Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hofmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. Bd. 6. Leipzig, 1709.Begräbniß-Getichte. Dein rühmliches geschlecht hat schon von grauen jahrenJn GOttes heiligthum den vorhang aufgethan: Es hängt die pietät dir von den eltern an, Die ihrem GOtt getreu, der kirchen nützlich waren: Was wunder! daß ihr geist gedoppelt auf dich kam, Daß GOtt als hirten dich zu zweyen heerden nahm, Und dir durch theuren ruff ein solches amt vertraute, Darinn dein frommer geist mit grossem nutzen baute. Die cantzel und altar, als steine, zeugen mir, Wie du dein liebes volck mit manna hast gespeiset, Und gegen alle dich als vater stets erweiset: Du trugest kern und safft, nicht taube schalen, für: Dein lehren war nicht leer, wenn glauben, lieben, hoffen, Als wie ein klee-blat, dir in mund und hertz gegrünt, Und deiner seelen-schaar zur süssen kost gedient: Wenn deine lippen offt von lauter honig troffen; So reichte deine brust die milch des trostes dar, Und machte Christi wort in reicher maase wahr: Wer diesen theuren fels im glauben kan umschliessen, Von dessen leibe soll ein strohm des lebens fliessen. Zwar dein geheiligt amt war nicht von sorgen frey, Das, wenn du zucker gabst, offt gallen erndten müssen; Doch dieses konte dir den grösten schmertz versüssen, Daß trübsal, creutz und schmach der lehrer crone sey, Und sie nach müh und tod des lebens kleinod erben. So war der fleiß dein preiß, daß du die gröste last Mit lust und freundlichkeit auf dich genommen hast, Du woltest stehende, wie jener käyser, sterben. Nun dieses ist erfüllt, da dir des HErren hand Auf deinem predig-stuhl das scheiden zuerkannt: Gantz Blumeroda soll von deinem ende zeugen, Ja selbst die steine nicht den sanfften tod verschweigen. Die leichen-predigt hast du selber dir gethan, Und, was du sonst gelehrt, durch deinen tod versiegelt. Wohl dem, der sich an dir und deinem ende spiegelt! Der lernet, wie man sanfft und seelig sterben kan. Jtzund M 5
Begraͤbniß-Getichte. Dein ruͤhmliches geſchlecht hat ſchon von grauen jahrenJn GOttes heiligthum den vorhang aufgethan: Es haͤngt die pietaͤt dir von den eltern an, Die ihrem GOtt getreu, der kirchen nuͤtzlich waren: Was wunder! daß ihr geiſt gedoppelt auf dich kam, Daß GOtt als hirten dich zu zweyen heerden nahm, Und dir durch theuren ruff ein ſolches amt vertraute, Darinn dein frommer geiſt mit groſſem nutzen baute. Die cantzel und altar, als ſteine, zeugen mir, Wie du dein liebes volck mit manna haſt geſpeiſet, Und gegen alle dich als vater ſtets erweiſet: Du trugeſt kern und ſafft, nicht taube ſchalen, fuͤr: Dein lehren war nicht leer, wenn glauben, lieben, hoffen, Als wie ein klee-blat, dir in mund und hertz gegruͤnt, Und deiner ſeelen-ſchaar zur ſuͤſſen koſt gedient: Wenn deine lippen offt von lauter honig troffen; So reichte deine bruſt die milch des troſtes dar, Und machte Chriſti wort in reicher maaſe wahr: Wer dieſen theuren fels im glauben kan umſchlieſſen, Von deſſen leibe ſoll ein ſtrohm des lebens flieſſen. Zwar dein geheiligt amt war nicht von ſorgen frey, Das, wenn du zucker gabſt, offt gallen erndten muͤſſen; Doch dieſes konte dir den groͤſten ſchmertz verſuͤſſen, Daß truͤbſal, creutz und ſchmach der lehrer crone ſey, Und ſie nach muͤh und tod des lebens kleinod erben. So war der fleiß dein preiß, daß du die groͤſte laſt Mit luſt und freundlichkeit auf dich genommen haſt, Du wolteſt ſtehende, wie jener kaͤyſer, ſterben. Nun dieſes iſt erfuͤllt, da dir des HErren hand Auf deinem predig-ſtuhl das ſcheiden zuerkannt: Gantz Blumeroda ſoll von deinem ende zeugen, Ja ſelbſt die ſteine nicht den ſanfften tod verſchweigen. Die leichen-predigt haſt du ſelber dir gethan, Und, was du ſonſt gelehrt, durch deinen tod verſiegelt. Wohl dem, der ſich an dir und deinem ende ſpiegelt! Der lernet, wie man ſanfft und ſeelig ſterben kan. Jtzund M 5
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Begraͤbniß-Getichte.
Dein ruͤhmliches geſchlecht hat ſchon von grauen jahren
Jn GOttes heiligthum den vorhang aufgethan:
Es haͤngt die pietaͤt dir von den eltern an,
Die ihrem GOtt getreu, der kirchen nuͤtzlich waren:
Was wunder! daß ihr geiſt gedoppelt auf dich kam,
Daß GOtt als hirten dich zu zweyen heerden nahm,
Und dir durch theuren ruff ein ſolches amt vertraute,
Darinn dein frommer geiſt mit groſſem nutzen baute.
Die cantzel und altar, als ſteine, zeugen mir,
Wie du dein liebes volck mit manna haſt geſpeiſet,
Und gegen alle dich als vater ſtets erweiſet:
Du trugeſt kern und ſafft, nicht taube ſchalen, fuͤr:
Dein lehren war nicht leer, wenn glauben, lieben, hoffen,
Als wie ein klee-blat, dir in mund und hertz gegruͤnt,
Und deiner ſeelen-ſchaar zur ſuͤſſen koſt gedient:
Wenn deine lippen offt von lauter honig troffen;
So reichte deine bruſt die milch des troſtes dar,
Und machte Chriſti wort in reicher maaſe wahr:
Wer dieſen theuren fels im glauben kan umſchlieſſen,
Von deſſen leibe ſoll ein ſtrohm des lebens flieſſen.
Zwar dein geheiligt amt war nicht von ſorgen frey,
Das, wenn du zucker gabſt, offt gallen erndten muͤſſen;
Doch dieſes konte dir den groͤſten ſchmertz verſuͤſſen,
Daß truͤbſal, creutz und ſchmach der lehrer crone ſey,
Und ſie nach muͤh und tod des lebens kleinod erben.
So war der fleiß dein preiß, daß du die groͤſte laſt
Mit luſt und freundlichkeit auf dich genommen haſt,
Du wolteſt ſtehende, wie jener kaͤyſer, ſterben.
Nun dieſes iſt erfuͤllt, da dir des HErren hand
Auf deinem predig-ſtuhl das ſcheiden zuerkannt:
Gantz Blumeroda ſoll von deinem ende zeugen,
Ja ſelbſt die ſteine nicht den ſanfften tod verſchweigen.
Die leichen-predigt haſt du ſelber dir gethan,
Und, was du ſonſt gelehrt, durch deinen tod verſiegelt.
Wohl dem, der ſich an dir und deinem ende ſpiegelt!
Der lernet, wie man ſanfft und ſeelig ſterben kan.
Jtzund
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