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[Hoffmann, E. T. A.]: Nachtstücke. Bd. 2. Berlin, 1817.

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chen Reitern -- Freunde sprengen heran ihn zu
retten -- zu spät, von hinten haut ihn ein Reiter
herab vom Pferde." -- Aufs neue sank Hermene¬
gilda überwältigt von dem entsetzlichen Schmerz ohn¬
mächtig zusammen. Nepomuk eilte nach stärkenden
Mitteln, doch es bedurfte ihrer nicht, mit wunder¬
barer Kraft faßte sich Hermenegilda zusammen.
"Der Wille des Himmels ist erfüllt," sprach sie dumpf
und feierlich, "nicht zu klagen ziemt es mir, aber bis
zum Tode dem Gatten treu, soll kein irdisches Bünd¬
niß mich von ihm trennen. Um ihn trauern, für
ihn, für unser Heil beten, das ist jetzt meine Be¬
stimmung, und nichts soll diese mir verstören."
Graf Nepomuk mußte mit vollem Recht glauben,
daß der innerlich brütende Wahnsinn Hermenegil¬
da's sich durch jene Vision Luft gemacht habe und
da die ruhige klösterliche Trauer Hermenegilda's um
den Gatten kein ausschweifendes beunruhigendes
Treiben zuließ, so war dem Grafen Nepomuk dieser
Zustand, den die Ankunft des Grafen Stanislaus
schnell enden mußte, ganz recht. Ließ Nepomuk

chen Reitern — Freunde ſprengen heran ihn zu
retten — zu ſpaͤt, von hinten haut ihn ein Reiter
herab vom Pferde.“ — Aufs neue ſank Hermene¬
gilda uͤberwaͤltigt von dem entſetzlichen Schmerz ohn¬
maͤchtig zuſammen. Nepomuk eilte nach ſtaͤrkenden
Mitteln, doch es bedurfte ihrer nicht, mit wunder¬
barer Kraft faßte ſich Hermenegilda zuſammen.
„Der Wille des Himmels iſt erfuͤllt,“ ſprach ſie dumpf
und feierlich, „nicht zu klagen ziemt es mir, aber bis
zum Tode dem Gatten treu, ſoll kein irdiſches Buͤnd¬
niß mich von ihm trennen. Um ihn trauern, fuͤr
ihn, fuͤr unſer Heil beten, das iſt jetzt meine Be¬
ſtimmung, und nichts ſoll dieſe mir verſtoͤren.“
Graf Nepomuk mußte mit vollem Recht glauben,
daß der innerlich bruͤtende Wahnſinn Hermenegil¬
da's ſich durch jene Viſion Luft gemacht habe und
da die ruhige kloͤſterliche Trauer Hermenegilda's um
den Gatten kein ausſchweifendes beunruhigendes
Treiben zuließ, ſo war dem Grafen Nepomuk dieſer
Zuſtand, den die Ankunft des Grafen Stanislaus
ſchnell enden mußte, ganz recht. Ließ Nepomuk

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[299/0307] chen Reitern — Freunde ſprengen heran ihn zu retten — zu ſpaͤt, von hinten haut ihn ein Reiter herab vom Pferde.“ — Aufs neue ſank Hermene¬ gilda uͤberwaͤltigt von dem entſetzlichen Schmerz ohn¬ maͤchtig zuſammen. Nepomuk eilte nach ſtaͤrkenden Mitteln, doch es bedurfte ihrer nicht, mit wunder¬ barer Kraft faßte ſich Hermenegilda zuſammen. „Der Wille des Himmels iſt erfuͤllt,“ ſprach ſie dumpf und feierlich, „nicht zu klagen ziemt es mir, aber bis zum Tode dem Gatten treu, ſoll kein irdiſches Buͤnd¬ niß mich von ihm trennen. Um ihn trauern, fuͤr ihn, fuͤr unſer Heil beten, das iſt jetzt meine Be¬ ſtimmung, und nichts ſoll dieſe mir verſtoͤren.“ Graf Nepomuk mußte mit vollem Recht glauben, daß der innerlich bruͤtende Wahnſinn Hermenegil¬ da's ſich durch jene Viſion Luft gemacht habe und da die ruhige kloͤſterliche Trauer Hermenegilda's um den Gatten kein ausſchweifendes beunruhigendes Treiben zuließ, ſo war dem Grafen Nepomuk dieſer Zuſtand, den die Ankunft des Grafen Stanislaus ſchnell enden mußte, ganz recht. Ließ Nepomuk

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Zitationshilfe: [Hoffmann, E. T. A.]: Nachtstücke. Bd. 2. Berlin, 1817, S. 299. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_nachtstuecke02_1817/307>, abgerufen am 22.11.2024.