lag wie festschlafend und träumend auf dem Kana¬ pee. Kaum war ich eingetreten, als sie sich erhob, auf mich zukam, mich bei der Hand ergriff und fei¬ erlichen Schritts durch den Pavillon ging. Dann kniete sie nieder, ich that ein gleiches, sie betete und ich bemerkte bald, daß sie im Geiste einen Priester vor uns sah. Sie zog einen Ring vom Finger, den sie dem Priester darreichte, ich nahm ihn und steckte ihr einen goldnen Ring an, den ich von mei¬ nem Finger zog, dann sank sie mit der inbrünstig¬ sten Liebe in meine Arme -- Als ich entfloh, lag sie in tiefem bewußtlosen Schlaf." -- "Entsetzlicher Mensch! -- ungeheurer Frevel!" schrie die Fürstin ganz außer sich. -- Graf Nepomuk und der Fürst traten hinein, in wenigen Worten erfuhren sie Xa¬ vers Bekenntnisse, und wie tief wurde der Fürstin zartes Gemüth verwundet, als die Männer Xavers freveliche That sehr verzeihlich und durch seine Ver¬ bindung mit Hermenegilda gesühnt fanden. "Nein," sprach die Fürstin, "nimmer wird Hermenegilda dem die Hand als Gattin reichen, der es wagte,
lag wie feſtſchlafend und traͤumend auf dem Kana¬ pee. Kaum war ich eingetreten, als ſie ſich erhob, auf mich zukam, mich bei der Hand ergriff und fei¬ erlichen Schritts durch den Pavillon ging. Dann kniete ſie nieder, ich that ein gleiches, ſie betete und ich bemerkte bald, daß ſie im Geiſte einen Prieſter vor uns ſah. Sie zog einen Ring vom Finger, den ſie dem Prieſter darreichte, ich nahm ihn und ſteckte ihr einen goldnen Ring an, den ich von mei¬ nem Finger zog, dann ſank ſie mit der inbruͤnſtig¬ ſten Liebe in meine Arme — Als ich entfloh, lag ſie in tiefem bewußtloſen Schlaf.“ — „Entſetzlicher Menſch! — ungeheurer Frevel!“ ſchrie die Fuͤrſtin ganz außer ſich. — Graf Nepomuk und der Fuͤrſt traten hinein, in wenigen Worten erfuhren ſie Xa¬ vers Bekenntniſſe, und wie tief wurde der Fuͤrſtin zartes Gemuͤth verwundet, als die Maͤnner Xavers freveliche That ſehr verzeihlich und durch ſeine Ver¬ bindung mit Hermenegilda geſuͤhnt fanden. „Nein,“ ſprach die Fuͤrſtin, „nimmer wird Hermenegilda dem die Hand als Gattin reichen, der es wagte,
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lag wie feſtſchlafend und traͤumend auf dem Kana¬
pee. Kaum war ich eingetreten, als ſie ſich erhob,
auf mich zukam, mich bei der Hand ergriff und fei¬
erlichen Schritts durch den Pavillon ging. Dann
kniete ſie nieder, ich that ein gleiches, ſie betete und
ich bemerkte bald, daß ſie im Geiſte einen Prieſter
vor uns ſah. Sie zog einen Ring vom Finger,
den ſie dem Prieſter darreichte, ich nahm ihn und
ſteckte ihr einen goldnen Ring an, den ich von mei¬
nem Finger zog, dann ſank ſie mit der inbruͤnſtig¬
ſten Liebe in meine Arme — Als ich entfloh, lag
ſie in tiefem bewußtloſen Schlaf.“ — „Entſetzlicher
Menſch! — ungeheurer Frevel!“ ſchrie die Fuͤrſtin
ganz außer ſich. — Graf Nepomuk und der Fuͤrſt
traten hinein, in wenigen Worten erfuhren ſie Xa¬
vers Bekenntniſſe, und wie tief wurde der Fuͤrſtin
zartes Gemuͤth verwundet, als die Maͤnner Xavers
freveliche That ſehr verzeihlich und durch ſeine Ver¬
bindung mit Hermenegilda geſuͤhnt fanden. „Nein,“
ſprach die Fuͤrſtin, „nimmer wird Hermenegilda
dem die Hand als Gattin reichen, der es wagte,
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[Hoffmann, E. T. A.]: Nachtstücke. Bd. 2. Berlin, 1817, S. 316. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_nachtstuecke02_1817/324>, abgerufen am 25.11.2024.
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