Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hofmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. Bd. 6. Leipzig, 1709.Leanders aus Schlesien Es mag der Römer schwarm burg, thor und hof verwachen;Der seele bleibet doch die freyheit unverwehrt: Sie kan der grösten macht und aller stürme lachen: Denn ihren helden-schluß bricht kein geschliffen schwerd. Nein, Rom! du solst dich nicht der stoltzen ehre rühmen, Daß Hannibal ein knie vor dir gebogen hat: Die niederträchtigkeit will helden nicht geziemen, Und wahrer tugend graut vor einer solchen that. Solt' ich aus zagheit itzt der Römer füsse küssen? Der Römer? Die mich stets mit zittern angeschaut? Nein, Hannibal! tritt hier der feinde schluß mit füssen, Nachdem der himmel ihm ein schloß der freyheit baut. Stirb, unerschrockner held! wo helden sterben können: Eutreisse dich behertzt gedräuter dienstbarkeit! Entbrich dich deiner last, um in die burg zu rennen, Wo dich der tugend hand mit cronen überstreut. Drum auf! auf! Hannibal! ermuntre deine geister! Laß deinen helden-muth auch in dem tode sehn! Sey keines Römers knecht! verbleib dein eigner meister! Sonst ist es gantz um dich und deinen ruhm geschehn. Ergreiff das scharffe schwerd! gebrauch die scharffe lantze! Stoß den entblösten dolch durch die behertzte brust! So sproßt aus deinem blut dir eine nachruhms-pflantze, Der keines kerckers dunst, kein untergang bewußt. Doch halt! der adern brunn muß keine klinge färben, Woran das schwartze blut verhaßter Römer klebt; Nein, grosser Hannibal! du kanst durch das nicht sterben, Was deinen feinden einst den sterbe-rock gewebt. Denck an des vatern wort! Denn was man jung geschworen, Muß ein gesetzter sinn im alter nicht bereun; Jst des Hamilears blut der Römer feind gebohren: So muß es Hannibal auch in dem tode seyn. Doch wo gerath ich hin? Was sollen so viel worte? Die feinde brechen ja mit allen kräfften ein; Auf! hurtig Hannibal! auf! öffne dir die pforte! Wer zu den sternen will, muß schnell und munter seyn. Keomm!
Leanders aus Schleſien Es mag der Roͤmer ſchwarm burg, thor und hof verwachen;Der ſeele bleibet doch die freyheit unverwehrt: Sie kan der groͤſten macht und aller ſtuͤrme lachen: Denn ihren helden-ſchluß bricht kein geſchliffen ſchwerd. Nein, Rom! du ſolſt dich nicht der ſtoltzen ehre ruͤhmen, Daß Hannibal ein knie vor dir gebogen hat: Die niedertraͤchtigkeit will helden nicht geziemen, Und wahrer tugend graut vor einer ſolchen that. Solt’ ich aus zagheit itzt der Roͤmer fuͤſſe kuͤſſen? Der Roͤmer? Die mich ſtets mit zittern angeſchaut? Nein, Hannibal! tritt hier der feinde ſchluß mit fuͤſſen, Nachdem der himmel ihm ein ſchloß der freyheit baut. Stirb, unerſchrockner held! wo helden ſterben koͤnnen: Eutreiſſe dich behertzt gedraͤuter dienſtbarkeit! Entbrich dich deiner laſt, um in die burg zu rennen, Wo dich der tugend hand mit cronen uͤberſtreut. Drum auf! auf! Hannibal! ermuntre deine geiſter! Laß deinen helden-muth auch in dem tode ſehn! Sey keines Roͤmers knecht! verbleib dein eigner meiſter! Sonſt iſt es gantz um dich und deinen ruhm geſchehn. Ergreiff das ſcharffe ſchwerd! gebrauch die ſcharffe lantze! Stoß den entbloͤſten dolch durch die behertzte bruſt! So ſproßt aus deinem blut dir eine nachruhms-pflantze, Der keines kerckers dunſt, kein untergang bewußt. Doch halt! der adern brunn muß keine klinge faͤrben, Woran das ſchwartze blut verhaßter Roͤmer klebt; Nein, groſſer Hannibal! du kanſt durch das nicht ſterben, Was deinen feinden einſt den ſterbe-rock gewebt. Denck an des vatern wort! Denn was man jung geſchworen, Muß ein geſetzter ſinn im alter nicht bereun; Jſt des Hamilears blut der Roͤmer feind gebohren: So muß es Hannibal auch in dem tode ſeyn. Doch wo gerath ich hin? Was ſollen ſo viel worte? Die feinde brechen ja mit allen kraͤfften ein; Auf! hurtig Hannibal! auf! oͤffne dir die pforte! Wer zu den ſternen will, muß ſchnell und munter ſeyn. Keomm!
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Leanders aus Schleſien
Es mag der Roͤmer ſchwarm burg, thor und hof verwachen;
Der ſeele bleibet doch die freyheit unverwehrt:
Sie kan der groͤſten macht und aller ſtuͤrme lachen:
Denn ihren helden-ſchluß bricht kein geſchliffen ſchwerd.
Nein, Rom! du ſolſt dich nicht der ſtoltzen ehre ruͤhmen,
Daß Hannibal ein knie vor dir gebogen hat:
Die niedertraͤchtigkeit will helden nicht geziemen,
Und wahrer tugend graut vor einer ſolchen that.
Solt’ ich aus zagheit itzt der Roͤmer fuͤſſe kuͤſſen?
Der Roͤmer? Die mich ſtets mit zittern angeſchaut?
Nein, Hannibal! tritt hier der feinde ſchluß mit fuͤſſen,
Nachdem der himmel ihm ein ſchloß der freyheit baut.
Stirb, unerſchrockner held! wo helden ſterben koͤnnen:
Eutreiſſe dich behertzt gedraͤuter dienſtbarkeit!
Entbrich dich deiner laſt, um in die burg zu rennen,
Wo dich der tugend hand mit cronen uͤberſtreut.
Drum auf! auf! Hannibal! ermuntre deine geiſter!
Laß deinen helden-muth auch in dem tode ſehn!
Sey keines Roͤmers knecht! verbleib dein eigner meiſter!
Sonſt iſt es gantz um dich und deinen ruhm geſchehn.
Ergreiff das ſcharffe ſchwerd! gebrauch die ſcharffe lantze!
Stoß den entbloͤſten dolch durch die behertzte bruſt!
So ſproßt aus deinem blut dir eine nachruhms-pflantze,
Der keines kerckers dunſt, kein untergang bewußt.
Doch halt! der adern brunn muß keine klinge faͤrben,
Woran das ſchwartze blut verhaßter Roͤmer klebt;
Nein, groſſer Hannibal! du kanſt durch das nicht ſterben,
Was deinen feinden einſt den ſterbe-rock gewebt.
Denck an des vatern wort! Denn was man jung geſchworen,
Muß ein geſetzter ſinn im alter nicht bereun;
Jſt des Hamilears blut der Roͤmer feind gebohren:
So muß es Hannibal auch in dem tode ſeyn.
Doch wo gerath ich hin? Was ſollen ſo viel worte?
Die feinde brechen ja mit allen kraͤfften ein;
Auf! hurtig Hannibal! auf! oͤffne dir die pforte!
Wer zu den ſternen will, muß ſchnell und munter ſeyn.
Keomm!
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