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Hohberg, Wolf Helmhard von: Georgica Curiosa. Bd. 1. Nürnberg, 1682.

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Des Adelichen Land- und Feld-Lebens
[Spaltenumbruch] massen wenig vernünfftige Haus-Vätter sich befinden/
die nicht ihre eignen Roß-Artzney-Bücher/ und darin-
nen etliche geheime probirte Stücke haben/ deren/ im
fall gäh-aufstossender Noth/ zu gebrauchen: und wann
ihnen/ oder den ihrigen/ ohngefehr an ihrer eignen Gesund-
heit ein Anstoß begegnet/ sollen sie so gar alber und ein-
fältig seyn/ und weder die Kranckheit kennen/ noch sie
zu vermitteln wissen. Man geht mit einem köstlichen Por-
cellanen oder Cristallenen Geschirr aufsichtig und behut-
sam um/ weil man weiß/ daß es gebrechlich; und ein
[Spaltenumbruch] vernünfftiger Mensch soll nicht viel eigentlicher und be-
dachtsamer auf seine Gesundheit/ die bald verwirret/
und hart wieder einzurichten/ Achtung und Obsicht hal-
ten? und ob wol die Handanlegung und Bereitung der
Artzney denen Haus-Müttern/ in Abgang eines Me-
dici,
wol anstehet/ dahin ich auch das meiste will verspah-
ret haben; so gebührt doch gleichwol auch einem verstän-
digen Landmann/ hierinnen nicht gar unwissend oder un-
erfahren zu seyn.

Cap. LV.
Wie und was Gestalt ers thun solle.
[Spaltenumbruch]

JCH will nicht/ daß ein Haus-Vatter die gan-
tze Profession eines Medici annehme/ des Gale-
ni, Hippocratis, Theophrasti
und anderer
mehr Aphorismos und wider einander lauffende Opi-
nio
nen wisse/ verstehe und ausgrüble/ aller Thier/ Kräu-
ter/ Gewächse/ Mineralien und Metallen Wirckung/
Eigenschafft und Kräfften erlerne/ wiewol dieses Stu-
dium, Horis Subsicivis
vorgenommen/ eine grosse Dele-
ctation
hat/ und nicht zu tadlen ist: So wäre es doch
einem Menschen/ meines Erachtens/ eine grosse Schan-
de/ wann unter den unvernünfftigen Thieren ein Hirsch
wissen sollte mit Diptam seine Wunden zu heilen/ ein
Wiesel sich mit der Rauten vor dem gifftigen Schlangen-
Biß zu verwahren/ eine Schwalbe mit dem Schöll-
Kraut ihrer blinden Jungen Augen zu eröffnen/ eine
Katz die Baldrian-Wurtzen und Katzen-Müntz zu
Erhaltung ihrer Gesundheit zu kennen/ zu suchen und
zu lieben; und der Mensch allein sollte selbst unwissend
seyn/ was in seinem Busen stecket/ und seine eigne Art
oder Unart nicht kennen/ verbessern und erhalten können.
Und weil der Leib mit dem Gemüthe so fest verbunden ist/
hat man vor allen Dingen zu wissen/ welche Gemüts-
Bewegungen dem Leib an der Gesundheit schädlich/
und welche vorträglich und befordersam sind/ also/ daß
er die häfftigen Begierden und Affecten/ als Zorn/ Haß/
Forcht/ Verdruß/ Traurigkeit/ unrechtmässige Liebe/
Mißtrauen/ Verzweifflung/ Sorgen im Zaum halte/
und zu forderst/ so viel der Menschlichen Schwachheit
möglich/ die von GOtt verbannte und verpaente Laster
meide/ die Unmässigkeit im Essen und Trincken fliehe/
und hingegen ein ruhiges/ Gott vertrauendes/ fröliches
Gemüthe hege und unterhalte/ weil durch die strengen
Hertzens-Bewegungen/ auch des Leibes Beschaffen-
heit verändert und verärgert; durch die Laster und
Sünden/ Gottes Huld und aller Seegen verschertzet/
durch deren Widerspiel/ als Tugend und geruhige Ver-
gnügung/ sein Heil und Gesundheit gepflantzet und ver-
mehret wird. Daher der Weise Salomon in seinen
[Spaltenumbruch] Sprichwörtern im 15. Cap. recht saget: Cor gaudens
exhilarat faciem; in moerore animi dejicitur Spiritus,

und im folgenden 17. Cap. Animus gaudens aetatem
floridam facit, Spiritus tristis exsiccat ossa.
Denn
wie bey schönem haitern Wetter/ alle Kräuter/ Bäume
und Gewächse mit einer holdseligern grünen Farbe er-
scheinen/ hingegen bey Ungewitter/ und Sturm-Win-
den trauriger aussehen. Also wann das Hertz frölich
und zu frieden ist/ sind alle Leibes-Kräffte hurtiger;
und wann die Harmonia des Leibes wol bestellt ist/ so
verursachet die gleichfliessende Gesundheit auch ein län-
gers; ein traurig/ sorgfältig und den Affecten unterthäni-
ges Gemüthe aber zerrittet diese Zusammen-Stimmung/
und verkürzet auch daher das Leben.

Fürs Andere/ diese Gemüthes-Zufriedenheit zu erneh-
ren und nicht zu verlieren/ muß er seine Natur kennen/
und wohin er inclinirt, erlaubte und ehrliche Kurtzweil
zu Zeiten suchen. Eine gute Conversation, weil der
Mensch von Natur gesellbar ist/ kan viel darbey thun/
denn die Ausübung und Anfrischung des Hertzens ist
gleich einem frischen Bronnen-quellenden Wasser/ wel-
ches mit seinem hellen Crystall unbetrübt fortlaufft;
hingegen die Einhaltung und Einsamkeit des Gemüths/
ist gleich einer stillstehenden Lachen/ deren Wasser
grünlich/ unsauber und stinckend wird; zudem auch
ists wahr/ quod per amicitiam res prosperae augen-
tur, adversae minuuntur.
Weil aber vorher schon
gedacht worden/ daß sich ein Christlicher Ehr-liebender
Haus-Vatter um einen treuen Freunde bewerben
und umsehen solle/ als lassen wirs auch dabey verbleiben.
Nicht weniger mag man als ein Parergon, allerley an-
dere Zeit-Verkürtzungen für die Hand nehmen; als
Jagen/ Gärtlerey/ Musiken/ spatziren gehen/ Schies-
sen/ Hetzen/ Baissen/ und andere mehr Ubungen.

Zum Dritten/ ist die gröste Kunst und Glückselig-
keit sich selbst recht erkennen; davon aber wollen wir im
folgenden Capitel handeln.

Cap. LVI.
Die gröste Beförderung der Gesundheit ist/ sich selbst recht erkennen.
[Spaltenumbruch]

KEin bekannters und von allen Weisen höher ge-
priesenes/ ja in des Delphischen Tempels Thür
mit güldenen Buchstaben geschriebenes/ und dem
Apollini selbst zugeeignetes Sprichwort ist/ als gnothi
seauton, Nosce Teipsum, Erkenne dich selbst; Ja von
welchem Juvenalis bezeuget/ es sey vom Himmel herab
[Spaltenumbruch] kommen. Daraus zwar von den meisten nur die Be-
scheidenheit und Mässigkeit in moralibus verstanden
wird/ nichts über Vermögen zu beginnen/ ihm über
Möglichkeit nichts zuzuschreiben/ ihm nicht mehr und
höhere Sachen von sich selbst einbilden/ die Ehrsucht und
Vermessenheit zu meiden/ die Federn nicht höher und

weiter/

Des Adelichen Land- und Feld-Lebens
[Spaltenumbruch] maſſen wenig vernuͤnfftige Haus-Vaͤtter ſich befinden/
die nicht ihre eignen Roß-Artzney-Buͤcher/ und darin-
nen etliche geheime probirte Stuͤcke haben/ deren/ im
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ihnen/ oder den ihrigen/ ohngefehr an ihrer eignẽ Geſund-
heit ein Anſtoß begegnet/ ſollen ſie ſo gar alber und ein-
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zu vermitteln wiſſen. Man geht mit einem koͤſtlichen Por-
cellanen oder Criſtallenen Geſchirr aufſichtig und behut-
ſam um/ weil man weiß/ daß es gebrechlich; und ein
[Spaltenumbruch] vernuͤnfftiger Menſch ſoll nicht viel eigentlicher und be-
dachtſamer auf ſeine Geſundheit/ die bald verwirret/
und hart wieder einzurichten/ Achtung und Obſicht hal-
ten? und ob wol die Handanlegung und Bereitung der
Artzney denen Haus-Muͤttern/ in Abgang eines Me-
dici,
wol anſtehet/ dahin ich auch das meiſte will verſpah-
ret haben; ſo gebuͤhrt doch gleichwol auch einem verſtaͤn-
digen Landmann/ hierinnen nicht gar unwiſſend oder un-
erfahren zu ſeyn.

Cap. LV.
Wie und was Geſtalt ers thun ſolle.
[Spaltenumbruch]

JCH will nicht/ daß ein Haus-Vatter die gan-
tze Profesſion eines Medici annehme/ des Gale-
ni, Hippocratis, Theophraſti
und anderer
mehr Aphorismos und wider einander lauffende Opi-
nio
nen wiſſe/ verſtehe und ausgruͤble/ aller Thier/ Kraͤu-
ter/ Gewaͤchſe/ Mineralien und Metallen Wirckung/
Eigenſchafft und Kraͤfften erlerne/ wiewol dieſes Stu-
dium, Horis Subſicivis
vorgenommen/ eine groſſe Dele-
ctation
hat/ und nicht zu tadlen iſt: So waͤre es doch
einem Menſchen/ meines Erachtens/ eine groſſe Schan-
de/ wann unter den unvernuͤnfftigen Thieren ein Hirſch
wiſſen ſollte mit Diptam ſeine Wunden zu heilen/ ein
Wieſel ſich mit der Rauten vor dem gifftigen Schlangen-
Biß zu verwahren/ eine Schwalbe mit dem Schoͤll-
Kraut ihrer blinden Jungen Augen zu eroͤffnen/ eine
Katz die Baldrian-Wurtzen und Katzen-Muͤntz zu
Erhaltung ihrer Geſundheit zu kennen/ zu ſuchen und
zu lieben; und der Menſch allein ſollte ſelbſt unwiſſend
ſeyn/ was in ſeinem Buſen ſtecket/ und ſeine eigne Art
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Und weil der Leib mit dem Gemuͤthe ſo feſt verbunden iſt/
hat man vor allen Dingen zu wiſſen/ welche Gemuͤts-
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und welche vortraͤglich und beforderſam ſind/ alſo/ daß
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Forcht/ Verdruß/ Traurigkeit/ unrechtmaͤſſige Liebe/
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moͤglich/ die von GOtt verbannte und verpænte Laſter
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Gemuͤthe hege und unterhalte/ weil durch die ſtrengen
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heit veraͤndert und veraͤrgert; durch die Laſter und
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durch deren Widerſpiel/ als Tugend und geruhige Ver-
gnuͤgung/ ſein Heil und Geſundheit gepflantzet und ver-
mehret wird. Daher der Weiſe Salomon in ſeinen
[Spaltenumbruch] Sprichwoͤrtern im 15. Cap. recht ſaget: Cor gaudens
exhilarat faciem; in mœrore animi dejicitur Spiritus,

und im folgenden 17. Cap. Animus gaudens ætatem
floridam facit, Spiritus triſtis exſiccat oſſa.
Denn
wie bey ſchoͤnem haitern Wetter/ alle Kraͤuter/ Baͤume
und Gewaͤchſe mit einer holdſeligern gruͤnen Farbe er-
ſcheinen/ hingegen bey Ungewitter/ und Sturm-Win-
den trauriger ausſehen. Alſo wann das Hertz froͤlich
und zu frieden iſt/ ſind alle Leibes-Kraͤffte hurtiger;
und wann die Harmonia des Leibes wol beſtellt iſt/ ſo
verurſachet die gleichflieſſende Geſundheit auch ein laͤn-
gers; ein traurig/ ſorgfaͤltig und den Affecten unterthaͤni-
ges Gemuͤthe aber zerꝛittet dieſe Zuſammen-Stimmung/
und verkuͤrzet auch daher das Leben.

Fuͤrs Andere/ dieſe Gemuͤthes-Zufriedenheit zu erneh-
ren und nicht zu verlieren/ muß er ſeine Natur kennen/
und wohin er inclinirt, erlaubte und ehrliche Kurtzweil
zu Zeiten ſuchen. Eine gute Converſation, weil der
Menſch von Natur geſellbar iſt/ kan viel darbey thun/
denn die Ausuͤbung und Anfriſchung des Hertzens iſt
gleich einem friſchen Bronnen-quellenden Waſſer/ wel-
ches mit ſeinem hellen Cryſtall unbetruͤbt fortlaufft;
hingegen die Einhaltung und Einſamkeit des Gemuͤths/
iſt gleich einer ſtillſtehenden Lachen/ deren Waſſer
gruͤnlich/ unſauber und ſtinckend wird; zudem auch
iſts wahr/ quod per amicitiam res proſperæ augen-
tur, adverſæ minuuntur.
Weil aber vorher ſchon
gedacht worden/ daß ſich ein Chriſtlicher Ehr-liebender
Haus-Vatter um einen treuen Freunde bewerben
und umſehen ſolle/ als laſſen wirs auch dabey verbleiben.
Nicht weniger mag man als ein Parergon, allerley an-
dere Zeit-Verkuͤrtzungen fuͤr die Hand nehmen; als
Jagen/ Gaͤrtlerey/ Muſiken/ ſpatziren gehen/ Schieſ-
ſen/ Hetzen/ Baiſſen/ und andere mehr Ubungen.

Zum Dritten/ iſt die groͤſte Kunſt und Gluͤckſelig-
keit ſich ſelbſt recht erkennen; davon aber wollen wir im
folgenden Capitel handeln.

Cap. LVI.
Die groͤſte Befoͤrderung der Geſundheit iſt/ ſich ſelbſt recht erkennen.
[Spaltenumbruch]

KEin bekannters und von allen Weiſen hoͤher ge-
prieſenes/ ja in des Delphiſchen Tempels Thuͤr
mit guͤldenen Buchſtaben geſchriebenes/ und dem
Apollini ſelbſt zugeeignetes Sprichwort iſt/ als γνῶϑι
σεαυτὸν, Noſce Teipſum, Erkenne dich ſelbſt; Ja von
welchem Juvenalis bezeuget/ es ſey vom Himmel herab
[Spaltenumbruch] kommen. Daraus zwar von den meiſten nur die Be-
ſcheidenheit und Maͤſſigkeit in moralibus verſtanden
wird/ nichts uͤber Vermoͤgen zu beginnen/ ihm uͤber
Moͤglichkeit nichts zuzuſchreiben/ ihm nicht mehr und
hoͤhere Sachen von ſich ſelbſt einbilden/ die Ehrſucht und
Vermeſſenheit zu meiden/ die Federn nicht hoͤher und

weiter/
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[152/0170] Des Adelichen Land- und Feld-Lebens maſſen wenig vernuͤnfftige Haus-Vaͤtter ſich befinden/ die nicht ihre eignen Roß-Artzney-Buͤcher/ und darin- nen etliche geheime probirte Stuͤcke haben/ deren/ im fall gaͤh-aufſtoſſender Noth/ zu gebrauchen: und wann ihnen/ oder den ihrigen/ ohngefehr an ihrer eignẽ Geſund- heit ein Anſtoß begegnet/ ſollen ſie ſo gar alber und ein- faͤltig ſeyn/ und weder die Kranckheit kennen/ noch ſie zu vermitteln wiſſen. Man geht mit einem koͤſtlichen Por- cellanen oder Criſtallenen Geſchirr aufſichtig und behut- ſam um/ weil man weiß/ daß es gebrechlich; und ein vernuͤnfftiger Menſch ſoll nicht viel eigentlicher und be- dachtſamer auf ſeine Geſundheit/ die bald verwirret/ und hart wieder einzurichten/ Achtung und Obſicht hal- ten? und ob wol die Handanlegung und Bereitung der Artzney denen Haus-Muͤttern/ in Abgang eines Me- dici, wol anſtehet/ dahin ich auch das meiſte will verſpah- ret haben; ſo gebuͤhrt doch gleichwol auch einem verſtaͤn- digen Landmann/ hierinnen nicht gar unwiſſend oder un- erfahren zu ſeyn. Cap. LV. Wie und was Geſtalt ers thun ſolle. JCH will nicht/ daß ein Haus-Vatter die gan- tze Profesſion eines Medici annehme/ des Gale- ni, Hippocratis, Theophraſti und anderer mehr Aphorismos und wider einander lauffende Opi- nionen wiſſe/ verſtehe und ausgruͤble/ aller Thier/ Kraͤu- ter/ Gewaͤchſe/ Mineralien und Metallen Wirckung/ Eigenſchafft und Kraͤfften erlerne/ wiewol dieſes Stu- dium, Horis Subſicivis vorgenommen/ eine groſſe Dele- ctation hat/ und nicht zu tadlen iſt: So waͤre es doch einem Menſchen/ meines Erachtens/ eine groſſe Schan- de/ wann unter den unvernuͤnfftigen Thieren ein Hirſch wiſſen ſollte mit Diptam ſeine Wunden zu heilen/ ein Wieſel ſich mit der Rauten vor dem gifftigen Schlangen- Biß zu verwahren/ eine Schwalbe mit dem Schoͤll- Kraut ihrer blinden Jungen Augen zu eroͤffnen/ eine Katz die Baldrian-Wurtzen und Katzen-Muͤntz zu Erhaltung ihrer Geſundheit zu kennen/ zu ſuchen und zu lieben; und der Menſch allein ſollte ſelbſt unwiſſend ſeyn/ was in ſeinem Buſen ſtecket/ und ſeine eigne Art oder Unart nicht kennen/ verbeſſern und erhalten koͤnnen. Und weil der Leib mit dem Gemuͤthe ſo feſt verbunden iſt/ hat man vor allen Dingen zu wiſſen/ welche Gemuͤts- Bewegungen dem Leib an der Geſundheit ſchaͤdlich/ und welche vortraͤglich und beforderſam ſind/ alſo/ daß er die haͤfftigen Begierden und Affecten/ als Zorn/ Haß/ Forcht/ Verdruß/ Traurigkeit/ unrechtmaͤſſige Liebe/ Mißtrauen/ Verzweifflung/ Sorgen im Zaum halte/ und zu forderſt/ ſo viel der Menſchlichen Schwachheit moͤglich/ die von GOtt verbannte und verpænte Laſter meide/ die Unmaͤſſigkeit im Eſſen und Trincken fliehe/ und hingegen ein ruhiges/ Gott vertrauendes/ froͤliches Gemuͤthe hege und unterhalte/ weil durch die ſtrengen Hertzens-Bewegungen/ auch des Leibes Beſchaffen- heit veraͤndert und veraͤrgert; durch die Laſter und Suͤnden/ Gottes Huld und aller Seegen verſchertzet/ durch deren Widerſpiel/ als Tugend und geruhige Ver- gnuͤgung/ ſein Heil und Geſundheit gepflantzet und ver- mehret wird. Daher der Weiſe Salomon in ſeinen Sprichwoͤrtern im 15. Cap. recht ſaget: Cor gaudens exhilarat faciem; in mœrore animi dejicitur Spiritus, und im folgenden 17. Cap. Animus gaudens ætatem floridam facit, Spiritus triſtis exſiccat oſſa. Denn wie bey ſchoͤnem haitern Wetter/ alle Kraͤuter/ Baͤume und Gewaͤchſe mit einer holdſeligern gruͤnen Farbe er- ſcheinen/ hingegen bey Ungewitter/ und Sturm-Win- den trauriger ausſehen. Alſo wann das Hertz froͤlich und zu frieden iſt/ ſind alle Leibes-Kraͤffte hurtiger; und wann die Harmonia des Leibes wol beſtellt iſt/ ſo verurſachet die gleichflieſſende Geſundheit auch ein laͤn- gers; ein traurig/ ſorgfaͤltig und den Affecten unterthaͤni- ges Gemuͤthe aber zerꝛittet dieſe Zuſammen-Stimmung/ und verkuͤrzet auch daher das Leben. Fuͤrs Andere/ dieſe Gemuͤthes-Zufriedenheit zu erneh- ren und nicht zu verlieren/ muß er ſeine Natur kennen/ und wohin er inclinirt, erlaubte und ehrliche Kurtzweil zu Zeiten ſuchen. Eine gute Converſation, weil der Menſch von Natur geſellbar iſt/ kan viel darbey thun/ denn die Ausuͤbung und Anfriſchung des Hertzens iſt gleich einem friſchen Bronnen-quellenden Waſſer/ wel- ches mit ſeinem hellen Cryſtall unbetruͤbt fortlaufft; hingegen die Einhaltung und Einſamkeit des Gemuͤths/ iſt gleich einer ſtillſtehenden Lachen/ deren Waſſer gruͤnlich/ unſauber und ſtinckend wird; zudem auch iſts wahr/ quod per amicitiam res proſperæ augen- tur, adverſæ minuuntur. Weil aber vorher ſchon gedacht worden/ daß ſich ein Chriſtlicher Ehr-liebender Haus-Vatter um einen treuen Freunde bewerben und umſehen ſolle/ als laſſen wirs auch dabey verbleiben. Nicht weniger mag man als ein Parergon, allerley an- dere Zeit-Verkuͤrtzungen fuͤr die Hand nehmen; als Jagen/ Gaͤrtlerey/ Muſiken/ ſpatziren gehen/ Schieſ- ſen/ Hetzen/ Baiſſen/ und andere mehr Ubungen. Zum Dritten/ iſt die groͤſte Kunſt und Gluͤckſelig- keit ſich ſelbſt recht erkennen; davon aber wollen wir im folgenden Capitel handeln. Cap. LVI. Die groͤſte Befoͤrderung der Geſundheit iſt/ ſich ſelbſt recht erkennen. KEin bekannters und von allen Weiſen hoͤher ge- prieſenes/ ja in des Delphiſchen Tempels Thuͤr mit guͤldenen Buchſtaben geſchriebenes/ und dem Apollini ſelbſt zugeeignetes Sprichwort iſt/ als γνῶϑι σεαυτὸν, Noſce Teipſum, Erkenne dich ſelbſt; Ja von welchem Juvenalis bezeuget/ es ſey vom Himmel herab kommen. Daraus zwar von den meiſten nur die Be- ſcheidenheit und Maͤſſigkeit in moralibus verſtanden wird/ nichts uͤber Vermoͤgen zu beginnen/ ihm uͤber Moͤglichkeit nichts zuzuſchreiben/ ihm nicht mehr und hoͤhere Sachen von ſich ſelbſt einbilden/ die Ehrſucht und Vermeſſenheit zu meiden/ die Federn nicht hoͤher und weiter/

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Zitationshilfe: Hohberg, Wolf Helmhard von: Georgica Curiosa. Bd. 1. Nürnberg, 1682, S. 152. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hohberg_georgica01_1682/170>, abgerufen am 25.11.2024.