette/ frühe etwan 2. Stunde vor Essen/ geblieben werden: besser ist/ man thue es/ ehe man aus den Bette zu Morgens aufstehet. Daher auch der alte über 90. Jahr lebende Pollio dem Kayser Augusto, der ihn/ woher er so alt worden/ gefragt/ geantwortet hat/ intus mulso, floris oleo, daß er Meth getruncken/ und seinen Ruckgrad und Glied- massen mit Oel gesalbt und fein starck und wol solches eingerieben. So ist es doch gewiß/ daß die vom Hirn auf den hindern Theil des Leibes/ den Hals/ die Mandel/ in nucham & scapulas fallende Flüsse/ wann man sie Mor- gens und Abends/ entweder nur mit beeden blössen fla- chen Händen selbst/ oder durch jemand andern sich rei- [Spaltenumbruch]
ben/ auch mit warmen von Weyrauch und Flüßrauch bedünsten Tüchern wol abwerts streichen lasset/ sonder- lich den Ruckgrad von Hals an/ biß auf die Lenden/ daß die sich sonst einhafftende Flüsse dardurch bewogen/ und fortgetrieben werden/ dabey zu notiren/ was D. Andr. Laurentius in lib. de Senectute cap. 8. saget: A ventris frictione quisque cavere debet, quia con- coctionem impedit, humores crudos in corpus trans- fert, ventriculum subvertit, & caput turbat. Sonst aber können/ durch Reibung der übrigen Gliedmassen/ die Lebens- und Thierischen Geister/ denen sonst von solchen zähen Schleimen die Strasse gleichsam verlegt wird/ desto ungehinderter zur Vegetation der Glieder ihren Fortgang haben. Daher sind auch etliche Medici der Meinung/ daß dieses Reiben und Streichen die Glieder völliger und fleischiger mache/ weil dardurch sowol das Geblüt/ als die Spiritus animales mehr zufliessen/ und das Aufnehmen be- fördern/ was von faulen Schleimen zwifchen Haut und Fleisch stecken und nicht weichen will/ also zur Vertheilung oder Ausdünstung nöthigen/ die Schweißlöcher erwärmen und erweitern/ davon Herr Franc. Bacon. in historia na- turali exper. 877. sagt: Frictio partes reddit magis car- nosas & plenas, uti patet in homine & equis depecten- dis, causa est, quia plus spirituum & sanguinis ad partes retrahitur, alimentum in exteriora validius elicitur, pororum relaxatio, faciliorem Spiritibus, sanguini & alimento viam praebet, inutilis & excre- mentitius humor in carne haerens digeritur, & dissipa- tur, omnia assimilationis adjumenta frictiones magis replent & impinguant corpus, quam exercitia, quia frictio partibus internis indulget quietem, quas exer- citatio saepe nimis agitat, unde Remiges plerumque pingues & carnosi sunt, quia membra exteriora magis in motu sunt, quam internae partes. Jn Summa es soll dem Leib besser gedeyen/ als die Ubung/ weil diese die inwendigen Glieder offt verunruhiget/ und an ihrer Fun- ction verhindert/ jene aber nur den eusserlichen Theil der Haut berühret/ die Intestina aber ruhen lässet; doch muß alles mit seiner Maß sittsam gebraucht werden/ denn allzustarckes Reiben machet das Fleisch dick/ das gelinde aber löset auf/ erweichet und erweitert. Das öfftere Reiben verringert das Fleisch/ und macht mager/ daher sich der Mittelmaß zu gebrauchen. Also werden auch von etlichen mit gutem Success die Ventosen und trockene Köpffel gebraucht/ damit sie von oben her am Ru- cken/ von der Nucha an/ die Flüsse glücklich abwerts ziehen.
Cap. LXXIV. Mässige Bewegung und Leibes-Ubung.
[Spaltenumbruch]
BLeichwie ein Wasser/ das nie bewegt wird/ leichtlich zur Fäulung sich verkehret: also sind die Feuchtigkeiten des menschlichen Leibes/ wo sie nicht durch Exercitien und Ubungen erwärmet/ be- wogen und angespornet werden/ bald zu einer verderbli- chen constitution geneiget. Wir reden allhier nicht von starcken und mühesamen Leibs-Ubungen/ sondern [Spaltenumbruch]
allein von denen/ welche mit ihrer moderirten Wärme der Gesundheit zum besten dienen/ weil sie das Untaug- liche von dem Guten absondern und ausführen/ die Glie- der befestigen und stärcken; die grössern Excrementa werden zwar durch ihre natürliche Gänge ausgetrieben/ die subtilern aber müssen allein durch die Ubung bewegt und ausgedünstet seyn; die Ubung verhindert die Re-
pletion,
Anderes Buch/ Haus-Vatter.
Cap. LXXIII. Vom Reiben und Streichen der Gliedmaſſen.
[Spaltenumbruch]
UNter andeꝛn zuꝛ Geſundheit dienenden Mitteln/ iſt auch das Reiben und Streichen der Gliedmaſſen/ nicht allein von den Alten/ ſondern auch von den jetzigen Gelehrten und Medicis fuͤr eine nicht kleine Bey- huͤlffe gehalten worden. Die jenigen/ ſo die Orientaliſchen Reiſen beſchriebẽ haben/ melden ſonderlich von den Tuͤr- ckiſchen Baͤdern/ daß ſie den ankommenden Badgaͤſten die Glieder/ Arm/ Haͤnde/ Schenckel und Ruckgrad mit Streichen und gelinden Tretten alſo einrichten/ daß ſie ſich darauf wol diſponirt befinden; haben auch die alten Roͤmer/ wie bey Hieronymo Mercuriali in ſei- nen Buͤchern de Arte gymnaſticâ zu ſehen/ ihre Itri- giles, aber nicht mit ſcharffen Zaͤhnen/ wie man die Pfer- de ſtrigelt/ ſondern gantz glatt/ etwas krumm/ ſo wol die Armen Hals und Schenckel/ als auch umgekehrt den Ruckgrad zu reiben gehabt/ die/ wie Hieronymus Mercurialis meldet/ aus Gold/ Silber/ Eyſen/ Horn/ Helffenbein/ oder Ertzt (deren Abbildung daſelbſt lib. 1. c. 8. zu ſehen) gemacht worden/ und hat jeder/ was vornehm war/ ſeine eigne ſolche Strigel gehabt/ damit ſie nach dem Bad von ihren Sclaven oder den Bad- Jungen ſind bedienet worden. Es haben auch die Athletæ ſich/ nach vollbrachter Arbeit/ damit ſtreichen laſſen/ nicht allein das Oel/ Sand und Schweiß da- mit abzubringen/ ſondern auch die ermuͤdeten Glied- maſſen wieder zu erfriſchen/ und einzurichten. Die Al- ten/ nach dem ſie ſich wol abreiben laſſen/ haben ſich hernach mit lauen Baum-Oel oder ſuͤſſen Mandel-Oel ſalben/ und ſolches wol einreiben laſſen; diß erwaͤrmet/ erweichet/ befeuchtet/ ſtaͤrcket und ziehet die Muͤdigkeit aus den Gliedmaſſen/ machet ſie gaͤngig und friſch/ iſt ſonderlich alten und doͤrrſuͤchtigen Leuten geſund; der Leib muß vorher wol abgerieben/ hernach mit warmen Tuͤ- chern umbhuͤllt/ und ein wenig im Bette/ fruͤhe etwan 2. Stunde vor Eſſen/ geblieben werden: beſſer iſt/ man thue es/ ehe man aus den Bette zu Morgens aufſtehet. Daher auch der alte uͤber 90. Jahr lebende Pollio dem Kayſer Auguſto, der ihn/ woher er ſo alt worden/ gefragt/ geantwortet hat/ intus mulſo, floris oleo, daß er Meth getruncken/ und ſeinen Ruckgrad und Glied- maſſen mit Oel geſalbt und fein ſtarck und wol ſolches eingerieben. So iſt es doch gewiß/ daß die vom Hirn auf den hindern Theil des Leibes/ den Hals/ die Mandel/ in nucham & ſcapulas fallende Fluͤſſe/ wañ man ſie Mor- gens und Abends/ entweder nur mit beeden bloͤſſen fla- chen Haͤnden ſelbſt/ oder durch jemand andern ſich rei- [Spaltenumbruch]
ben/ auch mit warmen von Weyrauch und Fluͤßrauch beduͤnſten Tuͤchern wol abwerts ſtreichen laſſet/ ſonder- lich den Ruckgrad von Hals an/ biß auf die Lenden/ daß die ſich ſonſt einhafftende Fluͤſſe dardurch bewogen/ und fortgetrieben werden/ dabey zu notiren/ was D. Andr. Laurentius in lib. de Senectute cap. 8. ſaget: A ventris frictione quisque cavere debet, quia con- coctionem impedit, humores crudos in corpus trans- fert, ventriculum ſubvertit, & caput turbat. Sonſt aber koͤnnen/ durch Reibung der uͤbrigen Gliedmaſſen/ die Lebens- und Thieriſchen Geiſter/ denen ſonſt von ſolchen zaͤhen Schleimen die Straſſe gleichſam verlegt wird/ deſto ungehinderter zur Vegetation der Glieder ihren Fortgang haben. Daher ſind auch etliche Medici der Meinung/ daß dieſes Reiben und Streichen die Glieder voͤlliger und fleiſchiger mache/ weil dardurch ſowol das Gebluͤt/ als die Spiritus animales mehr zuflieſſen/ uñ das Aufnehmen be- foͤrdern/ was von faulen Schleimen zwifchen Haut und Fleiſch ſtecken und nicht weichen will/ alſo zur Vertheilung oder Ausduͤnſtung noͤthigen/ die Schweißloͤcher erwaͤrmen und erweitern/ davon Herr Franc. Bacon. in hiſtoriâ na- turali exper. 877. ſagt: Frictio partes reddit magis car- noſas & plenas, uti patet in homine & equis depecten- dis, cauſa eſt, quia plus ſpirituum & ſanguinis ad partes retrahitur, alimentum in exteriora validius elicitur, pororum relaxatio, faciliorem Spiritibus, ſanguini & alimento viam præbet, inutilis & excre- mentitius humor in carne hærens digeritur, & diſſipa- tur, omnia aſſimilationis adjumenta frictiones magis replent & impinguant corpus, quàm exercitia, quia frictio partibus internis indulget quietem, quas exer- citatio ſæpè nimis agitat, unde Remiges plerumquè pingues & carnoſi ſunt, quia membra exteriora magis in motu ſunt, quàm internæ partes. Jn Summa es ſoll dem Leib beſſer gedeyen/ als die Ubung/ weil dieſe die inwendigen Glieder offt verunruhiget/ und an ihrer Fun- ction verhindert/ jene aber nur den euſſerlichen Theil der Haut beruͤhret/ die Inteſtina aber ruhen laͤſſet; doch muß alles mit ſeiner Maß ſittſam gebraucht werden/ denn allzuſtarckes Reiben machet das Fleiſch dick/ das gelinde aber loͤſet auf/ erweichet und erweitert. Das oͤfftere Reiben verringert das Fleiſch/ und macht mager/ daher ſich der Mittelmaß zu gebrauchen. Alſo werden auch von etlichen mit gutem Succeſs die Ventoſen und trockene Koͤpffel gebraucht/ damit ſie von oben her am Ru- ckẽ/ von der Nucha an/ die Fluͤſſe gluͤcklich abwerts ziehẽ.
Cap. LXXIV. Maͤſſige Bewegung und Leibes-Ubung.
[Spaltenumbruch]
BLeichwie ein Waſſer/ das nie bewegt wird/ leichtlich zur Faͤulung ſich verkehret: alſo ſind die Feuchtigkeiten des menſchlichen Leibes/ wo ſie nicht durch Exercitien und Ubungen erwaͤrmet/ be- wogen und angeſpornet werden/ bald zu einer verderbli- chen conſtitution geneiget. Wir reden allhier nicht von ſtarcken und muͤheſamen Leibs-Ubungen/ ſondern [Spaltenumbruch]
allein von denen/ welche mit ihrer moderirten Waͤrme der Geſundheit zum beſten dienen/ weil ſie das Untaug- liche von dem Guten abſondern und ausfuͤhren/ die Glie- der befeſtigen und ſtaͤrcken; die groͤſſern Excrementa werden zwar durch ihre natuͤrliche Gaͤnge ausgetrieben/ die ſubtilern aber muͤſſen allein durch die Ubung bewegt und ausgeduͤnſtet ſeyn; die Ubung verhindert die Re-
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[167/0185]
Anderes Buch/ Haus-Vatter.
Cap. LXXIII.
Vom Reiben und Streichen der Gliedmaſſen.
UNter andeꝛn zuꝛ Geſundheit dienenden Mitteln/ iſt
auch das Reiben und Streichen der Gliedmaſſen/
nicht allein von den Alten/ ſondern auch von den
jetzigen Gelehrten und Medicis fuͤr eine nicht kleine Bey-
huͤlffe gehalten worden. Die jenigen/ ſo die Orientaliſchen
Reiſen beſchriebẽ haben/ melden ſonderlich von den Tuͤr-
ckiſchen Baͤdern/ daß ſie den ankommenden Badgaͤſten
die Glieder/ Arm/ Haͤnde/ Schenckel und Ruckgrad
mit Streichen und gelinden Tretten alſo einrichten/ daß
ſie ſich darauf wol diſponirt befinden; haben auch die
alten Roͤmer/ wie bey Hieronymo Mercuriali in ſei-
nen Buͤchern de Arte gymnaſticâ zu ſehen/ ihre Itri-
giles, aber nicht mit ſcharffen Zaͤhnen/ wie man die Pfer-
de ſtrigelt/ ſondern gantz glatt/ etwas krumm/ ſo wol die
Armen Hals und Schenckel/ als auch umgekehrt den
Ruckgrad zu reiben gehabt/ die/ wie Hieronymus
Mercurialis meldet/ aus Gold/ Silber/ Eyſen/ Horn/
Helffenbein/ oder Ertzt (deren Abbildung daſelbſt lib. 1.
c. 8. zu ſehen) gemacht worden/ und hat jeder/ was
vornehm war/ ſeine eigne ſolche Strigel gehabt/ damit
ſie nach dem Bad von ihren Sclaven oder den Bad-
Jungen ſind bedienet worden. Es haben auch die
Athletæ ſich/ nach vollbrachter Arbeit/ damit ſtreichen
laſſen/ nicht allein das Oel/ Sand und Schweiß da-
mit abzubringen/ ſondern auch die ermuͤdeten Glied-
maſſen wieder zu erfriſchen/ und einzurichten. Die Al-
ten/ nach dem ſie ſich wol abreiben laſſen/ haben ſich
hernach mit lauen Baum-Oel oder ſuͤſſen Mandel-Oel
ſalben/ und ſolches wol einreiben laſſen; diß erwaͤrmet/
erweichet/ befeuchtet/ ſtaͤrcket und ziehet die Muͤdigkeit
aus den Gliedmaſſen/ machet ſie gaͤngig und friſch/ iſt
ſonderlich alten und doͤrrſuͤchtigen Leuten geſund; der Leib
muß vorher wol abgerieben/ hernach mit warmen Tuͤ-
chern umbhuͤllt/ und ein wenig im Bette/ fruͤhe etwan
2. Stunde vor Eſſen/ geblieben werden: beſſer iſt/ man
thue es/ ehe man aus den Bette zu Morgens aufſtehet.
Daher auch der alte uͤber 90. Jahr lebende Pollio dem
Kayſer Auguſto, der ihn/ woher er ſo alt worden/
gefragt/ geantwortet hat/ intus mulſo, floris oleo, daß
er Meth getruncken/ und ſeinen Ruckgrad und Glied-
maſſen mit Oel geſalbt und fein ſtarck und wol ſolches
eingerieben. So iſt es doch gewiß/ daß die vom Hirn
auf den hindern Theil des Leibes/ den Hals/ die Mandel/
in nucham & ſcapulas fallende Fluͤſſe/ wañ man ſie Mor-
gens und Abends/ entweder nur mit beeden bloͤſſen fla-
chen Haͤnden ſelbſt/ oder durch jemand andern ſich rei-
ben/ auch mit warmen von Weyrauch und Fluͤßrauch
beduͤnſten Tuͤchern wol abwerts ſtreichen laſſet/ ſonder-
lich den Ruckgrad von Hals an/ biß auf die Lenden/
daß die ſich ſonſt einhafftende Fluͤſſe dardurch bewogen/
und fortgetrieben werden/ dabey zu notiren/ was D.
Andr. Laurentius in lib. de Senectute cap. 8. ſaget:
A ventris frictione quisque cavere debet, quia con-
coctionem impedit, humores crudos in corpus trans-
fert, ventriculum ſubvertit, & caput turbat. Sonſt
aber koͤnnen/ durch Reibung der uͤbrigen Gliedmaſſen/ die
Lebens- und Thieriſchen Geiſter/ denen ſonſt von ſolchen
zaͤhen Schleimen die Straſſe gleichſam verlegt wird/ deſto
ungehinderter zur Vegetation der Glieder ihren Fortgang
haben. Daher ſind auch etliche Medici der Meinung/ daß
dieſes Reiben und Streichen die Glieder voͤlliger und
fleiſchiger mache/ weil dardurch ſowol das Gebluͤt/ als die
Spiritus animales mehr zuflieſſen/ uñ das Aufnehmen be-
foͤrdern/ was von faulen Schleimen zwifchen Haut und
Fleiſch ſtecken und nicht weichen will/ alſo zur Vertheilung
oder Ausduͤnſtung noͤthigen/ die Schweißloͤcher erwaͤrmen
und erweitern/ davon Herr Franc. Bacon. in hiſtoriâ na-
turali exper. 877. ſagt: Frictio partes reddit magis car-
noſas & plenas, uti patet in homine & equis depecten-
dis, cauſa eſt, quia plus ſpirituum & ſanguinis ad
partes retrahitur, alimentum in exteriora validius
elicitur, pororum relaxatio, faciliorem Spiritibus,
ſanguini & alimento viam præbet, inutilis & excre-
mentitius humor in carne hærens digeritur, & diſſipa-
tur, omnia aſſimilationis adjumenta frictiones magis
replent & impinguant corpus, quàm exercitia, quia
frictio partibus internis indulget quietem, quas exer-
citatio ſæpè nimis agitat, unde Remiges plerumquè
pingues & carnoſi ſunt, quia membra exteriora magis
in motu ſunt, quàm internæ partes. Jn Summa es ſoll
dem Leib beſſer gedeyen/ als die Ubung/ weil dieſe die
inwendigen Glieder offt verunruhiget/ und an ihrer Fun-
ction verhindert/ jene aber nur den euſſerlichen Theil
der Haut beruͤhret/ die Inteſtina aber ruhen laͤſſet; doch
muß alles mit ſeiner Maß ſittſam gebraucht werden/
denn allzuſtarckes Reiben machet das Fleiſch dick/ das
gelinde aber loͤſet auf/ erweichet und erweitert. Das
oͤfftere Reiben verringert das Fleiſch/ und macht mager/
daher ſich der Mittelmaß zu gebrauchen. Alſo werden
auch von etlichen mit gutem Succeſs die Ventoſen und
trockene Koͤpffel gebraucht/ damit ſie von oben her am Ru-
ckẽ/ von der Nucha an/ die Fluͤſſe gluͤcklich abwerts ziehẽ.
Cap. LXXIV.
Maͤſſige Bewegung und Leibes-Ubung.
BLeichwie ein Waſſer/ das nie bewegt wird/
leichtlich zur Faͤulung ſich verkehret: alſo ſind
die Feuchtigkeiten des menſchlichen Leibes/ wo
ſie nicht durch Exercitien und Ubungen erwaͤrmet/ be-
wogen und angeſpornet werden/ bald zu einer verderbli-
chen conſtitution geneiget. Wir reden allhier nicht von
ſtarcken und muͤheſamen Leibs-Ubungen/ ſondern
allein von denen/ welche mit ihrer moderirten Waͤrme
der Geſundheit zum beſten dienen/ weil ſie das Untaug-
liche von dem Guten abſondern und ausfuͤhren/ die Glie-
der befeſtigen und ſtaͤrcken; die groͤſſern Excrementa
werden zwar durch ihre natuͤrliche Gaͤnge ausgetrieben/
die ſubtilern aber muͤſſen allein durch die Ubung bewegt
und ausgeduͤnſtet ſeyn; die Ubung verhindert die Re-
pletion,
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Hohberg, Wolf Helmhard von: Georgica Curiosa. Bd. 1. Nürnberg, 1682, S. 167. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hohberg_georgica01_1682/185>, abgerufen am 26.11.2024.
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