Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hoffmannswaldau, Christian Hoffmann von: Herrn von Hoffmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. [Bd. 1]. Leipzig, 1695.

Bild:
<< vorherige Seite
Begräbniß-Gedichte.
Und so traff Acoluth mit seinen lehren ein:
Diß war die läuterung der Abyßiner schaalen:
Was aber nützet wohl mit engel zungen prahlen/
Wenn wir im hertzen doch nur Epicurer seyn?
Ein priester/ dessen glantz wie diamanten plitzet/
Und dennoch schlechte spreu vor seine seele wehlt;
Dem auff dem munde milch und rosen-zucker sitzet/
Im hertzen aber geist und lebens-öle fehlt;
Kan uns zur himmelfart so wenig schiff und nachen/
Als ohne mittelpunct gewölbte circkel machen.
Den nachruhm/ den auch hier der selige verdient/
Gebrächen mir vielleicht zuschreiben/ zeit und stunden:
So gar war mund und hertz an einen thon verbunden/
So gar hat blüt und frucht nach einer art gegrünt.
Er wust und glaubte fest: Daß scharlach weissen händen/
Und priestern frömmigkeit am allerschönsten steh;
Drum hub er stets zu GOtt als wie die sonnen-wenden/
Den gipffel seines haupts mit freuden in die höh/
Und hatte/ was sein mund der kirchen ausgeleget/
In dreyen schalen auch der seelen eingepreget.
Die erste schaale war sein flammen-volles hertz/
In welchem Christus creutz und seine dornen stunden.
In diesem kühlten sich nun seine liebes-wunden/
So wie ein hirsch durch kraut der glieder gifft und schmertz.
Zwar Alexanders bild ward auch zu Rom getragen/
Und solte dem August ein pfand der ehren seyn:
Allein sein hertz verwarff was Griech und Römer sagen/
Und bildte sich weit mehr mit Christus purpur ein/
Von dessen hohen krafft/ wie sterne von der sonnen/
Die Götter dieser welt selbst ihren glantz gewonnen.
Das glücke/ das der mensch vor seinen abgott hält;
Die ehre/ der wir sonst fußfällig opffer reichen;
Diß alles pflegt er nur der mutte zuvergleichen/
Die durch der flügel krafft in tod und flamme fällt;
Und ließ der zeiten sturm sein hertz so wenig schwächen/
Als spiegel/ deren glantz nur ein gesichte zeigt/
So bald wir aber nur das tafel-glaß zerbrechen/
Mit gleicher würckungs-krafft aus iedem theile steigt;
So daß in ihm der spruch: Viel leiden und doch hoffen/
Wie beym Empedocles wahrhafftig eingetroffen.
Und
Begraͤbniß-Gedichte.
Und ſo traff Acoluth mit ſeinen lehren ein:
Diß war die laͤuterung der Abyßiner ſchaalen:
Was aber nuͤtzet wohl mit engel zungen prahlen/
Wenn wir im hertzen doch nur Epicurer ſeyn?
Ein prieſter/ deſſen glantz wie diamanten plitzet/
Und dennoch ſchlechte ſpreu vor ſeine ſeele wehlt;
Dem auff dem munde milch und roſen-zucker ſitzet/
Im hertzen aber geiſt und lebens-oͤle fehlt;
Kan uns zur himmelfart ſo wenig ſchiff und nachen/
Als ohne mittelpunct gewoͤlbte circkel machen.
Den nachruhm/ den auch hier der ſelige verdient/
Gebraͤchen mir vielleicht zuſchreiben/ zeit und ſtunden:
So gar war mund und hertz an einen thon verbunden/
So gar hat bluͤt und frucht nach einer art gegruͤnt.
Er wuſt und glaubte feſt: Daß ſcharlach weiſſen haͤnden/
Und prieſtern froͤmmigkeit am allerſchoͤnſten ſteh;
Drum hub er ſtets zu GOtt als wie die ſonnen-wenden/
Den gipffel ſeines haupts mit freuden in die hoͤh/
Und hatte/ was ſein mund der kirchen ausgeleget/
In dreyen ſchalen auch der ſeelen eingepreget.
Die erſte ſchaale war ſein flammen-volles hertz/
In welchem Chriſtus creutz und ſeine dornen ſtunden.
In dieſem kuͤhlten ſich nun ſeine liebes-wunden/
So wie ein hirſch durch kraut der glieder gifft und ſchmertz.
Zwar Alexanders bild ward auch zu Rom getragen/
Und ſolte dem Auguſt ein pfand der ehren ſeyn:
Allein ſein hertz verwarff was Griech und Roͤmer ſagen/
Und bildte ſich weit mehr mit Chriſtus purpur ein/
Von deſſen hohen krafft/ wie ſterne von der ſonnen/
Die Goͤtter dieſer welt ſelbſt ihren glantz gewonnen.
Das gluͤcke/ das der menſch vor ſeinen abgott haͤlt;
Die ehre/ der wir ſonſt fußfaͤllig opffer reichen;
Diß alles pflegt er nur der mutte zuvergleichen/
Die durch der fluͤgel krafft in tod und flamme faͤllt;
Und ließ der zeiten ſturm ſein hertz ſo wenig ſchwaͤchen/
Als ſpiegel/ deren glantz nur ein geſichte zeigt/
So bald wir aber nur das tafel-glaß zerbrechen/
Mit gleicher wuͤrckungs-krafft aus iedem theile ſteigt;
So daß in ihm der ſpruch: Viel leiden und doch hoffen/
Wie beym Empedocles wahrhafftig eingetroffen.
Und
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <lg type="poem">
          <pb facs="#f0200" n="156"/>
          <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#fr">Begra&#x0364;bniß-Gedichte.</hi> </fw><lb/>
          <lg n="12">
            <l>Und &#x017F;o traff Acoluth mit &#x017F;einen lehren ein:</l><lb/>
            <l>Diß war die la&#x0364;uterung der Abyßiner &#x017F;chaalen:</l><lb/>
            <l>Was aber nu&#x0364;tzet wohl mit engel zungen prahlen/</l><lb/>
            <l>Wenn wir im hertzen doch nur Epicurer &#x017F;eyn?</l><lb/>
            <l>Ein prie&#x017F;ter/ de&#x017F;&#x017F;en glantz wie diamanten plitzet/</l><lb/>
            <l>Und dennoch &#x017F;chlechte &#x017F;preu vor &#x017F;eine &#x017F;eele wehlt;</l><lb/>
            <l>Dem auff dem munde milch und ro&#x017F;en-zucker &#x017F;itzet/</l><lb/>
            <l>Im hertzen aber gei&#x017F;t und lebens-o&#x0364;le fehlt;</l><lb/>
            <l>Kan uns zur himmelfart &#x017F;o wenig &#x017F;chiff und nachen/</l><lb/>
            <l>Als ohne mittelpunct gewo&#x0364;lbte circkel machen.</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="13">
            <l>Den nachruhm/ den auch hier der &#x017F;elige verdient/</l><lb/>
            <l>Gebra&#x0364;chen mir vielleicht zu&#x017F;chreiben/ zeit und &#x017F;tunden:</l><lb/>
            <l>So gar war mund und hertz an einen thon verbunden/</l><lb/>
            <l>So gar hat blu&#x0364;t und frucht nach einer art gegru&#x0364;nt.</l><lb/>
            <l>Er wu&#x017F;t und glaubte fe&#x017F;t: Daß &#x017F;charlach wei&#x017F;&#x017F;en ha&#x0364;nden/</l><lb/>
            <l>Und prie&#x017F;tern fro&#x0364;mmigkeit am aller&#x017F;cho&#x0364;n&#x017F;ten &#x017F;teh;</l><lb/>
            <l>Drum hub er &#x017F;tets zu GOtt als wie die &#x017F;onnen-wenden/</l><lb/>
            <l>Den gipffel &#x017F;eines haupts mit freuden in die ho&#x0364;h/</l><lb/>
            <l>Und hatte/ was &#x017F;ein mund der kirchen ausgeleget/</l><lb/>
            <l>In dreyen &#x017F;chalen auch der &#x017F;eelen eingepreget.</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="14">
            <l>Die er&#x017F;te &#x017F;chaale war &#x017F;ein flammen-volles hertz/</l><lb/>
            <l>In welchem Chri&#x017F;tus creutz und &#x017F;eine dornen &#x017F;tunden.</l><lb/>
            <l>In die&#x017F;em ku&#x0364;hlten &#x017F;ich nun &#x017F;eine liebes-wunden/</l><lb/>
            <l>So wie ein hir&#x017F;ch durch kraut der glieder gifft und &#x017F;chmertz.</l><lb/>
            <l>Zwar Alexanders bild ward auch zu Rom getragen/</l><lb/>
            <l>Und &#x017F;olte dem Augu&#x017F;t ein pfand der ehren &#x017F;eyn:</l><lb/>
            <l>Allein &#x017F;ein hertz verwarff was Griech und Ro&#x0364;mer &#x017F;agen/</l><lb/>
            <l>Und bildte &#x017F;ich weit mehr mit Chri&#x017F;tus purpur ein/</l><lb/>
            <l>Von de&#x017F;&#x017F;en hohen krafft/ wie &#x017F;terne von der &#x017F;onnen/</l><lb/>
            <l>Die Go&#x0364;tter die&#x017F;er welt &#x017F;elb&#x017F;t ihren glantz gewonnen.</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="15">
            <l>Das glu&#x0364;cke/ das der men&#x017F;ch vor &#x017F;einen abgott ha&#x0364;lt;</l><lb/>
            <l>Die ehre/ der wir &#x017F;on&#x017F;t fußfa&#x0364;llig opffer reichen;</l><lb/>
            <l>Diß alles pflegt er nur der mutte zuvergleichen/</l><lb/>
            <l>Die durch der flu&#x0364;gel krafft in tod und flamme fa&#x0364;llt;</l><lb/>
            <l>Und ließ der zeiten &#x017F;turm &#x017F;ein hertz &#x017F;o wenig &#x017F;chwa&#x0364;chen/</l><lb/>
            <l>Als &#x017F;piegel/ deren glantz nur ein ge&#x017F;ichte zeigt/</l><lb/>
            <l>So bald wir aber nur das tafel-glaß zerbrechen/</l><lb/>
            <l>Mit gleicher wu&#x0364;rckungs-krafft aus iedem theile &#x017F;teigt;</l><lb/>
            <l>So daß in ihm der &#x017F;pruch: Viel leiden und doch hoffen/</l><lb/>
            <l>Wie beym Empedocles wahrhafftig eingetroffen.</l>
          </lg><lb/>
          <fw place="bottom" type="catch">Und</fw><lb/>
        </lg>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[156/0200] Begraͤbniß-Gedichte. Und ſo traff Acoluth mit ſeinen lehren ein: Diß war die laͤuterung der Abyßiner ſchaalen: Was aber nuͤtzet wohl mit engel zungen prahlen/ Wenn wir im hertzen doch nur Epicurer ſeyn? Ein prieſter/ deſſen glantz wie diamanten plitzet/ Und dennoch ſchlechte ſpreu vor ſeine ſeele wehlt; Dem auff dem munde milch und roſen-zucker ſitzet/ Im hertzen aber geiſt und lebens-oͤle fehlt; Kan uns zur himmelfart ſo wenig ſchiff und nachen/ Als ohne mittelpunct gewoͤlbte circkel machen. Den nachruhm/ den auch hier der ſelige verdient/ Gebraͤchen mir vielleicht zuſchreiben/ zeit und ſtunden: So gar war mund und hertz an einen thon verbunden/ So gar hat bluͤt und frucht nach einer art gegruͤnt. Er wuſt und glaubte feſt: Daß ſcharlach weiſſen haͤnden/ Und prieſtern froͤmmigkeit am allerſchoͤnſten ſteh; Drum hub er ſtets zu GOtt als wie die ſonnen-wenden/ Den gipffel ſeines haupts mit freuden in die hoͤh/ Und hatte/ was ſein mund der kirchen ausgeleget/ In dreyen ſchalen auch der ſeelen eingepreget. Die erſte ſchaale war ſein flammen-volles hertz/ In welchem Chriſtus creutz und ſeine dornen ſtunden. In dieſem kuͤhlten ſich nun ſeine liebes-wunden/ So wie ein hirſch durch kraut der glieder gifft und ſchmertz. Zwar Alexanders bild ward auch zu Rom getragen/ Und ſolte dem Auguſt ein pfand der ehren ſeyn: Allein ſein hertz verwarff was Griech und Roͤmer ſagen/ Und bildte ſich weit mehr mit Chriſtus purpur ein/ Von deſſen hohen krafft/ wie ſterne von der ſonnen/ Die Goͤtter dieſer welt ſelbſt ihren glantz gewonnen. Das gluͤcke/ das der menſch vor ſeinen abgott haͤlt; Die ehre/ der wir ſonſt fußfaͤllig opffer reichen; Diß alles pflegt er nur der mutte zuvergleichen/ Die durch der fluͤgel krafft in tod und flamme faͤllt; Und ließ der zeiten ſturm ſein hertz ſo wenig ſchwaͤchen/ Als ſpiegel/ deren glantz nur ein geſichte zeigt/ So bald wir aber nur das tafel-glaß zerbrechen/ Mit gleicher wuͤrckungs-krafft aus iedem theile ſteigt; So daß in ihm der ſpruch: Viel leiden und doch hoffen/ Wie beym Empedocles wahrhafftig eingetroffen. Und

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte01_1695
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte01_1695/200
Zitationshilfe: Hoffmannswaldau, Christian Hoffmann von: Herrn von Hoffmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. [Bd. 1]. Leipzig, 1695, S. 156. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte01_1695/200>, abgerufen am 23.11.2024.