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Hohberg, Wolf Helmhard von: Georgica Curiosa. Bd. 1. Nürnberg, 1682.

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Des Adelichen Land- und Feld-Lebens
[Spaltenumbruch] Puls-Regung wie das Hertz; darum hat die Natur
zwischen den zweyen Häutlein/ die das Hirn umgeben/
als der Pia und Dura Mater, ein Spatium und Raum
gelassen/ damit das Gehirn Platz hätte sich zu erheben
und wieder einzuziehen; und durch diese Abwechslung
werden die Lebens-Geister in die andern Glieder und
Sinnlichkeiten fortgetrieben; sind also unterschiedene
Verrichtungen des Hirns/ erstlich/ daß es ein Wohn-
Haus der Seelen zu allen Thierischen/ sinnlichen/ be-
wegenden und vornehmen Functionen sey. 2. Daß in
seiner Substanz die Geister erzeuget/ und vermöge der
Nerven und Senn-Adern dem gantzen Leibe zum besten
ausgetheilet werden. 3. Daß es ein Bronn-Quell und
Ursprung aller Nerven sey. 4. Daß es per Suturas
& verticem Cranii,
den weissen Safft/ humorem
seu sanguinem album & alibilem,
oben heraus diffun-
di
re/ und dardurch des gantzen Leibes Vermehrung und
Wachsthum verursache. Jst auch wunderlich/ daß
das menschliche Hirn an der Grösse/ fast noch einmal ei-
nes Ochsens übertrifft/ ja manches 5. offt wol 51/2. Pfund
wiget. Es hat seine selbst-eigene Bewegung/ dardurch
die Geister erzeuget/ und die widerwärtigen Sachen aus-
getrieben werden/ wie an dem Niessen zu spühren: Und
derhalben ist auch die Hirnschale aus vielerley Stücken/
durch gewisse Fügungen/ zusammgesetzt/ damit/ wann ein
Theil beschädigt/ nicht das gantze Hirn zerscheitert wür-
de/ damit auch daselbst die rauchenden Dämpffe und
Excrementa fuliginosa, wie sie Cardanus nennet/
möchten ausdünsten und evaporiren. Jst also der Ur-
sprung der Sinnlichkeit/ der Nahrung und Vermeh-
rung in dem Hirn/ und also billich vor das fürnehmste
Glied zu setzen; wiewol viel das Hertz vorziehen wollen/
weil solches/ nach des Philosophi Ausspruch/ primum
vivens, & ultimum moriens
sey; so vermeinen doch
andere/ weil die Natur Staffelweise und per gradus ge-
he/ der menschliche Saame könne sich nicht so bald in ei-
ne so harte dick-fleischerne Massam verkehren/ wie das
Hertz ist/ und sey viel wahrscheinlicher/ daß sich der
menschliche Saame anfangs in das Hirn aliquali coa-
gulatione
verändere/ und daß die darinnen wohnenden
Spiritus animales, erst hernach die übrigen Gliedmassen/
[Spaltenumbruch] Nerven und Flächsen/ auch alle sinnliche Jnstrumenta
verfertigen/ ob zwar die Officia und effectus cerebri die
meisten gestehen müssen; vermeinen sie doch/ es müsse
seine meiste Nahrung und Unterhalt erst von dem Ma-
gen und dessen Aufdünstungen hernehmen; so wirds
aber von andern also limitirt/ daß das Hirn/ darinnen
die Geister ihren sedem haben/ die meiste subtileste und
beste Nahrung nehme von den evaporirenden Geistern/
die/ indem die Speise gekauet wird/ von der Zungen
übersich aufdringen/ und dem Gehirn seine geistliche
Speise zuschicken; denn daß dieses wahr sey/ sihet man
es an den vollen Leuten/ die viel eher von der Truncken-
heit/ nur von dem über die Zungen lauffenden Tranck
und dessen exhalationibus, und nicht erst aus dem Ma-
gen/ wann es anfängt zu kochen und aufzuwallen/ be-
mächtiget werden. Und wie könnte der Magen/ indem
er in dem Gesäuffe/ immer mit kaltem Wein oder Bier
übergossen wird/ anfangen zu dauen/ oder seine Dämpffe
aufwerts wallen zu lassen/ da mancher über eine Stunde
nicht trinckt/ und unter dem continuirenden Sauffen/
dennoch von den frischen Geistern/ so von der Zungen
recta in das Hirn steigen/ gantz wurfflicht/ tumm und voll
wird/ nisi per attractionem & suctionem cerebri hoc
eveniret, fieri non posset, ut ex stomacho per ingur-
gitationem frigidam ad concoquendum nondum apto,
alimenta Spirituum calefacientium, tanto impetu, eli-
cerentur;
so wir doch an den vollen Leuten allzeit se-
hen und spühren können/ wiewol die aus dem Magen
hernach debita concoctionis mora, aufsteigende trübe
Dämpffe auch hernach folgen/ und so wol das Hirn/ als
die gantze Natur zerrütten. Weil aber dieses subtile
Sachen/ so von den Medicis selbst zweiffelhafftig verthei-
digt und widerfochten werden/ lassen wir es auch dabey
beruhen/ und wollen allein/ daß ein Haus-Vatter/ weil
die meisten Kranckheiten aus dem Hirn entspringen/ sich
befleisse/ solches wol in acht zu nehmen; und vor übriger
Hitz oder Kälte/ Sonnen- und Monden-Schein/ auch
starcken überflüssigen Geträncke zu verwahren; und
durch mässige Diaet es bey gutem und gesunden Tempe-
rament
zu erhalten.

Cap. LXI.
Vom Geblüt und andern Feuchtigkeiten.
[Spaltenumbruch]

WEil/ nach dem Zeugniß der heiligen Schrifft/
das Leben in dem Blut bestehet/ soll solches nicht
unbillich allhier angeführt werden. Wir wol-
len uns aber hier in den Zanckstreit der Medicorum,
deren etliche das Hertz/ etliche aber die Leber zu des Ge-
blüts Ursach und Officin machen/ nicht einlassen/ viel
weniger die neuen Meinungen von der Circulation und
Transfusion des Geblütes allhier anziehen/ weil solches
mehr den Gelehrten als den Haus-Vättern zu wissen
vonnöthen. So wenig aber der Macrocosmus, und die
grosse Welt/ des Meers/ der Flüsse Bäche und Brönn-
lein/ zu Anferziehung und Erhaltung der Gewächse/ ent-
behren kan: so wenig kan der menschliche Leib ohne das
Blut einiges Gedeyen haben; das Blut ist wie ein Le-
bens-Flämmlein/ so von dem Hertzen/ Leber und Miltz mit
den animalischen und vegetirenden Geisterlein entzün-
det/ bewegt/ und dem gantzen Leib und allen Gliedern
[Spaltenumbruch] die Bewegung und Krafft mitzutheilen allenthalben
durchgeführt wird/ und durch die Venam Cavam in
unzehliche andere Adern ausgetheilt/ so alle Glied-
massen/ wie gering und klein sie sind/ berühren und
durchfeuchten/ und damit die natürliche Wärme und
Lebhafftigkeit/ Wachsthum und Gedeyen unterhalten
und fortpflantzen. Damit aber das Blut desto leblicher
werde (wie D. Horstius meldet im 8. Buch der Ge-
heimnissen der Natur fol. 233.) hat es nicht allein sei-
ne Krafft von der Leber eingepflantzet/ sondern auch
bey dem Hertzen/ gesellet sich die grosse Lufft-Ader/
Arteria magna, zu der Blut-Röhr Vena Cava, und
zertheilet sich fast überall in alle Aeste/ Zweige und kleine-
sten Aderlein/ daß fast allenthalben allzeit ein Blut-Ader
und Lufft-Ader beysammen liegen/ durch besondere Löch-
lein sich nehren und erquicken/ die Lufft-Adern den
Blut-Adern das Leben/ die Blut-Adern der Lufft-Ader

hingegen

Des Adelichen Land- und Feld-Lebens
[Spaltenumbruch] Puls-Regung wie das Hertz; darum hat die Natur
zwiſchen den zweyen Haͤutlein/ die das Hirn umgeben/
als der Pia und Dura Mater, ein Spatium und Raum
gelaſſen/ damit das Gehirn Platz haͤtte ſich zu erheben
und wieder einzuziehen; und durch dieſe Abwechslung
werden die Lebens-Geiſter in die andern Glieder und
Sinnlichkeiten fortgetrieben; ſind alſo unterſchiedene
Verrichtungen des Hirns/ erſtlich/ daß es ein Wohn-
Haus der Seelen zu allen Thieriſchen/ ſinnlichen/ be-
wegenden und vornehmen Functionen ſey. 2. Daß in
ſeiner Subſtanz die Geiſter erzeuget/ und vermoͤge der
Nerven und Senn-Adern dem gantzen Leibe zum beſten
ausgetheilet werden. 3. Daß es ein Bronn-Quell und
Urſprung aller Nerven ſey. 4. Daß es per Suturas
& verticem Cranii,
den weiſſen Safft/ humorem
ſeu ſanguinem album & alibilem,
oben heraus diffun-
di
re/ und dardurch des gantzen Leibes Vermehrung und
Wachsthum verurſache. Jſt auch wunderlich/ daß
das menſchliche Hirn an der Groͤſſe/ faſt noch einmal ei-
nes Ochſens uͤbertrifft/ ja manches 5. offt wol 5½. Pfund
wiget. Es hat ſeine ſelbſt-eigene Bewegung/ dardurch
die Geiſter erzeuget/ und die widerwaͤrtigen Sachen aus-
getrieben werden/ wie an dem Nieſſen zu ſpuͤhren: Und
derhalben iſt auch die Hirnſchale aus vielerley Stuͤcken/
durch gewiſſe Fuͤgungen/ zuſammgeſetzt/ damit/ wann ein
Theil beſchaͤdigt/ nicht das gantze Hirn zerſcheitert wuͤr-
de/ damit auch daſelbſt die rauchenden Daͤmpffe und
Excrementa fuliginoſa, wie ſie Cardanus nennet/
moͤchten ausduͤnſten und evaporiren. Jſt alſo der Ur-
ſprung der Sinnlichkeit/ der Nahrung und Vermeh-
rung in dem Hirn/ und alſo billich vor das fuͤrnehmſte
Glied zu ſetzen; wiewol viel das Hertz vorziehen wollen/
weil ſolches/ nach des Philoſophi Ausſpruch/ primum
vivens, & ultimum moriens
ſey; ſo vermeinen doch
andere/ weil die Natur Staffelweiſe und per gradus ge-
he/ der menſchliche Saame koͤnne ſich nicht ſo bald in ei-
ne ſo harte dick-fleiſcherne Maſſam verkehren/ wie das
Hertz iſt/ und ſey viel wahrſcheinlicher/ daß ſich der
menſchliche Saame anfangs in das Hirn aliquali coa-
gulatione
veraͤndere/ und daß die darinnen wohnenden
Spiritus animales, erſt hernach die uͤbrigen Gliedmaſſen/
[Spaltenumbruch] Nerven und Flaͤchſen/ auch alle ſinnliche Jnſtrumenta
verfertigen/ ob zwar die Officia und effectus cerebri die
meiſten geſtehen muͤſſen; vermeinen ſie doch/ es muͤſſe
ſeine meiſte Nahrung und Unterhalt erſt von dem Ma-
gen und deſſen Aufduͤnſtungen hernehmen; ſo wirds
aber von andern alſo limitirt/ daß das Hirn/ darinnen
die Geiſter ihren ſedem haben/ die meiſte ſubtileſte und
beſte Nahrung nehme von den evaporirenden Geiſtern/
die/ indem die Speiſe gekauet wird/ von der Zungen
uͤberſich aufdringen/ und dem Gehirn ſeine geiſtliche
Speiſe zuſchicken; denn daß dieſes wahr ſey/ ſihet man
es an den vollen Leuten/ die viel eher von der Truncken-
heit/ nur von dem uͤber die Zungen lauffenden Tranck
und deſſen exhalationibus, und nicht erſt aus dem Ma-
gen/ wann es anfaͤngt zu kochen und aufzuwallen/ be-
maͤchtiget werden. Und wie koͤnnte der Magen/ indem
er in dem Geſaͤuffe/ immer mit kaltem Wein oder Bier
uͤbergoſſen wird/ anfangen zu dauen/ oder ſeine Daͤmpffe
aufwerts wallen zu laſſen/ da mancher uͤber eine Stunde
nicht trinckt/ und unter dem continuirenden Sauffen/
dennoch von den friſchen Geiſtern/ ſo von der Zungen
rectà in das Hirn ſteigen/ gantz wurfflicht/ tumm und voll
wird/ niſi per attractionem & ſuctionem cerebri hoc
eveniret, fieri non poſſet, ut ex ſtomacho per ingur-
gitationem frigidam ad concoquendum nondum apto,
alimenta Spirituum calefacientium, tanto impetu, eli-
cerentur;
ſo wir doch an den vollen Leuten allzeit ſe-
hen und ſpuͤhren koͤnnen/ wiewol die aus dem Magen
hernach debitâ concoctionis morâ, aufſteigende truͤbe
Daͤmpffe auch hernach folgen/ und ſo wol das Hirn/ als
die gantze Natur zerruͤtten. Weil aber dieſes ſubtile
Sachen/ ſo von den Medicis ſelbſt zweiffelhafftig verthei-
digt und widerfochten werden/ laſſen wir es auch dabey
beruhen/ und wollen allein/ daß ein Haus-Vatter/ weil
die meiſten Kranckheiten aus dem Hirn entſpringen/ ſich
befleiſſe/ ſolches wol in acht zu nehmen; und vor uͤbriger
Hitz oder Kaͤlte/ Sonnen- und Monden-Schein/ auch
ſtarcken uͤberfluͤſſigen Getraͤncke zu verwahren; und
durch maͤſſige Diæt es bey gutem und geſunden Tempe-
rament
zu erhalten.

Cap. LXI.
Vom Gebluͤt und andern Feuchtigkeiten.
[Spaltenumbruch]

WEil/ nach dem Zeugniß der heiligen Schrifft/
das Leben in dem Blut beſtehet/ ſoll ſolches nicht
unbillich allhier angefuͤhrt werden. Wir wol-
len uns aber hier in den Zanckſtreit der Medicorum,
deren etliche das Hertz/ etliche aber die Leber zu des Ge-
bluͤts Urſach und Officin machen/ nicht einlaſſen/ viel
weniger die neuen Meinungen von der Circulation und
Transfuſion des Gebluͤtes allhier anziehen/ weil ſolches
mehr den Gelehrten als den Haus-Vaͤttern zu wiſſen
vonnoͤthen. So wenig aber der Macrocosmus, und die
groſſe Welt/ des Meers/ der Fluͤſſe Baͤche und Broͤnn-
lein/ zu Anferziehung und Erhaltung der Gewaͤchſe/ ent-
behren kan: ſo wenig kan der menſchliche Leib ohne das
Blut einiges Gedeyen haben; das Blut iſt wie ein Le-
bens-Flaͤm̃lein/ ſo von dem Hertzen/ Leber und Miltz mit
den animaliſchen und vegetirenden Geiſterlein entzuͤn-
det/ bewegt/ und dem gantzen Leib und allen Gliedern
[Spaltenumbruch] die Bewegung und Krafft mitzutheilen allenthalben
durchgefuͤhrt wird/ und durch die Venam Cavam in
unzehliche andere Adern ausgetheilt/ ſo alle Glied-
maſſen/ wie gering und klein ſie ſind/ beruͤhren und
durchfeuchten/ und damit die natuͤrliche Waͤrme und
Lebhafftigkeit/ Wachsthum und Gedeyen unterhalten
und fortpflantzen. Damit aber das Blut deſto leblicher
werde (wie D. Horſtius meldet im 8. Buch der Ge-
heimniſſen der Natur fol. 233.) hat es nicht allein ſei-
ne Krafft von der Leber eingepflantzet/ ſondern auch
bey dem Hertzen/ geſellet ſich die groſſe Lufft-Ader/
Arteria magna, zu der Blut-Roͤhr Vena Cava, und
zertheilet ſich faſt uͤberall in alle Aeſte/ Zweige uñ kleine-
ſten Aderlein/ daß faſt allenthalben allzeit ein Blut-Ader
und Lufft-Ader beyſammen liegen/ durch beſondere Loͤch-
lein ſich nehren und erquicken/ die Lufft-Adern den
Blut-Adern das Leben/ die Blut-Adern der Lufft-Ader

hingegen
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[156/0174] Des Adelichen Land- und Feld-Lebens Puls-Regung wie das Hertz; darum hat die Natur zwiſchen den zweyen Haͤutlein/ die das Hirn umgeben/ als der Pia und Dura Mater, ein Spatium und Raum gelaſſen/ damit das Gehirn Platz haͤtte ſich zu erheben und wieder einzuziehen; und durch dieſe Abwechslung werden die Lebens-Geiſter in die andern Glieder und Sinnlichkeiten fortgetrieben; ſind alſo unterſchiedene Verrichtungen des Hirns/ erſtlich/ daß es ein Wohn- Haus der Seelen zu allen Thieriſchen/ ſinnlichen/ be- wegenden und vornehmen Functionen ſey. 2. Daß in ſeiner Subſtanz die Geiſter erzeuget/ und vermoͤge der Nerven und Senn-Adern dem gantzen Leibe zum beſten ausgetheilet werden. 3. Daß es ein Bronn-Quell und Urſprung aller Nerven ſey. 4. Daß es per Suturas & verticem Cranii, den weiſſen Safft/ humorem ſeu ſanguinem album & alibilem, oben heraus diffun- dire/ und dardurch des gantzen Leibes Vermehrung und Wachsthum verurſache. Jſt auch wunderlich/ daß das menſchliche Hirn an der Groͤſſe/ faſt noch einmal ei- nes Ochſens uͤbertrifft/ ja manches 5. offt wol 5½. Pfund wiget. Es hat ſeine ſelbſt-eigene Bewegung/ dardurch die Geiſter erzeuget/ und die widerwaͤrtigen Sachen aus- getrieben werden/ wie an dem Nieſſen zu ſpuͤhren: Und derhalben iſt auch die Hirnſchale aus vielerley Stuͤcken/ durch gewiſſe Fuͤgungen/ zuſammgeſetzt/ damit/ wann ein Theil beſchaͤdigt/ nicht das gantze Hirn zerſcheitert wuͤr- de/ damit auch daſelbſt die rauchenden Daͤmpffe und Excrementa fuliginoſa, wie ſie Cardanus nennet/ moͤchten ausduͤnſten und evaporiren. Jſt alſo der Ur- ſprung der Sinnlichkeit/ der Nahrung und Vermeh- rung in dem Hirn/ und alſo billich vor das fuͤrnehmſte Glied zu ſetzen; wiewol viel das Hertz vorziehen wollen/ weil ſolches/ nach des Philoſophi Ausſpruch/ primum vivens, & ultimum moriens ſey; ſo vermeinen doch andere/ weil die Natur Staffelweiſe und per gradus ge- he/ der menſchliche Saame koͤnne ſich nicht ſo bald in ei- ne ſo harte dick-fleiſcherne Maſſam verkehren/ wie das Hertz iſt/ und ſey viel wahrſcheinlicher/ daß ſich der menſchliche Saame anfangs in das Hirn aliquali coa- gulatione veraͤndere/ und daß die darinnen wohnenden Spiritus animales, erſt hernach die uͤbrigen Gliedmaſſen/ Nerven und Flaͤchſen/ auch alle ſinnliche Jnſtrumenta verfertigen/ ob zwar die Officia und effectus cerebri die meiſten geſtehen muͤſſen; vermeinen ſie doch/ es muͤſſe ſeine meiſte Nahrung und Unterhalt erſt von dem Ma- gen und deſſen Aufduͤnſtungen hernehmen; ſo wirds aber von andern alſo limitirt/ daß das Hirn/ darinnen die Geiſter ihren ſedem haben/ die meiſte ſubtileſte und beſte Nahrung nehme von den evaporirenden Geiſtern/ die/ indem die Speiſe gekauet wird/ von der Zungen uͤberſich aufdringen/ und dem Gehirn ſeine geiſtliche Speiſe zuſchicken; denn daß dieſes wahr ſey/ ſihet man es an den vollen Leuten/ die viel eher von der Truncken- heit/ nur von dem uͤber die Zungen lauffenden Tranck und deſſen exhalationibus, und nicht erſt aus dem Ma- gen/ wann es anfaͤngt zu kochen und aufzuwallen/ be- maͤchtiget werden. Und wie koͤnnte der Magen/ indem er in dem Geſaͤuffe/ immer mit kaltem Wein oder Bier uͤbergoſſen wird/ anfangen zu dauen/ oder ſeine Daͤmpffe aufwerts wallen zu laſſen/ da mancher uͤber eine Stunde nicht trinckt/ und unter dem continuirenden Sauffen/ dennoch von den friſchen Geiſtern/ ſo von der Zungen rectà in das Hirn ſteigen/ gantz wurfflicht/ tumm und voll wird/ niſi per attractionem & ſuctionem cerebri hoc eveniret, fieri non poſſet, ut ex ſtomacho per ingur- gitationem frigidam ad concoquendum nondum apto, alimenta Spirituum calefacientium, tanto impetu, eli- cerentur; ſo wir doch an den vollen Leuten allzeit ſe- hen und ſpuͤhren koͤnnen/ wiewol die aus dem Magen hernach debitâ concoctionis morâ, aufſteigende truͤbe Daͤmpffe auch hernach folgen/ und ſo wol das Hirn/ als die gantze Natur zerruͤtten. Weil aber dieſes ſubtile Sachen/ ſo von den Medicis ſelbſt zweiffelhafftig verthei- digt und widerfochten werden/ laſſen wir es auch dabey beruhen/ und wollen allein/ daß ein Haus-Vatter/ weil die meiſten Kranckheiten aus dem Hirn entſpringen/ ſich befleiſſe/ ſolches wol in acht zu nehmen; und vor uͤbriger Hitz oder Kaͤlte/ Sonnen- und Monden-Schein/ auch ſtarcken uͤberfluͤſſigen Getraͤncke zu verwahren; und durch maͤſſige Diæt es bey gutem und geſunden Tempe- rament zu erhalten. Cap. LXI. Vom Gebluͤt und andern Feuchtigkeiten. WEil/ nach dem Zeugniß der heiligen Schrifft/ das Leben in dem Blut beſtehet/ ſoll ſolches nicht unbillich allhier angefuͤhrt werden. Wir wol- len uns aber hier in den Zanckſtreit der Medicorum, deren etliche das Hertz/ etliche aber die Leber zu des Ge- bluͤts Urſach und Officin machen/ nicht einlaſſen/ viel weniger die neuen Meinungen von der Circulation und Transfuſion des Gebluͤtes allhier anziehen/ weil ſolches mehr den Gelehrten als den Haus-Vaͤttern zu wiſſen vonnoͤthen. So wenig aber der Macrocosmus, und die groſſe Welt/ des Meers/ der Fluͤſſe Baͤche und Broͤnn- lein/ zu Anferziehung und Erhaltung der Gewaͤchſe/ ent- behren kan: ſo wenig kan der menſchliche Leib ohne das Blut einiges Gedeyen haben; das Blut iſt wie ein Le- bens-Flaͤm̃lein/ ſo von dem Hertzen/ Leber und Miltz mit den animaliſchen und vegetirenden Geiſterlein entzuͤn- det/ bewegt/ und dem gantzen Leib und allen Gliedern die Bewegung und Krafft mitzutheilen allenthalben durchgefuͤhrt wird/ und durch die Venam Cavam in unzehliche andere Adern ausgetheilt/ ſo alle Glied- maſſen/ wie gering und klein ſie ſind/ beruͤhren und durchfeuchten/ und damit die natuͤrliche Waͤrme und Lebhafftigkeit/ Wachsthum und Gedeyen unterhalten und fortpflantzen. Damit aber das Blut deſto leblicher werde (wie D. Horſtius meldet im 8. Buch der Ge- heimniſſen der Natur fol. 233.) hat es nicht allein ſei- ne Krafft von der Leber eingepflantzet/ ſondern auch bey dem Hertzen/ geſellet ſich die groſſe Lufft-Ader/ Arteria magna, zu der Blut-Roͤhr Vena Cava, und zertheilet ſich faſt uͤberall in alle Aeſte/ Zweige uñ kleine- ſten Aderlein/ daß faſt allenthalben allzeit ein Blut-Ader und Lufft-Ader beyſammen liegen/ durch beſondere Loͤch- lein ſich nehren und erquicken/ die Lufft-Adern den Blut-Adern das Leben/ die Blut-Adern der Lufft-Ader hingegen

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Zitationshilfe: Hohberg, Wolf Helmhard von: Georgica Curiosa. Bd. 1. Nürnberg, 1682, S. 156. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hohberg_georgica01_1682/174>, abgerufen am 25.11.2024.