Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hofmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. Bd. 6. Leipzig, 1709.Hochzeit-Getichte. Die man in Java sieht. Recht hieß damahls gewinn,Man gab ein stücke brod für einen braten hin, Und nahm ein fettes huhn für garn zu einem kleide. Ein weib war dazumahl, zu vieler männer freude, Nicht gegen geld erkaufft, nicht wegen geld erfreyt; Man zahlte hertz mit hertz, und treu mit redlichkeit, Und kriegte dennoch wohl mehr, als man offt vermeinte. Ach wär es heute noch! Jedoch es ist ja heunte, Da er, herr bräutigam! den nutz bey seite stellt, Gut gegen gut ertauscht, und ohne list und geld Den grösten handel thut; läßt andre sich bemühen, Und um ein stücke gold biß an den Ganges ziehen. Er reißt auf einmal sich von allen sorgen los, Und findet, was er will, in seiner liebsten schos. Sie bringt ihm schönheit zu, er zahlet sie mit lieben: Ach himmel! laß doch nichts diß edle paar betrüben! Ach, Amor! bringe doch die schmertzen und die pein, Die du bißher erweckt, mit süssem wucher ein! Auf die vermählung des durchl. Hessen- Casselischen erb-printzen, mit der Chur- Brandenburgischen printzeßin Louisa, Dorothea, Sophia. An. 1700. BErlin warff unlängst von der Spree Die augen über thal und hügel, Und sahe, gleichsam als im spiegel, Sein glück und andrer städte weh. O! rief es, du verachter sand! Wirst mir ja wohl zu lauter eronen: Denn wo ist heute doch ein land, Da mehr erfreute seelen wohnen? Wenn VI. Theil. G
Hochzeit-Getichte. Die man in Java ſieht. Recht hieß damahls gewinn,Man gab ein ſtuͤcke brod fuͤr einen braten hin, Und nahm ein fettes huhn fuͤr garn zu einem kleide. Ein weib war dazumahl, zu vieler maͤnner freude, Nicht gegen geld erkaufft, nicht wegen geld erfreyt; Man zahlte hertz mit hertz, und treu mit redlichkeit, Und kriegte dennoch wohl mehr, als man offt vermeinte. Ach waͤr es heute noch! Jedoch es iſt ja heunte, Da er, herꝛ braͤutigam! den nutz bey ſeite ſtellt, Gut gegen gut ertauſcht, und ohne liſt und geld Den groͤſten handel thut; laͤßt andre ſich bemuͤhen, Und um ein ſtuͤcke gold biß an den Ganges ziehen. Er reißt auf einmal ſich von allen ſorgen los, Und findet, was er will, in ſeiner liebſten ſchos. Sie bringt ihm ſchoͤnheit zu, er zahlet ſie mit lieben: Ach himmel! laß doch nichts diß edle paar betruͤben! Ach, Amor! bringe doch die ſchmertzen und die pein, Die du bißher erweckt, mit ſuͤſſem wucher ein! Auf die vermaͤhlung des durchl. Heſſen- Caſſeliſchen erb-printzen, mit der Chur- Brandenburgiſchen printzeßin Louiſa, Dorothea, Sophia. An. 1700. BErlin warff unlaͤngſt von der Spree Die augen uͤber thal und huͤgel, Und ſahe, gleichſam als im ſpiegel, Sein gluͤck und andrer ſtaͤdte weh. O! rief es, du verachter ſand! Wirſt mir ja wohl zu lauter eronen: Denn wo iſt heute doch ein land, Da mehr erfreute ſeelen wohnen? Wenn VI. Theil. G
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Hochzeit-Getichte.
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Man gab ein ſtuͤcke brod fuͤr einen braten hin,
Und nahm ein fettes huhn fuͤr garn zu einem kleide.
Ein weib war dazumahl, zu vieler maͤnner freude,
Nicht gegen geld erkaufft, nicht wegen geld erfreyt;
Man zahlte hertz mit hertz, und treu mit redlichkeit,
Und kriegte dennoch wohl mehr, als man offt vermeinte.
Ach waͤr es heute noch! Jedoch es iſt ja heunte,
Da er, herꝛ braͤutigam! den nutz bey ſeite ſtellt,
Gut gegen gut ertauſcht, und ohne liſt und geld
Den groͤſten handel thut; laͤßt andre ſich bemuͤhen,
Und um ein ſtuͤcke gold biß an den Ganges ziehen.
Er reißt auf einmal ſich von allen ſorgen los,
Und findet, was er will, in ſeiner liebſten ſchos.
Sie bringt ihm ſchoͤnheit zu, er zahlet ſie mit lieben:
Ach himmel! laß doch nichts diß edle paar betruͤben!
Ach, Amor! bringe doch die ſchmertzen und die pein,
Die du bißher erweckt, mit ſuͤſſem wucher ein!
Auf die vermaͤhlung des durchl. Heſſen-
Caſſeliſchen erb-printzen, mit der Chur-
Brandenburgiſchen printzeßin
Louiſa, Dorothea, Sophia.
An. 1700.
BErlin warff unlaͤngſt von der Spree
Die augen uͤber thal und huͤgel,
Und ſahe, gleichſam als im ſpiegel,
Sein gluͤck und andrer ſtaͤdte weh.
O! rief es, du verachter ſand!
Wirſt mir ja wohl zu lauter eronen:
Denn wo iſt heute doch ein land,
Da mehr erfreute ſeelen wohnen?
Wenn
VI. Theil. G
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