Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hoffmannswaldau, Christian Hoffmann von: Herrn von Hoffmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. [Bd. 1]. Leipzig, 1695.

Bild:
<< vorherige Seite

Vermischte Gedichte.
Daß du der schönheit stern der sternen schönheit bist/
Wer weiß/ was noch in dir und deiner schönheit ist
Für innerlicher preiß? schön seyn ist eine gabe/
Die die natur uns schenckt/ daß man ein vorrecht habe
Für andern in der welt. Es ist der sinnen frau/
Der geister geist und herr. Der äuserliche bau
Der glieder/ und der glantz/ des röthenden geblütes
Gibt zeugniß von der glut und tugend des gemüthes/
Die in den hertzen brennt. So wenig als ein kreyß
Ist ohne mittelpunct/ so wenig schnee und eiß
Kan ohne kälte seyn/ die sonne sonder leuchten/
Der himmel ohne stern/ der regen ohne feuchten/
Diß feuer ohne brand/ der mittag ohne licht/
So wenig kan ein schön- und wolgestalt gesicht
Auch ohne tugend blüh'n. Denn wer hal iemahls pflegen
In schalen aus smaragd geringen koth zu legen?
Man schleust die perl in gold/ den bisam in damast/
Den amber in saphyr. Kein marmolner pallast
Hegt einen Corydon. Kein Printz pflegt zu bewohnen
Ein rauchicht hirten-hauß. Man setzet gold und kronen
Den eulen selten auff. Wie solte die natur/
Die kluge mutter/ denn so unrecht ihre schnur
An Göttern messen aus/ die hurtigen gelencke
Der glieder artlichkeit sind der gemüths-geschencke
Bedeutungen an ihr. Hingegen spürt man bald
Des hertzens niedrigkeit aus heßlicher gestalt.
Zudem so ist sie auch nicht nur für sich alleine
Die göttin/ so sehr schön. Kein mensch ist der verneine/
Du qvell der freundlichkeit! daß du der wollust hauß/
Der brunn der schönheit bist. Du theilest beydes aus.
Die stoltze Juno muß von deiner hand empfangen
Die perlen auff der brust/ die rosen auff den wangen/
Den purpur auff den mund. Du must den hals beziehn
Mit schnee/ das haar mit gold/ die lippen mit rubin/
Die schooß mit helffenbein. Noch mehrers: du kanst stifften/
Daß frische schönheit wächst aus harten stein und grüfften/
Daß ein Thesites offt/ ein hinckender Vulcan/
Ein schön Achilles wird. Wer dencket nicht daran/
Der iemals deine gunst und huld hat wahrgenommen/
Von wannen Phaon hat die schönheit her bekommen/
Der alle sterblichen/ ja götter selber fast
An schönheit übertraff. Wer weiß nicht daß du hast
In alabaster ihm ein balsam-oel verehret
An statt des schiffer-lohns/ mit salben ihn gelehret

Die

Vermiſchte Gedichte.
Daß du der ſchoͤnheit ſtern der ſternen ſchoͤnheit biſt/
Wer weiß/ was noch in dir und deiner ſchoͤnheit iſt
Fuͤr innerlicher preiß? ſchoͤn ſeyn iſt eine gabe/
Die die natur uns ſchenckt/ daß man ein vorrecht habe
Fuͤr andern in der welt. Es iſt der ſinnen frau/
Der geiſter geiſt und herr. Der aͤuſerliche bau
Der glieder/ und der glantz/ des roͤthenden gebluͤtes
Gibt zeugniß von der glut und tugend des gemuͤthes/
Die in den hertzen brennt. So wenig als ein kreyß
Iſt ohne mittelpunct/ ſo wenig ſchnee und eiß
Kan ohne kaͤlte ſeyn/ die ſonne ſonder leuchten/
Der himmel ohne ſtern/ der regen ohne feuchten/
Diß feuer ohne brand/ der mittag ohne licht/
So wenig kan ein ſchoͤn- und wolgeſtalt geſicht
Auch ohne tugend bluͤh’n. Denn wer hal iemahls pflegen
In ſchalen aus ſmaragd geringen koth zu legen?
Man ſchleuſt die perl in gold/ den biſam in damaſt/
Den amber in ſaphyr. Kein marmolner pallaſt
Hegt einen Corydon. Kein Printz pflegt zu bewohnen
Ein rauchicht hirten-hauß. Man ſetzet gold und kronen
Den eulen ſelten auff. Wie ſolte die natur/
Die kluge mutter/ denn ſo unrecht ihre ſchnur
An Goͤttern meſſen aus/ die hurtigen gelencke
Der glieder artlichkeit ſind der gemuͤths-geſchencke
Bedeutungen an ihr. Hingegen ſpuͤrt man bald
Des hertzens niedrigkeit aus heßlicher geſtalt.
Zudem ſo iſt ſie auch nicht nur fuͤr ſich alleine
Die goͤttin/ ſo ſehr ſchoͤn. Kein menſch iſt der verneine/
Du qvell der freundlichkeit! daß du der wolluſt hauß/
Der brunn der ſchoͤnheit biſt. Du theileſt beydes aus.
Die ſtoltze Juno muß von deiner hand empfangen
Die perlen auff der bruſt/ die roſen auff den wangen/
Den purpur auff den mund. Du muſt den hals beziehn
Mit ſchnee/ das haar mit gold/ die lippen mit rubin/
Die ſchooß mit helffenbein. Noch mehrers: du kanſt ſtifften/
Daß friſche ſchoͤnheit waͤchſt aus harten ſtein und gruͤfften/
Daß ein Theſites offt/ ein hinckender Vulcan/
Ein ſchoͤn Achilles wird. Wer dencket nicht daran/
Der iemals deine gunſt und huld hat wahrgenommen/
Von wannen Phaon hat die ſchoͤnheit her bekommen/
Der alle ſterblichen/ ja goͤtter ſelber faſt
An ſchoͤnheit uͤbertraff. Wer weiß nicht daß du haſt
In alabaſter ihm ein balſam-oel verehret
An ſtatt des ſchiffer-lohns/ mit ſalben ihn gelehret

Die
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <lg type="poem">
          <lg n="1">
            <pb facs="#f0292" n="248"/>
            <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#fr">Vermi&#x017F;chte Gedichte.</hi> </fw><lb/>
            <l>Daß du der &#x017F;cho&#x0364;nheit &#x017F;tern der &#x017F;ternen &#x017F;cho&#x0364;nheit bi&#x017F;t/</l><lb/>
            <l>Wer weiß/ was noch in dir und deiner &#x017F;cho&#x0364;nheit i&#x017F;t</l><lb/>
            <l>Fu&#x0364;r innerlicher preiß? &#x017F;cho&#x0364;n &#x017F;eyn i&#x017F;t eine gabe/</l><lb/>
            <l>Die die natur uns &#x017F;chenckt/ daß man ein vorrecht habe</l><lb/>
            <l>Fu&#x0364;r andern in der welt. Es i&#x017F;t der &#x017F;innen frau/</l><lb/>
            <l>Der gei&#x017F;ter gei&#x017F;t und herr. Der a&#x0364;u&#x017F;erliche bau</l><lb/>
            <l>Der glieder/ und der glantz/ des ro&#x0364;thenden geblu&#x0364;tes</l><lb/>
            <l>Gibt zeugniß von der glut und tugend des gemu&#x0364;thes/</l><lb/>
            <l>Die in den hertzen brennt. So wenig als ein kreyß</l><lb/>
            <l>I&#x017F;t ohne mittelpunct/ &#x017F;o wenig &#x017F;chnee und eiß</l><lb/>
            <l>Kan ohne ka&#x0364;lte &#x017F;eyn/ die &#x017F;onne &#x017F;onder leuchten/</l><lb/>
            <l>Der himmel ohne &#x017F;tern/ der regen ohne feuchten/</l><lb/>
            <l>Diß feuer ohne brand/ der mittag ohne licht/</l><lb/>
            <l>So wenig kan ein &#x017F;cho&#x0364;n- und wolge&#x017F;talt ge&#x017F;icht</l><lb/>
            <l>Auch ohne tugend blu&#x0364;h&#x2019;n. Denn wer hal iemahls pflegen</l><lb/>
            <l>In &#x017F;chalen aus &#x017F;maragd geringen koth zu legen?</l><lb/>
            <l>Man &#x017F;chleu&#x017F;t die perl in gold/ den bi&#x017F;am in dama&#x017F;t/</l><lb/>
            <l>Den amber in &#x017F;aphyr. Kein marmolner palla&#x017F;t</l><lb/>
            <l>Hegt einen Corydon. Kein Printz pflegt zu bewohnen</l><lb/>
            <l>Ein rauchicht hirten-hauß. Man &#x017F;etzet gold und kronen</l><lb/>
            <l>Den eulen &#x017F;elten auff. Wie &#x017F;olte die natur/</l><lb/>
            <l>Die kluge mutter/ denn &#x017F;o unrecht ihre &#x017F;chnur</l><lb/>
            <l>An Go&#x0364;ttern me&#x017F;&#x017F;en aus/ die hurtigen gelencke</l><lb/>
            <l>Der glieder artlichkeit &#x017F;ind der gemu&#x0364;ths-ge&#x017F;chencke</l><lb/>
            <l>Bedeutungen an ihr. Hingegen &#x017F;pu&#x0364;rt man bald</l><lb/>
            <l>Des hertzens niedrigkeit aus heßlicher ge&#x017F;talt.</l><lb/>
            <l>Zudem &#x017F;o i&#x017F;t &#x017F;ie auch nicht nur fu&#x0364;r &#x017F;ich alleine</l><lb/>
            <l>Die go&#x0364;ttin/ &#x017F;o &#x017F;ehr &#x017F;cho&#x0364;n. Kein men&#x017F;ch i&#x017F;t der verneine/</l><lb/>
            <l>Du qvell der freundlichkeit! daß du der wollu&#x017F;t hauß/</l><lb/>
            <l>Der brunn der &#x017F;cho&#x0364;nheit bi&#x017F;t. Du theile&#x017F;t beydes aus.</l><lb/>
            <l>Die &#x017F;toltze Juno muß von deiner hand empfangen</l><lb/>
            <l>Die perlen auff der bru&#x017F;t/ die ro&#x017F;en auff den wangen/</l><lb/>
            <l>Den purpur auff den mund. Du mu&#x017F;t den hals beziehn</l><lb/>
            <l>Mit &#x017F;chnee/ das haar mit gold/ die lippen mit rubin/</l><lb/>
            <l>Die &#x017F;chooß mit helffenbein. Noch mehrers: du kan&#x017F;t &#x017F;tifften/</l><lb/>
            <l>Daß fri&#x017F;che &#x017F;cho&#x0364;nheit wa&#x0364;ch&#x017F;t aus harten &#x017F;tein und gru&#x0364;fften/</l><lb/>
            <l>Daß ein The&#x017F;ites offt/ ein hinckender Vulcan/</l><lb/>
            <l>Ein &#x017F;cho&#x0364;n Achilles wird. Wer dencket nicht daran/</l><lb/>
            <l>Der iemals deine gun&#x017F;t und huld hat wahrgenommen/</l><lb/>
            <l>Von wannen Phaon hat die &#x017F;cho&#x0364;nheit her bekommen/</l><lb/>
            <l>Der alle &#x017F;terblichen/ ja go&#x0364;tter &#x017F;elber fa&#x017F;t</l><lb/>
            <l>An &#x017F;cho&#x0364;nheit u&#x0364;bertraff. Wer weiß nicht daß du ha&#x017F;t</l><lb/>
            <l>In alaba&#x017F;ter ihm ein bal&#x017F;am-oel verehret</l><lb/>
            <l>An &#x017F;tatt des &#x017F;chiffer-lohns/ mit &#x017F;alben ihn gelehret</l><lb/>
            <fw place="bottom" type="catch">Die</fw><lb/>
          </lg>
        </lg>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[248/0292] Vermiſchte Gedichte. Daß du der ſchoͤnheit ſtern der ſternen ſchoͤnheit biſt/ Wer weiß/ was noch in dir und deiner ſchoͤnheit iſt Fuͤr innerlicher preiß? ſchoͤn ſeyn iſt eine gabe/ Die die natur uns ſchenckt/ daß man ein vorrecht habe Fuͤr andern in der welt. Es iſt der ſinnen frau/ Der geiſter geiſt und herr. Der aͤuſerliche bau Der glieder/ und der glantz/ des roͤthenden gebluͤtes Gibt zeugniß von der glut und tugend des gemuͤthes/ Die in den hertzen brennt. So wenig als ein kreyß Iſt ohne mittelpunct/ ſo wenig ſchnee und eiß Kan ohne kaͤlte ſeyn/ die ſonne ſonder leuchten/ Der himmel ohne ſtern/ der regen ohne feuchten/ Diß feuer ohne brand/ der mittag ohne licht/ So wenig kan ein ſchoͤn- und wolgeſtalt geſicht Auch ohne tugend bluͤh’n. Denn wer hal iemahls pflegen In ſchalen aus ſmaragd geringen koth zu legen? Man ſchleuſt die perl in gold/ den biſam in damaſt/ Den amber in ſaphyr. Kein marmolner pallaſt Hegt einen Corydon. Kein Printz pflegt zu bewohnen Ein rauchicht hirten-hauß. Man ſetzet gold und kronen Den eulen ſelten auff. Wie ſolte die natur/ Die kluge mutter/ denn ſo unrecht ihre ſchnur An Goͤttern meſſen aus/ die hurtigen gelencke Der glieder artlichkeit ſind der gemuͤths-geſchencke Bedeutungen an ihr. Hingegen ſpuͤrt man bald Des hertzens niedrigkeit aus heßlicher geſtalt. Zudem ſo iſt ſie auch nicht nur fuͤr ſich alleine Die goͤttin/ ſo ſehr ſchoͤn. Kein menſch iſt der verneine/ Du qvell der freundlichkeit! daß du der wolluſt hauß/ Der brunn der ſchoͤnheit biſt. Du theileſt beydes aus. Die ſtoltze Juno muß von deiner hand empfangen Die perlen auff der bruſt/ die roſen auff den wangen/ Den purpur auff den mund. Du muſt den hals beziehn Mit ſchnee/ das haar mit gold/ die lippen mit rubin/ Die ſchooß mit helffenbein. Noch mehrers: du kanſt ſtifften/ Daß friſche ſchoͤnheit waͤchſt aus harten ſtein und gruͤfften/ Daß ein Theſites offt/ ein hinckender Vulcan/ Ein ſchoͤn Achilles wird. Wer dencket nicht daran/ Der iemals deine gunſt und huld hat wahrgenommen/ Von wannen Phaon hat die ſchoͤnheit her bekommen/ Der alle ſterblichen/ ja goͤtter ſelber faſt An ſchoͤnheit uͤbertraff. Wer weiß nicht daß du haſt In alabaſter ihm ein balſam-oel verehret An ſtatt des ſchiffer-lohns/ mit ſalben ihn gelehret Die

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte01_1695
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte01_1695/292
Zitationshilfe: Hoffmannswaldau, Christian Hoffmann von: Herrn von Hoffmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. [Bd. 1]. Leipzig, 1695, S. 248. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte01_1695/292>, abgerufen am 22.12.2024.