Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hoffmannswaldau und anderer Deutschen auserlesener und bißher ungedruckter Gedichte. Bd. 4. Leipzig, 1708.Vermischte Gedichte. Man schmückte diesen weg mit frischen eichen-zweigen/Auf dem der sieger kam. Der helden-lieder thon Empfing die tapfferkeit/ auch selbst der bäume blätter Die unterredeten sich lispelnde davon/ Und nennten den Armin des Vaterlands Erretter. Drauf holte man sie ein/ Thusnelda gieng voran/ Die weiber folgten ihr in zierlichem gepränge/ Und rühmten was Armin und die Armee gethan/ Die freude zeigte sich durch neue siegs-gesänge. Umfieng die Königinn den König/ ihr gemahl/ So thatens alle nach; nahm sie ihn bey den händen/ Gleich griffen alle zu; und nach derselben wahl War jede meisterlich gelehret sich zu wenden. Zur hütten brachte man die männer schwebende/ Die lippe/ so indeß sich nicht mit fremden küssen Und züngeln abgenetzt/ und wo kein wohllust-klee Den safft der nahrung fand/ ließ da den zucker fliessen Jn ihres liebsten mund. Dis war ein götter-tranck Vor die verwundeten und abgematten glieder. War denn der arme mann von vieler arbeit kranck/ So legte sie ihn sanfft auf ihre häute nieder/ Und streichelte den bahrt/ der Deutschen schmuck und lust/ Die finger wusten ihn als kämme durchzufahren/ Bald drückte sie die hand/ bald seine steiffe brust/ Bald fuhr sie ihm' aus ohr/ bald nach den dichten haaren/ Bald wieder sonst wohin. O mehr als goldne zeit! Da jeder auf das gold der treuen liebe dachte/ Da tugend und verstand vor sich den wald geweiht/ Da ihm der himmel selbst hier seine wohnung machte/ Und bey der einfalt saß. Die ungeschminckte pracht Gefiel ihm allzuwohl. Es wurden schwartze haare Noch aus verachtung nicht durch puder weiß gemacht/ Den staub der eitelkeit und falschheit leichte waare. Man überließ das werck der gütigen natur/ Vor perlen stund der schweiß in tropffen ums gesichte/ Den
Vermiſchte Gedichte. Man ſchmuͤckte dieſen weg mit friſchen eichen-zweigen/Auf dem der ſieger kam. Der helden-lieder thon Empfing die tapfferkeit/ auch ſelbſt der baͤume blaͤtter Die unterredeten ſich liſpelnde davon/ Und nennten den Armin des Vaterlands Erretter. Drauf holte man ſie ein/ Thusnelda gieng voran/ Die weiber folgten ihr in zierlichem gepraͤnge/ Und ruͤhmten was Armin und die Armee gethan/ Die freude zeigte ſich durch neue ſiegs-geſaͤnge. Umfieng die Koͤniginn den Koͤnig/ ihr gemahl/ So thatens alle nach; nahm ſie ihn bey den haͤnden/ Gleich griffen alle zu; und nach derſelben wahl War jede meiſterlich gelehret ſich zu wenden. Zur huͤtten brachte man die maͤnner ſchwebende/ Die lippe/ ſo indeß ſich nicht mit fremden kuͤſſen Und zuͤngeln abgenetzt/ und wo kein wohlluſt-klee Den ſafft der nahrung fand/ ließ da den zucker flieſſen Jn ihres liebſten mund. Dis war ein goͤtter-tranck Vor die verwundeten und abgematten glieder. War denn der arme mann von vieler arbeit kranck/ So legte ſie ihn ſanfft auf ihre haͤute nieder/ Und ſtreichelte den bahrt/ der Deutſchen ſchmuck und luſt/ Die finger wuſten ihn als kaͤmme durchzufahren/ Bald druͤckte ſie die hand/ bald ſeine ſteiffe bruſt/ Bald fuhr ſie ihm’ aus ohr/ bald nach den dichten haaren/ Bald wieder ſonſt wohin. O mehr als goldne zeit! Da jeder auf das gold der treuen liebe dachte/ Da tugend und verſtand vor ſich den wald geweiht/ Da ihm der himmel ſelbſt hier ſeine wohnung machte/ Und bey der einfalt ſaß. Die ungeſchminckte pracht Gefiel ihm allzuwohl. Es wurden ſchwartze haare Noch aus verachtung nicht durch puder weiß gemacht/ Den ſtaub der eitelkeit und falſchheit leichte waare. Man uͤberließ das werck der guͤtigen natur/ Vor perlen ſtund der ſchweiß in tropffen ums geſichte/ Den
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Vermiſchte Gedichte.
Man ſchmuͤckte dieſen weg mit friſchen eichen-zweigen/
Auf dem der ſieger kam. Der helden-lieder thon
Empfing die tapfferkeit/ auch ſelbſt der baͤume blaͤtter
Die unterredeten ſich liſpelnde davon/
Und nennten den Armin des Vaterlands Erretter.
Drauf holte man ſie ein/ Thusnelda gieng voran/
Die weiber folgten ihr in zierlichem gepraͤnge/
Und ruͤhmten was Armin und die Armee gethan/
Die freude zeigte ſich durch neue ſiegs-geſaͤnge.
Umfieng die Koͤniginn den Koͤnig/ ihr gemahl/
So thatens alle nach; nahm ſie ihn bey den haͤnden/
Gleich griffen alle zu; und nach derſelben wahl
War jede meiſterlich gelehret ſich zu wenden.
Zur huͤtten brachte man die maͤnner ſchwebende/
Die lippe/ ſo indeß ſich nicht mit fremden kuͤſſen
Und zuͤngeln abgenetzt/ und wo kein wohlluſt-klee
Den ſafft der nahrung fand/ ließ da den zucker flieſſen
Jn ihres liebſten mund. Dis war ein goͤtter-tranck
Vor die verwundeten und abgematten glieder.
War denn der arme mann von vieler arbeit kranck/
So legte ſie ihn ſanfft auf ihre haͤute nieder/
Und ſtreichelte den bahrt/ der Deutſchen ſchmuck und luſt/
Die finger wuſten ihn als kaͤmme durchzufahren/
Bald druͤckte ſie die hand/ bald ſeine ſteiffe bruſt/
Bald fuhr ſie ihm’ aus ohr/ bald nach den dichten
haaren/
Bald wieder ſonſt wohin. O mehr als goldne zeit!
Da jeder auf das gold der treuen liebe dachte/
Da tugend und verſtand vor ſich den wald geweiht/
Da ihm der himmel ſelbſt hier ſeine wohnung machte/
Und bey der einfalt ſaß. Die ungeſchminckte pracht
Gefiel ihm allzuwohl. Es wurden ſchwartze haare
Noch aus verachtung nicht durch puder weiß gemacht/
Den ſtaub der eitelkeit und falſchheit leichte waare.
Man uͤberließ das werck der guͤtigen natur/
Vor perlen ſtund der ſchweiß in tropffen ums geſichte/
Den
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