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Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hoffmannswaldau und anderer Deutschen auserlesener und bißher ungedruckter Gedichte. Bd. 3. Leipzig, 1703.

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Vermischte Gedichte.
Jch weis daß sich der todt nicht läst die hände binden/
Der ahnen grauen ruhm/ der ehren hohen stand/
Jch weiß auch/ daß ich sie bey JEsu werde finden/
Wenn er mich holen wird zu sich ins vaterland.
Mein ewig eigenthum und meiner seelen sonne/
Du bist der lichte stern/ der auch durch diese nacht
Mit hellen strahlen bricht/ und mir in süsser wonne
Die thränen trocknet ab/ aus wermut zucker macht.
So bald dein mund mir muß den zoll der liebe geben/
Er sitzt im eignen quell der thränen strenge bach.
Jch seh mein fleisch und blut in deinem antlitz leben/
Und wünsche dich befreyt von allem ungemach.
Versichre dich/ mein trost/ daß uns der höchste liebet/
Weil unser hertze stets in seiner lieb entbrand/
Weil er die seinigen erfreut/ die er betrübet/
So wird uns auch aufs creutz die freude gehn zur hand.
Gleich wie nach banger nacht die welt die sonne mahlet/
Wie nach dem winter sich die blumen stellen ein.
Und nach dem rauhen sturm der Nord-stern wieder strahlet;
So wird das leid zur lust ein antritt müssen seyn.
Du bittest/ daß ich mich der freude soll bedienen/
Diß thu ich ebenfalls und zwar zu dieser zeit/
Da dir ein süsser tag ist abermahls erschienen/
Das auge dieser welt mit holdem glantz erfreut/
Mein engel stecke doch im tempel deines hertzen/
Der offt mit seuffzern wird und thränen angefült/
Weil ihn creutz/ leid und noth und blasse sorgen schwärtzen/
Den freuden-weyrauch an/ der leid und sorgen stilt.
Laß doch der augen paar mit holden blicken spielen/
Wenn sich hat ausgeklärt dein trübes angesicht.
Laß mich doch allezeit ein freuden-zeichen fühlen/
Wenn dir der anmuths-blitz aus deinen augen bricht.
Ein kräfftig himmel-brodt liegt auf den mund-rubinen/
Jhr süsser safft sticht weg den allerbesten wein.
Mir muß ein winter auch der schnee mit rosen grünen/
Wenn mich dein nelcken-mund läst blumen samlen ein.
Du glaubst nicht/ wie ich mich an deiner zier ergetze/
Und wie dein reiner kuß mir in das hertze dringt.
Jch
U 3
Vermiſchte Gedichte.
Jch weis daß ſich der todt nicht laͤſt die haͤnde binden/
Der ahnen grauen ruhm/ der ehren hohen ſtand/
Jch weiß auch/ daß ich ſie bey JEſu werde finden/
Wenn er mich holen wird zu ſich ins vaterland.
Mein ewig eigenthum und meiner ſeelen ſonne/
Du biſt der lichte ſtern/ der auch durch dieſe nacht
Mit hellen ſtrahlen bricht/ und mir in ſuͤſſer wonne
Die thraͤnen trocknet ab/ aus wermut zucker macht.
So bald dein mund mir muß den zoll der liebe geben/
Er ſitzt im eignen quell der thraͤnen ſtrenge bach.
Jch ſeh mein fleiſch und blut in deinem antlitz leben/
Und wuͤnſche dich befreyt von allem ungemach.
Verſichre dich/ mein troſt/ daß uns der hoͤchſte liebet/
Weil unſer hertze ſtets in ſeiner lieb entbrand/
Weil er die ſeinigen erfreut/ die er betruͤbet/
So wird uns auch aufs creutz die freude gehn zur hand.
Gleich wie nach banger nacht die welt die ſonne mahlet/
Wie nach dem winter ſich die blumen ſtellen ein.
Und nach dem rauhen ſturm der Nord-ſtern wieder ſtrahlet;
So wird das leid zur luſt ein antritt muͤſſen ſeyn.
Du bitteſt/ daß ich mich der freude ſoll bedienen/
Diß thu ich ebenfalls und zwar zu dieſer zeit/
Da dir ein ſuͤſſer tag iſt abermahls erſchienen/
Das auge dieſer welt mit holdem glantz erfreut/
Mein engel ſtecke doch im tempel deines hertzen/
Der offt mit ſeuffzern wird und thraͤnen angefuͤlt/
Weil ihn creutz/ leid und noth und blaſſe ſorgen ſchwaͤrtzen/
Den freuden-weyrauch an/ der leid und ſorgen ſtilt.
Laß doch der augen paar mit holden blicken ſpielen/
Wenn ſich hat ausgeklaͤrt dein truͤbes angeſicht.
Laß mich doch allezeit ein freuden-zeichen fuͤhlen/
Wenn dir der anmuths-blitz aus deinen augen bricht.
Ein kraͤfftig himmel-brodt liegt auf den mund-rubinen/
Jhr ſuͤſſer ſafft ſticht weg den allerbeſten wein.
Mir muß ein winter auch der ſchnee mit roſen gruͤnen/
Wenn mich dein nelcken-mund laͤſt blumen ſamlen ein.
Du glaubſt nicht/ wie ich mich an deiner zier ergetze/
Und wie dein reiner kuß mir in das hertze dringt.
Jch
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[307/0317] Vermiſchte Gedichte. Jch weis daß ſich der todt nicht laͤſt die haͤnde binden/ Der ahnen grauen ruhm/ der ehren hohen ſtand/ Jch weiß auch/ daß ich ſie bey JEſu werde finden/ Wenn er mich holen wird zu ſich ins vaterland. Mein ewig eigenthum und meiner ſeelen ſonne/ Du biſt der lichte ſtern/ der auch durch dieſe nacht Mit hellen ſtrahlen bricht/ und mir in ſuͤſſer wonne Die thraͤnen trocknet ab/ aus wermut zucker macht. So bald dein mund mir muß den zoll der liebe geben/ Er ſitzt im eignen quell der thraͤnen ſtrenge bach. Jch ſeh mein fleiſch und blut in deinem antlitz leben/ Und wuͤnſche dich befreyt von allem ungemach. Verſichre dich/ mein troſt/ daß uns der hoͤchſte liebet/ Weil unſer hertze ſtets in ſeiner lieb entbrand/ Weil er die ſeinigen erfreut/ die er betruͤbet/ So wird uns auch aufs creutz die freude gehn zur hand. Gleich wie nach banger nacht die welt die ſonne mahlet/ Wie nach dem winter ſich die blumen ſtellen ein. Und nach dem rauhen ſturm der Nord-ſtern wieder ſtrahlet; So wird das leid zur luſt ein antritt muͤſſen ſeyn. Du bitteſt/ daß ich mich der freude ſoll bedienen/ Diß thu ich ebenfalls und zwar zu dieſer zeit/ Da dir ein ſuͤſſer tag iſt abermahls erſchienen/ Das auge dieſer welt mit holdem glantz erfreut/ Mein engel ſtecke doch im tempel deines hertzen/ Der offt mit ſeuffzern wird und thraͤnen angefuͤlt/ Weil ihn creutz/ leid und noth und blaſſe ſorgen ſchwaͤrtzen/ Den freuden-weyrauch an/ der leid und ſorgen ſtilt. Laß doch der augen paar mit holden blicken ſpielen/ Wenn ſich hat ausgeklaͤrt dein truͤbes angeſicht. Laß mich doch allezeit ein freuden-zeichen fuͤhlen/ Wenn dir der anmuths-blitz aus deinen augen bricht. Ein kraͤfftig himmel-brodt liegt auf den mund-rubinen/ Jhr ſuͤſſer ſafft ſticht weg den allerbeſten wein. Mir muß ein winter auch der ſchnee mit roſen gruͤnen/ Wenn mich dein nelcken-mund laͤſt blumen ſamlen ein. Du glaubſt nicht/ wie ich mich an deiner zier ergetze/ Und wie dein reiner kuß mir in das hertze dringt. Jch U 3

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Zitationshilfe: Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hoffmannswaldau und anderer Deutschen auserlesener und bißher ungedruckter Gedichte. Bd. 3. Leipzig, 1703, S. 307. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte03_1703/317>, abgerufen am 27.05.2024.