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Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hofmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. Bd. 6. Leipzig, 1709.

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Sinn-Getichte.
Grabschrifft eines kargen filtzes.
DUrch zinse ward ich diß, was ich zuvor gewesen,
Durch zinse ward ich reich, durch zinse ward ich stoltz,
Vor zinse gab ich her geld, wolle, bier und holtz;
Gieb, leser! zinse her, wilst du die grabschrifft lesen.


Räthsel.
NEptun war gantz entbrannt, die Ceres zu umschliessen,
Sie merckte seine gluth, und ließ sich willig küssen;
Sein crystallinen mund sog ihren malvasier,
So zeugten sie ein kind. Wie hieß der name? Bier.


Ein jeder, was ihm schmeckt.
MAn lacht den Daphnis aus, daß er Lisetten küßt,
Weil sie schlecht von geburth, und schlecht von schön-
heit ist.
Gnung, daß sie klugheit hat, wer fraget nach dem schmincken?
Man kan wohl guten wein auch aus dem done trincken.


An die Armille.
DJe Christ-nacht gab dir zwar den zettel in die hand,
Darauf mein nahme stund; wie ist es denn bewandt,
Daß dich ein andrer hat zu seiner braut erlesen?
Das machts, mein zettel ist von lesch-papier gewesen.


Klage eines alten jungen-gesellen
nach der heyrath.
WJe schickt sich funfftzig jahr, und ein verliebter orden?
Wie reimt sich kalt und warm? ein kuß und graues haar?
Dort fehlte mir ein weib, da ich noch jünger war;
Jtzt fehlt der frau ein mann, da ich zu alt bin worden.
Auf
VI. Theil. E
Sinn-Getichte.
Grabſchrifft eines kargen filtzes.
DUrch zinſe ward ich diß, was ich zuvor geweſen,
Durch zinſe ward ich reich, durch zinſe ward ich ſtoltz,
Vor zinſe gab ich her geld, wolle, bier und holtz;
Gieb, leſer! zinſe her, wilſt du die grabſchrifft leſen.


Raͤthſel.
NEptun war gantz entbrannt, die Ceres zu umſchlieſſen,
Sie merckte ſeine gluth, und ließ ſich willig kuͤſſen;
Sein cryſtallinen mund ſog ihren malvaſier,
So zeugten ſie ein kind. Wie hieß der name? Bier.


Ein jeder, was ihm ſchmeckt.
MAn lacht den Daphnis aus, daß er Liſetten kuͤßt,
Weil ſie ſchlecht von geburth, und ſchlecht von ſchoͤn-
heit iſt.
Gnung, daß ſie klugheit hat, wer fraget nach dem ſchmincken?
Man kan wohl guten wein auch aus dem done trincken.


An die Armille.
DJe Chriſt-nacht gab dir zwar den zettel in die hand,
Darauf mein nahme ſtund; wie iſt es denn bewandt,
Daß dich ein andrer hat zu ſeiner braut erleſen?
Das machts, mein zettel iſt von leſch-papier geweſen.


Klage eines alten jungen-geſellen
nach der heyrath.
WJe ſchickt ſich funfftzig jahr, und ein verliebter orden?
Wie reimt ſich kalt und warm? ein kuß und graues haar?
Dort fehlte mir ein weib, da ich noch juͤnger war;
Jtzt fehlt der frau ein mann, da ich zu alt bin worden.
Auf
VI. Theil. E
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[65/0089] Sinn-Getichte. Grabſchrifft eines kargen filtzes. DUrch zinſe ward ich diß, was ich zuvor geweſen, Durch zinſe ward ich reich, durch zinſe ward ich ſtoltz, Vor zinſe gab ich her geld, wolle, bier und holtz; Gieb, leſer! zinſe her, wilſt du die grabſchrifft leſen. Raͤthſel. NEptun war gantz entbrannt, die Ceres zu umſchlieſſen, Sie merckte ſeine gluth, und ließ ſich willig kuͤſſen; Sein cryſtallinen mund ſog ihren malvaſier, So zeugten ſie ein kind. Wie hieß der name? Bier. Ein jeder, was ihm ſchmeckt. MAn lacht den Daphnis aus, daß er Liſetten kuͤßt, Weil ſie ſchlecht von geburth, und ſchlecht von ſchoͤn- heit iſt. Gnung, daß ſie klugheit hat, wer fraget nach dem ſchmincken? Man kan wohl guten wein auch aus dem done trincken. An die Armille. DJe Chriſt-nacht gab dir zwar den zettel in die hand, Darauf mein nahme ſtund; wie iſt es denn bewandt, Daß dich ein andrer hat zu ſeiner braut erleſen? Das machts, mein zettel iſt von leſch-papier geweſen. Klage eines alten jungen-geſellen nach der heyrath. WJe ſchickt ſich funfftzig jahr, und ein verliebter orden? Wie reimt ſich kalt und warm? ein kuß und graues haar? Dort fehlte mir ein weib, da ich noch juͤnger war; Jtzt fehlt der frau ein mann, da ich zu alt bin worden. Auf VI. Theil. E

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Zitationshilfe: Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hofmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. Bd. 6. Leipzig, 1709, S. 65. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte06_1709/89>, abgerufen am 24.11.2024.