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Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hoffmannswaldau und anderer Deutschen auserlesener und bißher ungedruckter Gedichte. Bd. 4. Leipzig, 1708.

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Begräbniß-Gedichte.
Deiner reinen wollust-früchte sind zu zeitlich abgemeyt/
Und der liebe rosen-garten hat betrübniß überschneit/
Ja des winters leichen-tuch hat die blumen überzogen/
Wo du bey der arbeits-last trost und linderung gesogen.
Sehn wir die umhüllte leiche noch mit wenig augen an/
Ey so schaun wir wie das elend unsre leiber foltern kan/
Wie der jugend-schmuck verblüht/ wenn die krafft des lei-
bes weichet/
Wie der schönheit blume bricht/ wenn orcan und wetter
streichet.
Doch was reissen wir die wunden durch die feder weiter
auf/
Und vergönnen noch der wehmuht einen unumschränckten
lauff?
Wär' in unserm Gilead doch ein pflaster nur zu finden/
Das den herben seelen-riß kräfftig wäre zu verbinden!
O wie brächten wir so willig und mit freuden öhle dar/
Deiner sinnen schmertz zu lindern und zu trösten bey der
bahr/
Der bey so gehäuffter angst und dem ungemeßnen leiden/
Auch den wohl-geplagten geist könnte von dem leibe scheiden.
Ja der eifer vor den weinberg deines Herren kömmt hierzu/
Da die list der stoltzen hütter stürmt auf deiner seelen ruh/
Die den seelen bessern wein auf den fremden bergen su-
chen/
Und noch dem gesegneten des gerechten Gottes fluchen.
Doch die brunnen Jsraelis/ wo dein hertze stündlich liegt/
Und in diesen wehetagen sich auch da gewiß vergnügt/
Werden auch aus ihrer schooß und den frischen lebens-
qvellen
Deinem geiste bey dem jammer krafft und trost vor au-
gen stellen.
Weil in deinen tage-büchern itzt die trübe fasten steht/
Und der blasse todten-sonntag noch an ihrer seiten geht/
Wünschen wir dir neuen schein/ daß dein geist den schmertz
besiege/
Und mit Gott und ewigkeit in gedancken sich vergnüge.

Kommt

Begraͤbniß-Gedichte.
Deiner reinen wolluſt-fruͤchte ſind zu zeitlich abgemeyt/
Und der liebe roſen-garten hat betruͤbniß uͤberſchneit/
Ja des winters leichen-tuch hat die blumen uͤberzogen/
Wo du bey der arbeits-laſt troſt und linderung geſogen.
Sehn wir die umhuͤllte leiche noch mit wenig augen an/
Ey ſo ſchaun wir wie das elend unſre leiber foltern kan/
Wie der jugend-ſchmuck verbluͤht/ wenn die krafft des lei-
bes weichet/
Wie der ſchoͤnheit blume bricht/ wenn orcan und wetter
ſtreichet.
Doch was reiſſen wir die wunden durch die feder weiter
auf/
Und vergoͤnnen noch der wehmuht einen unumſchraͤnckten
lauff?
Waͤr’ in unſerm Gilead doch ein pflaſter nur zu finden/
Das den herben ſeelen-riß kraͤfftig waͤre zu verbinden!
O wie braͤchten wir ſo willig und mit freuden oͤhle dar/
Deiner ſinnen ſchmertz zu lindern und zu troͤſten bey der
bahr/
Der bey ſo gehaͤuffter angſt und dem ungemeßnen leiden/
Auch den wohl-geplagten geiſt koͤnnte von dem leibe ſcheiden.
Ja der eifer vor den weinberg deines Herren koͤmmt hierzu/
Da die liſt der ſtoltzen huͤtter ſtuͤrmt auf deiner ſeelen ruh/
Die den ſeelen beſſern wein auf den fremden bergen ſu-
chen/
Und noch dem geſegneten des gerechten Gottes fluchen.
Doch die brunnen Jſraelis/ wo dein hertze ſtuͤndlich liegt/
Und in dieſen wehetagen ſich auch da gewiß vergnuͤgt/
Werden auch aus ihrer ſchooß und den friſchen lebens-
qvellen
Deinem geiſte bey dem jammer krafft und troſt vor au-
gen ſtellen.
Weil in deinen tage-buͤchern itzt die truͤbe faſten ſteht/
Und der blaſſe todten-ſonntag noch an ihrer ſeiten geht/
Wuͤnſchen wir dir neuen ſchein/ daß dein geiſt den ſchmertz
beſiege/
Und mit Gott und ewigkeit in gedancken ſich vergnuͤge.

Kommt
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[246/0248] Begraͤbniß-Gedichte. Deiner reinen wolluſt-fruͤchte ſind zu zeitlich abgemeyt/ Und der liebe roſen-garten hat betruͤbniß uͤberſchneit/ Ja des winters leichen-tuch hat die blumen uͤberzogen/ Wo du bey der arbeits-laſt troſt und linderung geſogen. Sehn wir die umhuͤllte leiche noch mit wenig augen an/ Ey ſo ſchaun wir wie das elend unſre leiber foltern kan/ Wie der jugend-ſchmuck verbluͤht/ wenn die krafft des lei- bes weichet/ Wie der ſchoͤnheit blume bricht/ wenn orcan und wetter ſtreichet. Doch was reiſſen wir die wunden durch die feder weiter auf/ Und vergoͤnnen noch der wehmuht einen unumſchraͤnckten lauff? Waͤr’ in unſerm Gilead doch ein pflaſter nur zu finden/ Das den herben ſeelen-riß kraͤfftig waͤre zu verbinden! O wie braͤchten wir ſo willig und mit freuden oͤhle dar/ Deiner ſinnen ſchmertz zu lindern und zu troͤſten bey der bahr/ Der bey ſo gehaͤuffter angſt und dem ungemeßnen leiden/ Auch den wohl-geplagten geiſt koͤnnte von dem leibe ſcheiden. Ja der eifer vor den weinberg deines Herren koͤmmt hierzu/ Da die liſt der ſtoltzen huͤtter ſtuͤrmt auf deiner ſeelen ruh/ Die den ſeelen beſſern wein auf den fremden bergen ſu- chen/ Und noch dem geſegneten des gerechten Gottes fluchen. Doch die brunnen Jſraelis/ wo dein hertze ſtuͤndlich liegt/ Und in dieſen wehetagen ſich auch da gewiß vergnuͤgt/ Werden auch aus ihrer ſchooß und den friſchen lebens- qvellen Deinem geiſte bey dem jammer krafft und troſt vor au- gen ſtellen. Weil in deinen tage-buͤchern itzt die truͤbe faſten ſteht/ Und der blaſſe todten-ſonntag noch an ihrer ſeiten geht/ Wuͤnſchen wir dir neuen ſchein/ daß dein geiſt den ſchmertz beſiege/ Und mit Gott und ewigkeit in gedancken ſich vergnuͤge. Kommt

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Zitationshilfe: Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hoffmannswaldau und anderer Deutschen auserlesener und bißher ungedruckter Gedichte. Bd. 4. Leipzig, 1708, S. 246. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte04_1708/248>, abgerufen am 22.11.2024.