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Hohberg, Wolf Helmhard von: Georgica Curiosa. Bd. 1. Nürnberg, 1682.

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Anderes Buch/ Haus-Vatter.
[Spaltenumbruch] sihet/ und zu ihrer Ankunfft ein freundliches wolgeneigtes
Gesicht erzeiget; und ist besser/ man gebe ihnen zu rech-
ter Zeit/ was das Haus vermag/ sauber und genug;
und nicht (als wie theils pflegen) mit unnothwendigen
überflüssigen Speisen und Gerichten/ zur Unzeit (dar-
auf man allzulange warten muß) mehr eignen Pracht/
als dem Gast einiges Wolgefallen erzeigen/ weil dieser
sich besorgen muß/ in Widerbesuchung gleichmässige
Spesen und Unkosten aufzuwenden/ oder gedencken müs-
se/ man wolle ihm hiemit abdancken/ und gleichsam ab-
schrecken/ daß er dergleichen Ungelegenheit zu verursa-
chen nicht ferner sich erkühnen dörffte. Da hingegen
eine ehrliche/ saubere/ nicht allzuprächtige Tractation,
dabey ein guter Wille/ gutes Gespräche/ und freundliches
Gesichte ist/ die Verträulichkeit unter den Benachbar-
ten pflantzet und unterhält/ und also weder einem/ noch
dem andern Theil zu schwehr fällt/ so man die grossen all-
zukostbaren Prassereyen mit der Mittelmasse temperirt/
und seine Gäste leben lässet/ als ob sie zu Hause wären/
das verderbliche übrige Sauffen einstellet/ und sonst mit
allerley erlaubten und Adelichen Kurtzweilen ihnen die
Zeit zu passiren suchet.

Die letzte Staffel/ die Benachbarten ihme zu ver-
binden/ ist die Dienstwilligkeit/ wann man ihnen in Sa-
chen (die man ohne seinen sonderlichen Schaden und
Nachtheil thun kan) gerne zu Gefallen lebt/ ihnen in
Freuden mit Glückwünschen/ in Traurigkeit mit Trost/
in zweifelhafften Sachen mit Raht/ und in gefährlichen
auch mit der That an die Hand stehet. Also nun bleibt
es bey Edlen/ Tugendreichen Gemüthern nicht bey der
[Spaltenumbruch] blossen Nachbarschafft; sondern es erwächset auch eine
wahre und lebhaffte Freundschafft mit der Zeit daraus; um
welche sich (sonderlich an würdigen und guten Orten)
zu bewerben/ ihm ein jeder ehrlicher Haus-Vatter solle
höchstens angelegen seyn lassen: weil offt mehr als bey
seinen eignen Bluts-Freunden von ihnen zu hoffen/ wie
ein Spanisches Sprichwort lautet:

No ay mejor Espejo,
Que uno Amigo Viejo.

Denn wie der Spiegel im ersten Anblick dem Gesicht/
alle so wol gute als böse Stücke fürhält: also ein guter
Freund einem seine Jrrthümer (ohne welche kein
Mensch lebet) durch freundliche und geheime Andeutun-
gen verbessere/ in dem guten und löblichen Fürsatz stärcke/
der ihm in Gegenwart gefolgsam sey/ in der Abwesenheit
liebe/ in allen vorfallenden zweiffelhafftigen Sachen
treuen Rath und Beystand gebe/ wie dessen sonderlich
ein junger Haus-Wirth mehr/ als andere/ vonnöthen/
weil die Freunde fast dünne gesäet/ und es stätige und
immerwährende Fehl-Jahr der Freundschafft abgibt/
daher sie auch gar wunderselten wol gerathen/ nach dem
Sprichwort:

Treuer Freund ein rarer Gast/
Den Melonen gleich zu schätzen/
Hundert Körner must du setzen/
Eh du einen guten hast.

Sonderlich wo Noth und Gefahr verhanden/ ist der je-
nige glückselig/ der einen wahren geprobten Freund
an der Hand haben/ und in allen Fällen sich kecklich auf
ihn verlassen kan.

Cap. XLVII.
Was zu thun/ wann man zu Vergleich und Abhandlungen in der
Nachbarschafft angesprochen wird.
[Spaltenumbruch]

WJewol sich ein weiser Haus-Vatter hüten solle/
in anderwärtige unnöthige und fürwitzige Hän-
del/ sonderlich zwischen friedhässigen und zanck-
gierigen Leuten einzuflicken/ und ihm nicht selbst Ungele-
genheiten/ Verdruß/ ja auch offtmals Schaden auf den
Halse zu laden/ so kommt es doch bißweilen/ daß er
von Freunden um Beystand angesprochen und gebetten
wird/ so er dann mit gutem Gewissen nicht abschlagen
solle/ in Bedencken/ ihm auch in fürfallenden Begeben-
heiten dergleichen nöthig seyn/ und wo er unbedachtsam
andern seine Assistenz abschlagen/ er selbst auch in pro
prio casu
alsdann der Jhrigen entbähren möchte.

Daher er Erstlich (wo er erbetten wird) sich be-
fleissen solle/ den vornehmsten Zweck und Ursach solches
Handels/ wie auch die Gemüther und Eigenschafft der
Partheyen wol und genau zu erlernen/ wer den ersten
Anlaß gegeben/ obs der Mühe wehrt/ oder nur temera-
rio motu
geschehen/ was eines oder des andern Incli-
nationes;
wie diesem/ und jenem zu begegnen/ ob gantz
nicht/ oder was für eine Mässigung vorzuschlagen/ und
einzubilden/ dardurch sie besänfftigt/ und desto eher ver-
glichen werden.
Fürs Andere/ zu bedencken/ ob er auch beederseits
in gnugsamen Credit/ und ihrer zum Theil mächtig sey/
sie mit vernünfftigen Persvasionen zu gewinnen. Da-
her auch besser in Zanck-Sachen keine Partey/ son-
dern die Mediation über sich zu nehmen/ so ist er bee-
[Spaltenumbruch] den desto weniger verdächtig/ und kan beederseits pro
Re nata
zu- und nachgeben/ auch desto offenhertziger
und verträulicher überall seine Meinung beybringen; fin-
det er aber/ daß er einerseits verhasst/ oder sonst nicht
in gutem Concept sey/ so ist besser/ er schlage seinem
Freund/ der ihn um Beystand angesprochen/ ein ander
taugliches Subject vor/ gebe doch seinen unverfängli-
chen Aufsatz und Vorschlag/ wie er glaube/ daß am
füglichsten aus der Sache zu kommen.
Drittens/ was Käuffe/ Verkäuffe/ Abtheilun-
gen/ Bestand-Nehm- und Verlassungen/ und derglei-
chen Abhandlungen anlanget/ hat er im ersten Buch
aus denen deßwegen gegebenen Informationen und Be-
dencken das jenige/ was sich auf diesen Casum schi-
cken möchte/ vernünfftig heraus zu suchen/ und darnach
seine Consilia und Formularien einzurichten. Nicht
daß es eben eine Nohtdurfft/ weil ein jeder Verstän-
diger ihme selbst und andern/ besser ohne diß wird zu
rathen wissen/ nur daß es ihm unverfänglich ein Denck-
Zettel und Memorial sey/ eines und das andere an die
Hand zu geben und zu erinnern.
Vierdtens/ was Freud- und Trauer-Fälle be-
trifft/ muß er sich in den ersten/ sonderlich in Heuraths-
Sachen/ nach der Parthey Vermögen und Inclination,
nach dem letzten aber/ nach der Billigkeit und Christli-
chen Leben reguliren/ nur daß er/ dem gemeinen Lands-
Brauch

Anderes Buch/ Haus-Vatter.
[Spaltenumbruch] ſihet/ und zu ihrer Ankunfft ein freundliches wolgeneigtes
Geſicht erzeiget; und iſt beſſer/ man gebe ihnen zu rech-
ter Zeit/ was das Haus vermag/ ſauber und genug;
und nicht (als wie theils pflegen) mit unnothwendigen
uͤberfluͤſſigen Speiſen und Gerichten/ zur Unzeit (dar-
auf man allzulange warten muß) mehr eignen Pracht/
als dem Gaſt einiges Wolgefallen erzeigen/ weil dieſer
ſich beſorgen muß/ in Widerbeſuchung gleichmaͤſſige
Speſen und Unkoſten aufzuwenden/ oder gedencken muͤſ-
ſe/ man wolle ihm hiemit abdancken/ und gleichſam ab-
ſchrecken/ daß er dergleichen Ungelegenheit zu verurſa-
chen nicht ferner ſich erkuͤhnen doͤrffte. Da hingegen
eine ehrliche/ ſaubere/ nicht allzupraͤchtige Tractation,
dabey ein guter Wille/ gutes Geſpraͤche/ und freundliches
Geſichte iſt/ die Vertraͤulichkeit unter den Benachbar-
ten pflantzet und unterhaͤlt/ und alſo weder einem/ noch
dem andern Theil zu ſchwehr faͤllt/ ſo man die groſſen all-
zukoſtbaren Praſſereyen mit der Mittelmaſſe temperirt/
und ſeine Gaͤſte leben laͤſſet/ als ob ſie zu Hauſe waͤren/
das verderbliche uͤbrige Sauffen einſtellet/ und ſonſt mit
allerley erlaubten und Adelichen Kurtzweilen ihnen die
Zeit zu paſſiren ſuchet.

Die letzte Staffel/ die Benachbarten ihme zu ver-
binden/ iſt die Dienſtwilligkeit/ wann man ihnen in Sa-
chen (die man ohne ſeinen ſonderlichen Schaden und
Nachtheil thun kan) gerne zu Gefallen lebt/ ihnen in
Freuden mit Gluͤckwuͤnſchen/ in Traurigkeit mit Troſt/
in zweifelhafften Sachen mit Raht/ und in gefaͤhrlichen
auch mit der That an die Hand ſtehet. Alſo nun bleibt
es bey Edlen/ Tugendreichen Gemuͤthern nicht bey der
[Spaltenumbruch] bloſſen Nachbarſchafft; ſondern es erwaͤchſet auch eine
wahre uñ lebhaffte Freundſchafft mit der Zeit daraus; um
welche ſich (ſonderlich an wuͤrdigen und guten Orten)
zu bewerben/ ihm ein jeder ehrlicher Haus-Vatter ſolle
hoͤchſtens angelegen ſeyn laſſen: weil offt mehr als bey
ſeinen eignen Bluts-Freunden von ihnen zu hoffen/ wie
ein Spaniſches Sprichwort lautet:

No ay mejor Eſpejo,
Que uno Amigo Viejo.

Denn wie der Spiegel im erſten Anblick dem Geſicht/
alle ſo wol gute als boͤſe Stuͤcke fuͤrhaͤlt: alſo ein guter
Freund einem ſeine Jrrthuͤmer (ohne welche kein
Menſch lebet) durch freundliche und geheime Andeutun-
gen verbeſſere/ in dem guten und loͤblichen Fuͤrſatz ſtaͤrcke/
der ihm in Gegenwart gefolgſam ſey/ in der Abweſenheit
liebe/ in allen vorfallenden zweiffelhafftigen Sachen
treuen Rath und Beyſtand gebe/ wie deſſen ſonderlich
ein junger Haus-Wirth mehr/ als andere/ vonnoͤthen/
weil die Freunde faſt duͤnne geſaͤet/ und es ſtaͤtige und
immerwaͤhrende Fehl-Jahr der Freundſchafft abgibt/
daher ſie auch gar wunderſelten wol gerathen/ nach dem
Sprichwort:

Treuer Freund ein rarer Gaſt/
Den Melonen gleich zu ſchaͤtzen/
Hundert Koͤrner muſt du ſetzen/
Eh du einen guten haſt.

Sonderlich wo Noth und Gefahr verhanden/ iſt der je-
nige gluͤckſelig/ der einen wahren geprobten Freund
an der Hand haben/ und in allen Faͤllen ſich kecklich auf
ihn verlaſſen kan.

Cap. XLVII.
Was zu thun/ wann man zu Vergleich und Abhandlungen in der
Nachbarſchafft angeſprochen wird.
[Spaltenumbruch]

WJewol ſich ein weiſer Haus-Vatter huͤten ſolle/
in anderwaͤrtige unnoͤthige und fuͤrwitzige Haͤn-
del/ ſonderlich zwiſchen friedhaͤſſigen und zanck-
gierigen Leuten einzuflicken/ und ihm nicht ſelbſt Ungele-
genheiten/ Verdruß/ ja auch offtmals Schaden auf den
Halſe zu laden/ ſo kommt es doch bißweilen/ daß er
von Freunden um Beyſtand angeſprochen und gebetten
wird/ ſo er dann mit gutem Gewiſſen nicht abſchlagen
ſolle/ in Bedencken/ ihm auch in fuͤrfallenden Begeben-
heiten dergleichen noͤthig ſeyn/ und wo er unbedachtſam
andern ſeine Aſſiſtenz abſchlagen/ er ſelbſt auch in pro
prio caſu
alsdann der Jhrigen entbaͤhren moͤchte.

Daher er Erſtlich (wo er erbetten wird) ſich be-
fleiſſen ſolle/ den vornehmſten Zweck und Urſach ſolches
Handels/ wie auch die Gemuͤther und Eigenſchafft der
Partheyen wol und genau zu erlernen/ wer den erſten
Anlaß gegeben/ obs der Muͤhe wehrt/ oder nur temera-
rio motu
geſchehen/ was eines oder des andern Incli-
nationes;
wie dieſem/ und jenem zu begegnen/ ob gantz
nicht/ oder was fuͤr eine Maͤſſigung vorzuſchlagen/ und
einzubilden/ dardurch ſie beſaͤnfftigt/ und deſto eher ver-
glichen werden.
Fuͤrs Andere/ zu bedencken/ ob er auch beederſeits
in gnugſamen Credit/ und ihrer zum Theil maͤchtig ſey/
ſie mit vernuͤnfftigen Perſvaſionen zu gewinnen. Da-
her auch beſſer in Zanck-Sachen keine Partey/ ſon-
dern die Mediation uͤber ſich zu nehmen/ ſo iſt er bee-
[Spaltenumbruch] den deſto weniger verdaͤchtig/ und kan beederſeits pro
Re natâ
zu- und nachgeben/ auch deſto offenhertziger
und vertraͤulicher uͤberall ſeine Meinung beybringen; fin-
det er aber/ daß er einerſeits verhaſſt/ oder ſonſt nicht
in gutem Concept ſey/ ſo iſt beſſer/ er ſchlage ſeinem
Freund/ der ihn um Beyſtand angeſprochen/ ein ander
taugliches Subject vor/ gebe doch ſeinen unverfaͤngli-
chen Aufſatz und Vorſchlag/ wie er glaube/ daß am
fuͤglichſten aus der Sache zu kommen.
Drittens/ was Kaͤuffe/ Verkaͤuffe/ Abtheilun-
gen/ Beſtand-Nehm- und Verlaſſungen/ und derglei-
chen Abhandlungen anlanget/ hat er im erſten Buch
aus denen deßwegen gegebenen Informationen und Be-
dencken das jenige/ was ſich auf dieſen Caſum ſchi-
cken moͤchte/ vernuͤnfftig heraus zu ſuchen/ und darnach
ſeine Conſilia und Formularien einzurichten. Nicht
daß es eben eine Nohtdurfft/ weil ein jeder Verſtaͤn-
diger ihme ſelbſt und andern/ beſſer ohne diß wird zu
rathen wiſſen/ nur daß es ihm unverfaͤnglich ein Denck-
Zettel und Memorial ſey/ eines und das andere an die
Hand zu geben und zu erinnern.
Vierdtens/ was Freud- und Trauer-Faͤlle be-
trifft/ muß er ſich in den erſten/ ſonderlich in Heuraths-
Sachen/ nach der Parthey Vermoͤgen und Inclination,
nach dem letzten aber/ nach der Billigkeit und Chriſtli-
chen Leben reguliren/ nur daß er/ dem gemeinen Lands-
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[143/0161] Anderes Buch/ Haus-Vatter. ſihet/ und zu ihrer Ankunfft ein freundliches wolgeneigtes Geſicht erzeiget; und iſt beſſer/ man gebe ihnen zu rech- ter Zeit/ was das Haus vermag/ ſauber und genug; und nicht (als wie theils pflegen) mit unnothwendigen uͤberfluͤſſigen Speiſen und Gerichten/ zur Unzeit (dar- auf man allzulange warten muß) mehr eignen Pracht/ als dem Gaſt einiges Wolgefallen erzeigen/ weil dieſer ſich beſorgen muß/ in Widerbeſuchung gleichmaͤſſige Speſen und Unkoſten aufzuwenden/ oder gedencken muͤſ- ſe/ man wolle ihm hiemit abdancken/ und gleichſam ab- ſchrecken/ daß er dergleichen Ungelegenheit zu verurſa- chen nicht ferner ſich erkuͤhnen doͤrffte. Da hingegen eine ehrliche/ ſaubere/ nicht allzupraͤchtige Tractation, dabey ein guter Wille/ gutes Geſpraͤche/ und freundliches Geſichte iſt/ die Vertraͤulichkeit unter den Benachbar- ten pflantzet und unterhaͤlt/ und alſo weder einem/ noch dem andern Theil zu ſchwehr faͤllt/ ſo man die groſſen all- zukoſtbaren Praſſereyen mit der Mittelmaſſe temperirt/ und ſeine Gaͤſte leben laͤſſet/ als ob ſie zu Hauſe waͤren/ das verderbliche uͤbrige Sauffen einſtellet/ und ſonſt mit allerley erlaubten und Adelichen Kurtzweilen ihnen die Zeit zu paſſiren ſuchet. Die letzte Staffel/ die Benachbarten ihme zu ver- binden/ iſt die Dienſtwilligkeit/ wann man ihnen in Sa- chen (die man ohne ſeinen ſonderlichen Schaden und Nachtheil thun kan) gerne zu Gefallen lebt/ ihnen in Freuden mit Gluͤckwuͤnſchen/ in Traurigkeit mit Troſt/ in zweifelhafften Sachen mit Raht/ und in gefaͤhrlichen auch mit der That an die Hand ſtehet. Alſo nun bleibt es bey Edlen/ Tugendreichen Gemuͤthern nicht bey der bloſſen Nachbarſchafft; ſondern es erwaͤchſet auch eine wahre uñ lebhaffte Freundſchafft mit der Zeit daraus; um welche ſich (ſonderlich an wuͤrdigen und guten Orten) zu bewerben/ ihm ein jeder ehrlicher Haus-Vatter ſolle hoͤchſtens angelegen ſeyn laſſen: weil offt mehr als bey ſeinen eignen Bluts-Freunden von ihnen zu hoffen/ wie ein Spaniſches Sprichwort lautet: No ay mejor Eſpejo, Que uno Amigo Viejo. Denn wie der Spiegel im erſten Anblick dem Geſicht/ alle ſo wol gute als boͤſe Stuͤcke fuͤrhaͤlt: alſo ein guter Freund einem ſeine Jrrthuͤmer (ohne welche kein Menſch lebet) durch freundliche und geheime Andeutun- gen verbeſſere/ in dem guten und loͤblichen Fuͤrſatz ſtaͤrcke/ der ihm in Gegenwart gefolgſam ſey/ in der Abweſenheit liebe/ in allen vorfallenden zweiffelhafftigen Sachen treuen Rath und Beyſtand gebe/ wie deſſen ſonderlich ein junger Haus-Wirth mehr/ als andere/ vonnoͤthen/ weil die Freunde faſt duͤnne geſaͤet/ und es ſtaͤtige und immerwaͤhrende Fehl-Jahr der Freundſchafft abgibt/ daher ſie auch gar wunderſelten wol gerathen/ nach dem Sprichwort: Treuer Freund ein rarer Gaſt/ Den Melonen gleich zu ſchaͤtzen/ Hundert Koͤrner muſt du ſetzen/ Eh du einen guten haſt. Sonderlich wo Noth und Gefahr verhanden/ iſt der je- nige gluͤckſelig/ der einen wahren geprobten Freund an der Hand haben/ und in allen Faͤllen ſich kecklich auf ihn verlaſſen kan. Cap. XLVII. Was zu thun/ wann man zu Vergleich und Abhandlungen in der Nachbarſchafft angeſprochen wird. WJewol ſich ein weiſer Haus-Vatter huͤten ſolle/ in anderwaͤrtige unnoͤthige und fuͤrwitzige Haͤn- del/ ſonderlich zwiſchen friedhaͤſſigen und zanck- gierigen Leuten einzuflicken/ und ihm nicht ſelbſt Ungele- genheiten/ Verdruß/ ja auch offtmals Schaden auf den Halſe zu laden/ ſo kommt es doch bißweilen/ daß er von Freunden um Beyſtand angeſprochen und gebetten wird/ ſo er dann mit gutem Gewiſſen nicht abſchlagen ſolle/ in Bedencken/ ihm auch in fuͤrfallenden Begeben- heiten dergleichen noͤthig ſeyn/ und wo er unbedachtſam andern ſeine Aſſiſtenz abſchlagen/ er ſelbſt auch in pro prio caſu alsdann der Jhrigen entbaͤhren moͤchte. Daher er Erſtlich (wo er erbetten wird) ſich be- fleiſſen ſolle/ den vornehmſten Zweck und Urſach ſolches Handels/ wie auch die Gemuͤther und Eigenſchafft der Partheyen wol und genau zu erlernen/ wer den erſten Anlaß gegeben/ obs der Muͤhe wehrt/ oder nur temera- rio motu geſchehen/ was eines oder des andern Incli- nationes; wie dieſem/ und jenem zu begegnen/ ob gantz nicht/ oder was fuͤr eine Maͤſſigung vorzuſchlagen/ und einzubilden/ dardurch ſie beſaͤnfftigt/ und deſto eher ver- glichen werden. Fuͤrs Andere/ zu bedencken/ ob er auch beederſeits in gnugſamen Credit/ und ihrer zum Theil maͤchtig ſey/ ſie mit vernuͤnfftigen Perſvaſionen zu gewinnen. Da- her auch beſſer in Zanck-Sachen keine Partey/ ſon- dern die Mediation uͤber ſich zu nehmen/ ſo iſt er bee- den deſto weniger verdaͤchtig/ und kan beederſeits pro Re natâ zu- und nachgeben/ auch deſto offenhertziger und vertraͤulicher uͤberall ſeine Meinung beybringen; fin- det er aber/ daß er einerſeits verhaſſt/ oder ſonſt nicht in gutem Concept ſey/ ſo iſt beſſer/ er ſchlage ſeinem Freund/ der ihn um Beyſtand angeſprochen/ ein ander taugliches Subject vor/ gebe doch ſeinen unverfaͤngli- chen Aufſatz und Vorſchlag/ wie er glaube/ daß am fuͤglichſten aus der Sache zu kommen. Drittens/ was Kaͤuffe/ Verkaͤuffe/ Abtheilun- gen/ Beſtand-Nehm- und Verlaſſungen/ und derglei- chen Abhandlungen anlanget/ hat er im erſten Buch aus denen deßwegen gegebenen Informationen und Be- dencken das jenige/ was ſich auf dieſen Caſum ſchi- cken moͤchte/ vernuͤnfftig heraus zu ſuchen/ und darnach ſeine Conſilia und Formularien einzurichten. Nicht daß es eben eine Nohtdurfft/ weil ein jeder Verſtaͤn- diger ihme ſelbſt und andern/ beſſer ohne diß wird zu rathen wiſſen/ nur daß es ihm unverfaͤnglich ein Denck- Zettel und Memorial ſey/ eines und das andere an die Hand zu geben und zu erinnern. Vierdtens/ was Freud- und Trauer-Faͤlle be- trifft/ muß er ſich in den erſten/ ſonderlich in Heuraths- Sachen/ nach der Parthey Vermoͤgen und Inclination, nach dem letzten aber/ nach der Billigkeit und Chriſtli- chen Leben reguliren/ nur daß er/ dem gemeinen Lands- Brauch

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Zitationshilfe: Hohberg, Wolf Helmhard von: Georgica Curiosa. Bd. 1. Nürnberg, 1682, S. 143. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hohberg_georgica01_1682/161>, abgerufen am 24.11.2024.