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Hoffmannswaldau, Christian Hoffmann von: Herrn von Hoffmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. [Bd. 1]. Leipzig, 1695.

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Vermischte Gedichte.
Die Juno mit gewalt und reichthum hat versucht/
Umsonst. Wie sehr ihn neid und ehrsucht hat verflucht;
Das urtheil blieb beliebt/ die soll die schönste leben/
Die Paris diesen preiß wird zum geschencke geben.
Nun hätt' er ja in nichts nicht weißlicher gethan/
Als was sein auge weist. Ich lache derer wahn/
Die ihn/ ich weiß nicht wie/ mit was für worten schmähen/
Daß er nicht gold noch macht/ noch weißheit angesehen.
Schau/ alberner verstand! Hat sie ihn nicht begabt
Mit dem/ was Troja nicht/ nicht Phrygien gehabt?
Was Sparta groß gemacht/ mit Helena/ dem wunder/
Um derentwegen bloß hernach des krieges-zunder
Die burg des Astarachs/ das alte königs-hauß/
Des grossen Iliums/ in abgebrannten grauß
Und asche hat verkehrt? Was kont er doch nicht schauen
An seiner Tintaris/ der fürstin aller frauen?
Gewißlich stimm' ich hier auch Paris meynung bey:
Daß eine schöne frau ein halber himmel sey.
Was ist uns denn gedient mit Gangens perlen-sande/
Mit Tagus göldnen schaum und mit dem hohen stande?
Man schleust den freyen sinn zu steter hertzens-pein/
Zu armer seelen-qvaal in reiche kisten ein.
Kein gold kan uns alsbald ein schönes weib erwerben/
Die schönheit aber geld. Der adel/ den wir erben/
Sucht endlich diesen zweck/ und übertritt sein ziel/
Wenn er offt fürs geschlecht unedle schönheit will.
Den purpur wirfft man weg. Denn liebe darff die seide/
Indem sie nackend ist/ zu keinem hoffarts-kleide.
Sobald ein könig liebt/ wird seines scepters gold
Ein höltzern hirten-stab. Die unverfälschte hold
Weiß von dem hochmuth nicht; Die gunst von keinen pralen/
Der krone kostbar ertz zerschmiltzet für den sirahlen
Der heissen seelen-brunst/ die klugheit und die macht
Wird von der liebe nur bethört und ausgelacht.
Wir/ wenn wir von kind auff bey Pallas fahn vergrauen/
Und auff der weißheit grund nicht schlechte thürme bauen/
So haben wir auff nichts/ als dessen zweck gezielt/
Und wird das gantze thun auff sonsten nichts gespielt/
Als auff ein schönes weib. Diß sind der liebe wercke!
Diß ist der weißheit danck/ diß ist der schönheit stärcke/
Des feuers/ welches eis wie schwefel zündet an/
Der kette/ die den sinn/ als demant fässeln kan/
Der sonne/ deren strahl durch alle glieder plitzet/
Des pfeiles/ welcher auch ein steinern hertz zerritzet.

De[r]

Vermiſchte Gedichte.
Die Juno mit gewalt und reichthum hat verſucht/
Umſonſt. Wie ſehr ihn neid und ehrſucht hat verflucht;
Das urtheil blieb beliebt/ die ſoll die ſchoͤnſte leben/
Die Paris dieſen preiß wird zum geſchencke geben.
Nun haͤtt’ er ja in nichts nicht weißlicher gethan/
Als was ſein auge weiſt. Ich lache derer wahn/
Die ihn/ ich weiß nicht wie/ mit was fuͤr worten ſchmaͤhen/
Daß er nicht gold noch macht/ noch weißheit angeſehen.
Schau/ alberner verſtand! Hat ſie ihn nicht begabt
Mit dem/ was Troja nicht/ nicht Phrygien gehabt?
Was Sparta groß gemacht/ mit Helena/ dem wunder/
Um derentwegen bloß hernach des krieges-zunder
Die burg des Aſtarachs/ das alte koͤnigs-hauß/
Des groſſen Iliums/ in abgebrannten grauß
Und aſche hat verkehrt? Was kont er doch nicht ſchauen
An ſeiner Tintaris/ der fuͤrſtin aller frauen?
Gewißlich ſtimm’ ich hier auch Paris meynung bey:
Daß eine ſchoͤne frau ein halber himmel ſey.
Was iſt uns denn gedient mit Gangens perlen-ſande/
Mit Tagus goͤldnen ſchaum und mit dem hohen ſtande?
Man ſchleuſt den freyen ſinn zu ſteter hertzens-pein/
Zu armer ſeelen-qvaal in reiche kiſten ein.
Kein gold kan uns alsbald ein ſchoͤnes weib erwerben/
Die ſchoͤnheit aber geld. Der adel/ den wir erben/
Sucht endlich dieſen zweck/ und uͤbertritt ſein ziel/
Wenn er offt fuͤrs geſchlecht unedle ſchoͤnheit will.
Den purpur wirfft man weg. Denn liebe darff die ſeide/
Indem ſie nackend iſt/ zu keinem hoffarts-kleide.
Sobald ein koͤnig liebt/ wird ſeines ſcepters gold
Ein hoͤltzern hirten-ſtab. Die unverfaͤlſchte hold
Weiß von dem hochmuth nicht; Die gunſt von keinen pralen/
Der krone koſtbar ertz zerſchmiltzet fuͤr den ſirahlen
Der heiſſen ſeelen-brunſt/ die klugheit und die macht
Wird von der liebe nur bethoͤrt und ausgelacht.
Wir/ wenn wir von kind auff bey Pallas fahn vergrauen/
Und auff der weißheit grund nicht ſchlechte thuͤrme bauen/
So haben wir auff nichts/ als deſſen zweck gezielt/
Und wird das gantze thun auff ſonſten nichts geſpielt/
Als auff ein ſchoͤnes weib. Diß ſind der liebe wercke!
Diß iſt der weißheit danck/ diß iſt der ſchoͤnheit ſtaͤrcke/
Des feuers/ welches eis wie ſchwefel zuͤndet an/
Der kette/ die den ſinn/ als demant faͤſſeln kan/
Der ſonne/ deren ſtrahl durch alle glieder plitzet/
Des pfeiles/ welcher auch ein ſteinern hertz zerritzet.

De[r]
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[246/0290] Vermiſchte Gedichte. Die Juno mit gewalt und reichthum hat verſucht/ Umſonſt. Wie ſehr ihn neid und ehrſucht hat verflucht; Das urtheil blieb beliebt/ die ſoll die ſchoͤnſte leben/ Die Paris dieſen preiß wird zum geſchencke geben. Nun haͤtt’ er ja in nichts nicht weißlicher gethan/ Als was ſein auge weiſt. Ich lache derer wahn/ Die ihn/ ich weiß nicht wie/ mit was fuͤr worten ſchmaͤhen/ Daß er nicht gold noch macht/ noch weißheit angeſehen. Schau/ alberner verſtand! Hat ſie ihn nicht begabt Mit dem/ was Troja nicht/ nicht Phrygien gehabt? Was Sparta groß gemacht/ mit Helena/ dem wunder/ Um derentwegen bloß hernach des krieges-zunder Die burg des Aſtarachs/ das alte koͤnigs-hauß/ Des groſſen Iliums/ in abgebrannten grauß Und aſche hat verkehrt? Was kont er doch nicht ſchauen An ſeiner Tintaris/ der fuͤrſtin aller frauen? Gewißlich ſtimm’ ich hier auch Paris meynung bey: Daß eine ſchoͤne frau ein halber himmel ſey. Was iſt uns denn gedient mit Gangens perlen-ſande/ Mit Tagus goͤldnen ſchaum und mit dem hohen ſtande? Man ſchleuſt den freyen ſinn zu ſteter hertzens-pein/ Zu armer ſeelen-qvaal in reiche kiſten ein. Kein gold kan uns alsbald ein ſchoͤnes weib erwerben/ Die ſchoͤnheit aber geld. Der adel/ den wir erben/ Sucht endlich dieſen zweck/ und uͤbertritt ſein ziel/ Wenn er offt fuͤrs geſchlecht unedle ſchoͤnheit will. Den purpur wirfft man weg. Denn liebe darff die ſeide/ Indem ſie nackend iſt/ zu keinem hoffarts-kleide. Sobald ein koͤnig liebt/ wird ſeines ſcepters gold Ein hoͤltzern hirten-ſtab. Die unverfaͤlſchte hold Weiß von dem hochmuth nicht; Die gunſt von keinen pralen/ Der krone koſtbar ertz zerſchmiltzet fuͤr den ſirahlen Der heiſſen ſeelen-brunſt/ die klugheit und die macht Wird von der liebe nur bethoͤrt und ausgelacht. Wir/ wenn wir von kind auff bey Pallas fahn vergrauen/ Und auff der weißheit grund nicht ſchlechte thuͤrme bauen/ So haben wir auff nichts/ als deſſen zweck gezielt/ Und wird das gantze thun auff ſonſten nichts geſpielt/ Als auff ein ſchoͤnes weib. Diß ſind der liebe wercke! Diß iſt der weißheit danck/ diß iſt der ſchoͤnheit ſtaͤrcke/ Des feuers/ welches eis wie ſchwefel zuͤndet an/ Der kette/ die den ſinn/ als demant faͤſſeln kan/ Der ſonne/ deren ſtrahl durch alle glieder plitzet/ Des pfeiles/ welcher auch ein ſteinern hertz zerritzet. Der

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Zitationshilfe: Hoffmannswaldau, Christian Hoffmann von: Herrn von Hoffmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. [Bd. 1]. Leipzig, 1695, S. 246. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte01_1695/290>, abgerufen am 22.12.2024.