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Hofmann von Hofmannswaldau, Christian: Deutsche Ubersetzungen und Gedichte. Breslau, 1679.

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Der sterbende
Simias.
Keines Weges/ dann ich bin der gäntzlichen
Meinung/ daß einem witzigen Manne diese Zärt-
ligkeit über die Massen übel anstehe/ und daß ein
Gemühte/ wie gesetzt es immer sey/ dafern es lange
von dieser Schwachheit angefochten wird/ endlich
in die Gefahr gerathe/ sich gäntzlich abzumatten/
und zu keiner Zeit wiederum zu rechte zukommen.
Socrates.
Die Lust in Seide stets zu gehn/
Mit Diamant und Gold zu prangen/
Mit Purpur reichlich seyn behangen/
Soll da die rechte Wollust stehn?
Simias.
Eben so wenig/ denn ein Weiser sol seinen Geist
mit diesen geringen Sachen nicht beschweren/ noch
sich derselben weiter/ als es des gemeinen Lebens
Dürfftigkeit erfodert/ auf dieser Welt bedienen.
Socrates.
Euch ist nicht unbewust/ daß ein Weiser ihm nicht
die leiblichen Dinge solte angelegen seyn lassen/ son-
dern daß er sich derselben/ den geistlichen Sachen
desto mehr obzuliegen/ so viel immer möglich/ ent-
brechen solle.
Simias.
Jch biß eben dieser Meinung.
So-
Der ſterbende
Simias.
Keines Weges/ dann ich bin der gaͤntzlichen
Meinung/ daß einem witzigen Manne dieſe Zaͤrt-
ligkeit uͤber die Maſſen uͤbel anſtehe/ und daß ein
Gemuͤhte/ wie geſetzt es immer ſey/ dafern es lange
von dieſer Schwachheit angefochten wird/ endlich
in die Gefahr gerathe/ ſich gaͤntzlich abzumatten/
und zu keiner Zeit wiederum zu rechte zukommen.
Socrates.
Die Luſt in Seide ſtets zu gehn/
Mit Diamant und Gold zu prangen/
Mit Purpur reichlich ſeyn behangen/
Soll da die rechte Wolluſt ſtehn?
Simias.
Eben ſo wenig/ denn ein Weiſer ſol ſeinen Geiſt
mit dieſen geringen Sachen nicht beſchweren/ noch
ſich derſelben weiter/ als es des gemeinen Lebens
Duͤrfftigkeit erfodert/ auf dieſer Welt bedienen.
Socrates.
Euch iſt nicht unbewuſt/ daß ein Weiſer ihm nicht
die leiblichen Dinge ſolte angelegen ſeyn laſſen/ ſon-
dern daß er ſich derſelben/ den geiſtlichen Sachen
deſto mehr obzuliegen/ ſo viel immer moͤglich/ ent-
brechen ſolle.
Simias.
Jch biß eben dieſer Meinung.
So-
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[18/0276] Der ſterbende Simias. Keines Weges/ dann ich bin der gaͤntzlichen Meinung/ daß einem witzigen Manne dieſe Zaͤrt- ligkeit uͤber die Maſſen uͤbel anſtehe/ und daß ein Gemuͤhte/ wie geſetzt es immer ſey/ dafern es lange von dieſer Schwachheit angefochten wird/ endlich in die Gefahr gerathe/ ſich gaͤntzlich abzumatten/ und zu keiner Zeit wiederum zu rechte zukommen. Socrates. Die Luſt in Seide ſtets zu gehn/ Mit Diamant und Gold zu prangen/ Mit Purpur reichlich ſeyn behangen/ Soll da die rechte Wolluſt ſtehn? Simias. Eben ſo wenig/ denn ein Weiſer ſol ſeinen Geiſt mit dieſen geringen Sachen nicht beſchweren/ noch ſich derſelben weiter/ als es des gemeinen Lebens Duͤrfftigkeit erfodert/ auf dieſer Welt bedienen. Socrates. Euch iſt nicht unbewuſt/ daß ein Weiſer ihm nicht die leiblichen Dinge ſolte angelegen ſeyn laſſen/ ſon- dern daß er ſich derſelben/ den geiſtlichen Sachen deſto mehr obzuliegen/ ſo viel immer moͤglich/ ent- brechen ſolle. Simias. Jch biß eben dieſer Meinung. So-

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Zitationshilfe: Hofmann von Hofmannswaldau, Christian: Deutsche Ubersetzungen und Gedichte. Breslau, 1679, S. 18. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hofmannswaldau_uebersetzungen_1679/276>, abgerufen am 13.05.2024.