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Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hofmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. Bd. 6. Leipzig, 1709.

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Vermischte Getichte.

Damit dein vater nur, wie vor durch tugend-schein,
So itzt im bilde noch möcht unvergleichlich seyn.
Was du und wir gewünscht, ist nun einmahl erfüllet.
Dein vater stehet auf: Die hertzen sind gestillet:
Berlin sieht dich und ihn, und bleibet zweifels-voll,
Wen es am meisten itzt von euch bewundern soll:
Ob diesem, der der welt so einen sohn gezeuget?
Ob den, aus dem der geist des vaters doppelt steiget?

O Herr! was dörffst du mehr nach so viel dingen thun?
Ein andrer würde nun hier suchen auszuruhn;
Du aber eilest fort, läst hof und musen singen,
Und suchst mit deiner macht dem reiche beyzuspringen:
Dem reiche, das bereits in sorgen halb verschmacht;
Jtzt aber, da du kommst, für freuden aufgewacht:
Das niemahls unterliegt, und allzeit pflegt zu siegen,
Wenn deine trouppen ihm, o Held! zu hülffe fliegen.
Die ohren klingen mir, und hör ich mit verstand,
So hat der himmel dir das feld schon zuerkannt,
Und rufft: Man wird allzeit viel grosse fürsten zehlen;
Doch solt Europa sich nur einen wollen wehlen,
Und würde von der welt ein eintzig haupt begehrt:
So wär es keiner so, wie Preussens könig werth.
Wiewohl du achtst es nicht. Denn was dich, Herr! vergnüget,
Jst, wenn so frennd als feind fein gleich das seine krieget;
Und jeder von dir glaubt, daß, wie die that es weist,
Du zwar mehr reiche werth, doch nicht bedürfftig, seyst.
Ach! wenn du alles denn, was du nur wilst, vollbringest:
Wenn du so wohl dich selbst, als deinen feind, bezwingest:
Bedrängten ruhe schaffst: Die wissenschafften pflegst:
Die künste, wie ein kind, auf deinen armen trägst;
Wie kommt es denn, o Held! daß da ich von dir schreibe,
Jch unter tausenden allein verlassen bleibe?
Gesetzt, ich hätte nichts als reimen nur gelernt:
Jst denn die poesie von hofe nun entfernt?
Augustus war wie du: Er schützt und pflantzte cronen:
Doch sah man um sein haus auch manchen tichter wohnen;
Mein

Vermiſchte Getichte.

Damit dein vater nur, wie vor durch tugend-ſchein,
So itzt im bilde noch moͤcht unvergleichlich ſeyn.
Was du und wir gewuͤnſcht, iſt nun einmahl erfuͤllet.
Dein vater ſtehet auf: Die hertzen ſind geſtillet:
Berlin ſieht dich und ihn, und bleibet zweifels-voll,
Wen es am meiſten itzt von euch bewundern ſoll:
Ob dieſem, der der welt ſo einen ſohn gezeuget?
Ob den, aus dem der geiſt des vaters doppelt ſteiget?

O Herꝛ! was doͤrffſt du mehr nach ſo viel dingen thun?
Ein andrer wuͤrde nun hier ſuchen auszuruhn;
Du aber eileſt fort, laͤſt hof und muſen ſingen,
Und ſuchſt mit deiner macht dem reiche beyzuſpringen:
Dem reiche, das bereits in ſorgen halb verſchmacht;
Jtzt aber, da du kommſt, fuͤr freuden aufgewacht:
Das niemahls unterliegt, und allzeit pflegt zu ſiegen,
Wenn deine trouppen ihm, o Held! zu huͤlffe fliegen.
Die ohren klingen mir, und hoͤr ich mit verſtand,
So hat der himmel dir das feld ſchon zuerkannt,
Und rufft: Man wird allzeit viel groſſe fuͤrſten zehlen;
Doch ſolt Europa ſich nur einen wollen wehlen,
Und wuͤrde von der welt ein eintzig haupt begehrt:
So waͤr es keiner ſo, wie Preuſſens koͤnig werth.
Wiewohl du achtſt es nicht. Denn was dich, Herꝛ! vergnuͤget,
Jſt, wenn ſo frennd als feind fein gleich das ſeine krieget;
Und jeder von dir glaubt, daß, wie die that es weiſt,
Du zwar mehr reiche werth, doch nicht beduͤrfftig, ſeyſt.
Ach! wenn du alles denn, was du nur wilſt, vollbringeſt:
Wenn du ſo wohl dich ſelbſt, als deinen feind, bezwingeſt:
Bedraͤngten ruhe ſchaffſt: Die wiſſenſchafften pflegſt:
Die kuͤnſte, wie ein kind, auf deinen armen traͤgſt;
Wie kommt es denn, o Held! daß da ich von dir ſchreibe,
Jch unter tauſenden allein verlaſſen bleibe?
Geſetzt, ich haͤtte nichts als reimen nur gelernt:
Jſt denn die poeſie von hofe nun entfernt?
Auguſtus war wie du: Er ſchuͤtzt und pflantzte cronen:
Doch ſah man um ſein haus auch manchen tichter wohnen;
Mein
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[220/0244] Vermiſchte Getichte. Damit dein vater nur, wie vor durch tugend-ſchein, So itzt im bilde noch moͤcht unvergleichlich ſeyn. Was du und wir gewuͤnſcht, iſt nun einmahl erfuͤllet. Dein vater ſtehet auf: Die hertzen ſind geſtillet: Berlin ſieht dich und ihn, und bleibet zweifels-voll, Wen es am meiſten itzt von euch bewundern ſoll: Ob dieſem, der der welt ſo einen ſohn gezeuget? Ob den, aus dem der geiſt des vaters doppelt ſteiget? O Herꝛ! was doͤrffſt du mehr nach ſo viel dingen thun? Ein andrer wuͤrde nun hier ſuchen auszuruhn; Du aber eileſt fort, laͤſt hof und muſen ſingen, Und ſuchſt mit deiner macht dem reiche beyzuſpringen: Dem reiche, das bereits in ſorgen halb verſchmacht; Jtzt aber, da du kommſt, fuͤr freuden aufgewacht: Das niemahls unterliegt, und allzeit pflegt zu ſiegen, Wenn deine trouppen ihm, o Held! zu huͤlffe fliegen. Die ohren klingen mir, und hoͤr ich mit verſtand, So hat der himmel dir das feld ſchon zuerkannt, Und rufft: Man wird allzeit viel groſſe fuͤrſten zehlen; Doch ſolt Europa ſich nur einen wollen wehlen, Und wuͤrde von der welt ein eintzig haupt begehrt: So waͤr es keiner ſo, wie Preuſſens koͤnig werth. Wiewohl du achtſt es nicht. Denn was dich, Herꝛ! vergnuͤget, Jſt, wenn ſo frennd als feind fein gleich das ſeine krieget; Und jeder von dir glaubt, daß, wie die that es weiſt, Du zwar mehr reiche werth, doch nicht beduͤrfftig, ſeyſt. Ach! wenn du alles denn, was du nur wilſt, vollbringeſt: Wenn du ſo wohl dich ſelbſt, als deinen feind, bezwingeſt: Bedraͤngten ruhe ſchaffſt: Die wiſſenſchafften pflegſt: Die kuͤnſte, wie ein kind, auf deinen armen traͤgſt; Wie kommt es denn, o Held! daß da ich von dir ſchreibe, Jch unter tauſenden allein verlaſſen bleibe? Geſetzt, ich haͤtte nichts als reimen nur gelernt: Jſt denn die poeſie von hofe nun entfernt? Auguſtus war wie du: Er ſchuͤtzt und pflantzte cronen: Doch ſah man um ſein haus auch manchen tichter wohnen; Mein

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Zitationshilfe: Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hofmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. Bd. 6. Leipzig, 1709, S. 220. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte06_1709/244>, abgerufen am 23.11.2024.