Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hoffmannswaldau, Christian Hoffmann von: Herrn von Hoffmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. [Bd. 1]. Leipzig, 1695.

Bild:
<< vorherige Seite
Vermischte Arien.
Der süsse wunder-zeug/ den man die regung heist/
Und ohne dem die welt aus ihren angeln reist/
Und zeitlich würde wüste stehen/
Zeigt fleisch und blut die lebens-spur/
Und wer ihr trachtet zu entgehen/
Beschimpfft die menschlichkeit/ und stöhret die natur.
Wer in der einsamkeit lust und behältniß sucht/
Sich zu verlieren wünscht/ als blüte in der frucht/
Und lebt/ als wär er neu gebohren/
Der macht aus blute schnee und eiß/
Und hat ihm einen weg erkohren/
Den man erdulten muß/ doch nicht zu rühmen weiß.
Den krönet die natur/ die weißlich lebt und liebt/
Und diesem/ was ihm gleicht/ bedachtsam sich ergiebt.
Wir sind nicht engel/ auch nicht steine/
Von fleisch und regung nicht befreyt/
Wir leben nicht vor uns alleine/
Und unser ehlich seyn schmeckt nach der ewigkeit.

Auff Sr. Majest. den Röm. König/
von denen zu Jena studierenden
Schlesiern.
IHr Musen/ laufft zusammen!
Denn Joseph lebet noch.
Mars speyet rauch und flammen/
Und dräuet uns das joch;
Wir aber sind geschützet/
Und lachen/ wenn er plitzet;
Denn Joseph lebet noch.
Europa seufftzt und klaget/
Daß theure zeiten seyn;
Die nahrung wird benaget/
Die bürger gehen ein.
Jedoch/ wenn alle borgen/
So sind wir ohne sorgen:
Denn Joseph lebet noch.
Wir
Vermiſchte Arien.
Der ſuͤſſe wunder-zeug/ den man die regung heiſt/
Und ohne dem die welt aus ihren angeln reiſt/
Und zeitlich wuͤrde wuͤſte ſtehen/
Zeigt fleiſch und blut die lebens-ſpur/
Und wer ihr trachtet zu entgehen/
Beſchimpfft die menſchlichkeit/ und ſtoͤhret die natur.
Wer in der einſamkeit luſt und behaͤltniß ſucht/
Sich zu verlieren wuͤnſcht/ als bluͤte in der frucht/
Und lebt/ als waͤr er neu gebohren/
Der macht aus blute ſchnee und eiß/
Und hat ihm einen weg erkohren/
Den man erdulten muß/ doch nicht zu ruͤhmen weiß.
Den kroͤnet die natur/ die weißlich lebt und liebt/
Und dieſem/ was ihm gleicht/ bedachtſam ſich ergiebt.
Wir ſind nicht engel/ auch nicht ſteine/
Von fleiſch und regung nicht befreyt/
Wir leben nicht vor uns alleine/
Und unſer ehlich ſeyn ſchmeckt nach der ewigkeit.

Auff Sr. Majeſt. den Roͤm. Koͤnig/
von denen zu Jena ſtudierenden
Schleſiern.
IHr Muſen/ laufft zuſammen!
Denn Joſeph lebet noch.
Mars ſpeyet rauch und flammen/
Und draͤuet uns das joch;
Wir aber ſind geſchuͤtzet/
Und lachen/ wenn er plitzet;
Denn Joſeph lebet noch.
Europa ſeufftzt und klaget/
Daß theure zeiten ſeyn;
Die nahrung wird benaget/
Die buͤrger gehen ein.
Jedoch/ wenn alle borgen/
So ſind wir ohne ſorgen:
Denn Joſeph lebet noch.
Wir
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <lg type="poem">
          <pb facs="#f0426" n="382"/>
          <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#fr">Vermi&#x017F;chte Arien.</hi> </fw><lb/>
          <lg n="3">
            <l>Der &#x017F;u&#x0364;&#x017F;&#x017F;e wunder-zeug/ den man die regung hei&#x017F;t/</l><lb/>
            <l>Und ohne dem die welt aus ihren angeln rei&#x017F;t/</l><lb/>
            <l>Und zeitlich wu&#x0364;rde wu&#x0364;&#x017F;te &#x017F;tehen/</l><lb/>
            <l>Zeigt flei&#x017F;ch und blut die lebens-&#x017F;pur/</l><lb/>
            <l>Und wer ihr trachtet zu entgehen/</l><lb/>
            <l>Be&#x017F;chimpfft die men&#x017F;chlichkeit/ und &#x017F;to&#x0364;hret die natur.</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="4">
            <l>Wer in der ein&#x017F;amkeit lu&#x017F;t und beha&#x0364;ltniß &#x017F;ucht/</l><lb/>
            <l>Sich zu verlieren wu&#x0364;n&#x017F;cht/ als blu&#x0364;te in der frucht/</l><lb/>
            <l>Und lebt/ als wa&#x0364;r er neu gebohren/</l><lb/>
            <l>Der macht aus blute &#x017F;chnee und eiß/</l><lb/>
            <l>Und hat ihm einen weg erkohren/</l><lb/>
            <l>Den man erdulten muß/ doch nicht zu ru&#x0364;hmen weiß.</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="5">
            <l>Den kro&#x0364;net die natur/ die weißlich lebt und liebt/</l><lb/>
            <l>Und die&#x017F;em/ was ihm gleicht/ bedacht&#x017F;am &#x017F;ich ergiebt.</l><lb/>
            <l>Wir &#x017F;ind nicht engel/ auch nicht &#x017F;teine/</l><lb/>
            <l>Von flei&#x017F;ch und regung nicht befreyt/</l><lb/>
            <l>Wir leben nicht vor uns alleine/</l><lb/>
            <l>Und un&#x017F;er ehlich &#x017F;eyn &#x017F;chmeckt nach der ewigkeit.</l>
          </lg>
        </lg><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
        <lg type="poem">
          <head><hi rendition="#b">Auff Sr. Maje&#x017F;t. den Ro&#x0364;m. Ko&#x0364;nig/</hi><lb/>
von denen zu Jena &#x017F;tudierenden<lb/>
Schle&#x017F;iern.</head><lb/>
          <lg n="1">
            <l><hi rendition="#in">I</hi>Hr Mu&#x017F;en/ laufft zu&#x017F;ammen!</l><lb/>
            <l>Denn Jo&#x017F;eph lebet noch.</l><lb/>
            <l>Mars &#x017F;peyet rauch und flammen/</l><lb/>
            <l>Und dra&#x0364;uet uns das joch;</l><lb/>
            <l>Wir aber &#x017F;ind ge&#x017F;chu&#x0364;tzet/</l><lb/>
            <l>Und lachen/ wenn er plitzet;</l><lb/>
            <l>Denn Jo&#x017F;eph lebet noch.</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="2">
            <l>Europa &#x017F;eufftzt und klaget/</l><lb/>
            <l>Daß theure zeiten &#x017F;eyn;</l><lb/>
            <l>Die nahrung wird benaget/</l><lb/>
            <l>Die bu&#x0364;rger gehen ein.</l><lb/>
            <l>Jedoch/ wenn alle borgen/</l><lb/>
            <l>So &#x017F;ind wir ohne &#x017F;orgen:</l><lb/>
            <l>Denn Jo&#x017F;eph lebet noch.</l>
          </lg><lb/>
          <fw place="bottom" type="catch">Wir</fw><lb/>
        </lg>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[382/0426] Vermiſchte Arien. Der ſuͤſſe wunder-zeug/ den man die regung heiſt/ Und ohne dem die welt aus ihren angeln reiſt/ Und zeitlich wuͤrde wuͤſte ſtehen/ Zeigt fleiſch und blut die lebens-ſpur/ Und wer ihr trachtet zu entgehen/ Beſchimpfft die menſchlichkeit/ und ſtoͤhret die natur. Wer in der einſamkeit luſt und behaͤltniß ſucht/ Sich zu verlieren wuͤnſcht/ als bluͤte in der frucht/ Und lebt/ als waͤr er neu gebohren/ Der macht aus blute ſchnee und eiß/ Und hat ihm einen weg erkohren/ Den man erdulten muß/ doch nicht zu ruͤhmen weiß. Den kroͤnet die natur/ die weißlich lebt und liebt/ Und dieſem/ was ihm gleicht/ bedachtſam ſich ergiebt. Wir ſind nicht engel/ auch nicht ſteine/ Von fleiſch und regung nicht befreyt/ Wir leben nicht vor uns alleine/ Und unſer ehlich ſeyn ſchmeckt nach der ewigkeit. Auff Sr. Majeſt. den Roͤm. Koͤnig/ von denen zu Jena ſtudierenden Schleſiern. IHr Muſen/ laufft zuſammen! Denn Joſeph lebet noch. Mars ſpeyet rauch und flammen/ Und draͤuet uns das joch; Wir aber ſind geſchuͤtzet/ Und lachen/ wenn er plitzet; Denn Joſeph lebet noch. Europa ſeufftzt und klaget/ Daß theure zeiten ſeyn; Die nahrung wird benaget/ Die buͤrger gehen ein. Jedoch/ wenn alle borgen/ So ſind wir ohne ſorgen: Denn Joſeph lebet noch. Wir

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte01_1695
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte01_1695/426
Zitationshilfe: Hoffmannswaldau, Christian Hoffmann von: Herrn von Hoffmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. [Bd. 1]. Leipzig, 1695, S. 382. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte01_1695/426>, abgerufen am 24.11.2024.