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Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hoffmannswaldau und anderer Deutschen auserlesener und bißher ungedruckter Gedichte. Bd. 4. Leipzig, 1708.

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Vermischte Gedichte.
Die Nymfen/ so aus lust in deiner gegend spielen/
Die sind der zug-magnet/ sie lenckt dahin den fluß/
Jn hoffnung ihre glut bey ihnen abzukühlen.
Sie schaut die Reinligkeit/ die diese Seelen ziert/
Nicht ohn erstaunen an/ und weiß daß die Crystallen/
Die sie in ihrer flut und nassen zügen führt/
Vor deren glantze selbst zu boden müssen fallen.
So bleibt dein alter ruhm/ du deutscher wald! doch stehn/
Und blüht von neuem auff in unserm vaterlande/
Weil selbst der himmel wil/ daß er nicht soll vergehn/
So trägt ihn Schlesien davon zum unterpfande.



Klagen der betagten Jungfern/ über
ihren einsamen Zustand.
C. H.
UNs jungfern ist numehr auch die gedult entrissen/
Die ziemlich lange zeit hat unsre brust beschwehrt/
So daß wir uns nur itzt einmal beklagen müssen/
Weil deren tyranney auch gar zu lange währt.
Vielleicht erbarmen sich der himmel und das glücke/
Und endern unsre noth/ die noch zu endern ist/
Damit die einsamkeit uns nicht zu boden drücke/
Und uns der kummer-wurm das hertze vollends frist.
Ach schön' und goldne zeit! wo bist du hingeflogen?
Da unsrer jugend schein ein jederman verehrt/
Da man vor uns den hut gebückt hat abgezogen/
Und mit der grösten lust/ uns redende gehört.
Wie glücklich waren doch daselbst noch unsre glieder!
Jedwederm hing das volck besondre lob-sprüch an;
Man

Vermiſchte Gedichte.
Die Nymfen/ ſo aus luſt in deiner gegend ſpielen/
Die ſind der zug-magnet/ ſie lenckt dahin den fluß/
Jn hoffnung ihre glut bey ihnen abzukuͤhlen.
Sie ſchaut die Reinligkeit/ die dieſe Seelen ziert/
Nicht ohn erſtaunen an/ und weiß daß die Cryſtallen/
Die ſie in ihrer flut und naſſen zuͤgen fuͤhrt/
Vor deren glantze ſelbſt zu boden muͤſſen fallen.
So bleibt dein alter ruhm/ du deutſcher wald! doch ſtehn/
Und bluͤht von neuem auff in unſerm vaterlande/
Weil ſelbſt der himmel wil/ daß er nicht ſoll vergehn/
So traͤgt ihn Schleſien davon zum unterpfande.



Klagen der betagten Jungfern/ uͤber
ihren einſamen Zuſtand.
C. H.
UNs jungfern iſt numehr auch die gedult entriſſen/
Die ziemlich lange zeit hat unſre bruſt beſchwehrt/
So daß wir uns nur itzt einmal beklagen muͤſſen/
Weil deren tyranney auch gar zu lange waͤhrt.
Vielleicht erbarmen ſich der himmel und das gluͤcke/
Und endern unſre noth/ die noch zu endern iſt/
Damit die einſamkeit uns nicht zu boden druͤcke/
Und uns der kummer-wurm das hertze vollends friſt.
Ach ſchoͤn’ und goldne zeit! wo biſt du hingeflogen?
Da unſrer jugend ſchein ein jederman verehrt/
Da man vor uns den hut gebuͤckt hat abgezogen/
Und mit der groͤſten luſt/ uns redende gehoͤrt.
Wie gluͤcklich waren doch daſelbſt noch unſre glieder!
Jedwederm hing das volck beſondre lob-ſpruͤch an;
Man
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[310/0312] Vermiſchte Gedichte. Die Nymfen/ ſo aus luſt in deiner gegend ſpielen/ Die ſind der zug-magnet/ ſie lenckt dahin den fluß/ Jn hoffnung ihre glut bey ihnen abzukuͤhlen. Sie ſchaut die Reinligkeit/ die dieſe Seelen ziert/ Nicht ohn erſtaunen an/ und weiß daß die Cryſtallen/ Die ſie in ihrer flut und naſſen zuͤgen fuͤhrt/ Vor deren glantze ſelbſt zu boden muͤſſen fallen. So bleibt dein alter ruhm/ du deutſcher wald! doch ſtehn/ Und bluͤht von neuem auff in unſerm vaterlande/ Weil ſelbſt der himmel wil/ daß er nicht ſoll vergehn/ So traͤgt ihn Schleſien davon zum unterpfande. Klagen der betagten Jungfern/ uͤber ihren einſamen Zuſtand. C. H. UNs jungfern iſt numehr auch die gedult entriſſen/ Die ziemlich lange zeit hat unſre bruſt beſchwehrt/ So daß wir uns nur itzt einmal beklagen muͤſſen/ Weil deren tyranney auch gar zu lange waͤhrt. Vielleicht erbarmen ſich der himmel und das gluͤcke/ Und endern unſre noth/ die noch zu endern iſt/ Damit die einſamkeit uns nicht zu boden druͤcke/ Und uns der kummer-wurm das hertze vollends friſt. Ach ſchoͤn’ und goldne zeit! wo biſt du hingeflogen? Da unſrer jugend ſchein ein jederman verehrt/ Da man vor uns den hut gebuͤckt hat abgezogen/ Und mit der groͤſten luſt/ uns redende gehoͤrt. Wie gluͤcklich waren doch daſelbſt noch unſre glieder! Jedwederm hing das volck beſondre lob-ſpruͤch an; Man

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Zitationshilfe: Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hoffmannswaldau und anderer Deutschen auserlesener und bißher ungedruckter Gedichte. Bd. 4. Leipzig, 1708, S. 310. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte04_1708/312>, abgerufen am 13.05.2024.