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[Hoffmann, E. T. A.]: Nachtstücke. Bd. 2. Berlin, 1817.

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worfen hatte. "Salama milek!" sprach der Hof¬
rath den Baron Exter umarmend, der sofort den
Turban abnahm, und ihn wieder auf die Perücke
stülpte, nachdem er sich den Schweiß von der Stirne
mit einem ostindischen Tuch weggetrocknet. In dem
Augenblick bewegte sich auch in den Zweigen eines
Spätkirschenbaums der goldstrahlende Fleck, den
Ernst schon lange betrachtet hatte, ohne enträthseln
zu können, was da oben sitze. Es war blos der ge¬
heime Commerzien Rath Harscher in einem gold¬
stoffnen Ehrenkleide, eben solchen Beinkleidern und
silberstoffner mit blauen Rosenbouquets bestreuter
Weste, der nun sich aus den Blättern des Kirschbaums
entwickelte, und für sein Alter behende genug auf der
angelehnten Leiter herab stieg und mit ganz fei¬
ner etwas quäckender Stimme singend oder vielmehr
kreischend: "Ah! che vedo -- o dio che sen¬
to!
" dem türkischen Gesandten in die Arme eilte.
Der Commerzien-Rath hatte seine Jugendzeit in
Italien zugebracht, war ein großer Musikus und
wollte noch immer mittelst eines lang geübten Fal¬
setts singen wie Farinelli. "Ich weiß," sprach Wi¬

worfen hatte. „Salama milek!“ ſprach der Hof¬
rath den Baron Exter umarmend, der ſofort den
Turban abnahm, und ihn wieder auf die Peruͤcke
ſtuͤlpte, nachdem er ſich den Schweiß von der Stirne
mit einem oſtindiſchen Tuch weggetrocknet. In dem
Augenblick bewegte ſich auch in den Zweigen eines
Spaͤtkirſchenbaums der goldſtrahlende Fleck, den
Ernſt ſchon lange betrachtet hatte, ohne entraͤthſeln
zu koͤnnen, was da oben ſitze. Es war blos der ge¬
heime Commerzien Rath Harſcher in einem gold¬
ſtoffnen Ehrenkleide, eben ſolchen Beinkleidern und
ſilberſtoffner mit blauen Roſenbouquets beſtreuter
Weſte, der nun ſich aus den Blaͤttern des Kirſchbaums
entwickelte, und fuͤr ſein Alter behende genug auf der
angelehnten Leiter herab ſtieg und mit ganz fei¬
ner etwas quaͤckender Stimme ſingend oder vielmehr
kreiſchend: „Ah! che vedo — o dio che ſen¬
to!
“ dem tuͤrkiſchen Geſandten in die Arme eilte.
Der Commerzien-Rath hatte ſeine Jugendzeit in
Italien zugebracht, war ein großer Muſikus und
wollte noch immer mittelſt eines lang geuͤbten Fal¬
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[343/0351] worfen hatte. „Salama milek!“ ſprach der Hof¬ rath den Baron Exter umarmend, der ſofort den Turban abnahm, und ihn wieder auf die Peruͤcke ſtuͤlpte, nachdem er ſich den Schweiß von der Stirne mit einem oſtindiſchen Tuch weggetrocknet. In dem Augenblick bewegte ſich auch in den Zweigen eines Spaͤtkirſchenbaums der goldſtrahlende Fleck, den Ernſt ſchon lange betrachtet hatte, ohne entraͤthſeln zu koͤnnen, was da oben ſitze. Es war blos der ge¬ heime Commerzien Rath Harſcher in einem gold¬ ſtoffnen Ehrenkleide, eben ſolchen Beinkleidern und ſilberſtoffner mit blauen Roſenbouquets beſtreuter Weſte, der nun ſich aus den Blaͤttern des Kirſchbaums entwickelte, und fuͤr ſein Alter behende genug auf der angelehnten Leiter herab ſtieg und mit ganz fei¬ ner etwas quaͤckender Stimme ſingend oder vielmehr kreiſchend: „Ah! che vedo — o dio che ſen¬ to!“ dem tuͤrkiſchen Geſandten in die Arme eilte. Der Commerzien-Rath hatte ſeine Jugendzeit in Italien zugebracht, war ein großer Muſikus und wollte noch immer mittelſt eines lang geuͤbten Fal¬ ſetts ſingen wie Farinelli. „Ich weiß,“ ſprach Wi¬

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Zitationshilfe: [Hoffmann, E. T. A.]: Nachtstücke. Bd. 2. Berlin, 1817, S. 343. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_nachtstuecke02_1817/351>, abgerufen am 22.11.2024.